Landeshauptstadt: Fünf Tage zwischen Schlössern und Schulen 14 junge Leute aus sechs Partnerstädten zu Besuch
Von Henri Kramer „Da geht bestimmt noch einiges!“, freut sich Stefan Chiovelli in breitem Schweizer Akzent und grinst sein Bier an.
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Von Henri Kramer „Da geht bestimmt noch einiges!“, freut sich Stefan Chiovelli in breitem Schweizer Akzent und grinst sein Bier an. Er und ein paar andere Jugendliche sitzen im „Gleis 6“ am Babelsberger Bahnhof, trinken, quatschen, lernen sich kennen. Ein echtes Sprachgewirr – noch bis Freitag besuchen 14 junge Leute aus sechs Partnerstädten Potsdams die Stadt. Zwei Stunden zuvor. Die Jugendlichen sitzen zusammen mit Potsdamern in einem Raum der neuen Jugendherberge in der Schulstraße 9. Jede Gruppe soll ihre Stadt vorstellen. Gerade ist Stefan Chiovelli aus Luzern an der Reihe. Der junge Mann mit dem mittellangen schwarzen Haar und dem fein modellierten Kinnbart schwärmt von seiner Heimatstadt am Vierwaldstätter See: „Mit 56000 Einwohnern ist es für die Schweiz eine mittelgroße Stadt, ein Drittel der Einwohner ist unter 30 Jahre alt.“ Die dunkel-gelockte Samantha Taha sitzt hinter Chiovelli und ergänzt lachend: „Eigentlich ist Luzern das Regenloch der Schweiz. Doch wenn die Sonne scheint, ist es der schönste Ort der Welt.“ Außerdem liebt sie den dörflichen Charakter von Luzern, obwohl es eine Stadt ist. Informationen und Kontakte – auch darum geht es während des fünftägigen Aufenthaltes der Jugendlichen in Potsdam. Neben Luzern kommen die jungen Besucher aus Perugia, Bonn, Opole, Jyväskylä und Sioux Falls. Das intensive Programm der Woche sieht Besichtigungen und Fachgespräche vor. Denn unter dem Motto „Jugend in Verantwortung“ sollen sich die Gäste über Jugendarbeit in Deutschland informieren und von ihren eigenen Erfahrungen berichten – heute etwa ist ein Besuch in der Lenné-Gesamtschule als Beispiel für das brandenburgische Schulsystem vorgesehen. Auf dem Plan für die nächsten Tage stehen außerdem Besuche im Filmpark Babelsberg und in der Biosphäre. „Natürlich soll die Einladung unserer Partnerstädte auch dazu dienen, für Potsdam als Ziel für Jugendreisen zu werben. Die heutige offizielle Eröffnung der Jugendherberge ist dafür ein idealer Anlass“, sagt Sigrid Sommer, die bei der Stadtverwaltung für Medien und Kommunikation verantwortlich ist. Stefan aus Luzern ist bereits zufrieden: „Die Zimmer in der Herberge sind fast schon Luxus.“ Für was steht eigentlich Potsdam im Ausland? Valentina Vitali war schon einmal für eine Woche hier, sie erzählt: „Nette Häuser, eine große Stadt...“ Kurzes Überlegen. „Sanssouci, die Biosphäre. Und natürlich sind hier besonders die Züge viel sauberer.“ Die blond gelockte Italienerin erzählt auch von ihrer Heimat, von der Schokoladenindustrie in Perugia, von der großen Ausländer-Universität mit 50 000 Studenten, von den heißen Sommern. Ebenso frisch kann die junge Lehrerin Eliza Duda über Opole erzählen, etwa über den Piastenturm der Stadt. Und: „Die Wege sind wie in ganz Polen schrecklich.“ Lachen hallt durch den Raum. Ortswechsel, mittags, am Tag nach dem Abend in der „Gleis 6“-Kneipe. Todd Runyan aus Sioux Falls in Süd-Dakota sitzt mit den anderen beim Mittagessen in der Mensa der Fachhochschule Potsdam, er hat leichte Ringe unter den Augen. Doch Todd grinst hinüber zu Stefan und sagt mit englischem Akzent: „Gestern ging es noch bis halb drei.“ Stefan lacht und hebt seinen Daumen: „Wir waren die letzten Gäste.“
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