Landeshauptstadt: Fünf vor zwölf
Klimaschutzkonferenz auf dem Telegrafenberg
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Große Hybrid-Limousinen eines japanischen Autokonzerns pendelten gestern morgen zwischen Hauptbahnhof und Telegrafenberg: Sie brachten Gäste zu der 1. Potsdamer Klimakonferenz – und sparten dabei dank innovativer Technik Sprit. Es war ein ungewöhnlich milder Novembermorgen, an dem sich rund 150 Teilnehmer Gedanken über die Rolle der UNESCO-Biosphärenreservate im Klimaschutz machten. Dass es höchste Zeit für einen grundlegenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel ist, zeigt sich nicht nur erst, seitdem jüngst auch in Großbritannien ein Umdenken eingesetzt hat. Schicksale wie etwa das der chinesischen Region Tien-shan an der ehemaligen Seidenstraße belegen, dass es fünf vor zwölf ist: Nach den Worten des Naturschützers Prof. Michael Succow schmelzen dort derzeit die Gletscher, in absehbarer Zeit werde es für Millionen von Menschen kein Wasser mehr geben. Währenddessen erlebt Australien eine Jahrtausenddürre, auch die Stadt Adelaide könnte im kommenden Frühjahr ohne Wasser dastehen, so der Potsdamer Klimaforscher Prof. Carlo Jaeger.
Brandenburg hat die Folgen des Treibhauseffektes mittlerweile ebenfalls zu spüren bekommen. Die drei großen Hochwasser der vergangenen Jahre hätten Kosten in zweistelliger Milliardenhöhe verursacht, so Ministerpräsident Matthias Platzeck. Die Dürresommer 2003 und 2006 gaben eine Ahnung davon, was noch kommen könnte. Eine Studie des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung geht für Brandenburg von großer Trockenheit aus. Was in einigen Regionen heute schon zum Problem wird. In der Schorfheide sinke das Grundwasser jährlich um sieben Zentimeter, so der Leiter des dortigen Biosphärenreservats Eberhard Henne. Die Biosphärenreservate spielen nun in den Augen der Klimaschützer eine besondere Rolle. Nicht nur, weil sie weltweit ein Netzwerk für Austausch und Kommunikation bilden. Auch sollen die Menschen in der Region über sie zum Naturschutz finden. Denn Naturschutz sei heute – gegenläufig zu bisherigen Sichtweisen – zur Voraussetzung für Wachstum geworden. So zumindest der Tenor auf der Konferenz. Der vordergründige Nutzen der Naturlandschaften liegt für die Experten auf der Hand: Die Moore stellen Wasserreservoirs da, die Wälder spielen eine wichtige Rolle bei der Kohlenstoff-Bindung. Allerdings bemängelte Naturschützer Succow, dass Moore heute vielerorts trocken gelegt würden: „Das ist eine verfehlte Landnutzungspolitik.“
Aber auch gute Nachrichten gab es gestern auf dem Telegrafenberg. Der japanische Automulti, der die Konferenz sponsorte, will 2008 sein erstes Wasserstoff-Auto auf den Markt bringen. Und die Meteorologen konnten Sorgen über einen zu warmen November zerstreuen: Es soll nun doch etwas kälter werden. Vorerst.
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