Landeshauptstadt: Für alle Ewigkeit
In Babelsberg werden die „Valkyrie“-Kulissen abgebaut – doch zwei Filmsets werden bald in Dresden ausgestellt
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Die Bilder für die Ewigkeit sind bisher zweieinhalb Minuten lang – und seit drei Tagen im Internet zu sehen: Ein Trailer zeigt erste Ausschnitte des Films „Valkyrie“, in dem Hollywoodstar Tom Cruise den deutschen Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg spielt. Erst Ende Oktober fiel die letzte Klappe für den Film, und zuvor stand Cruise fast einen Monat in Halle 16 auf dem Gelände von Studio Babelsberg an der Wetzlarer Straße vor der Kamera. Dort ist noch der lange Flur des Bendlerblocks mit seinem Travertin-Fußboden zu erkennen, den Cruise im Kino-Trailer mit schnellem Schritt durchquert. Von dem bis ins letzte Details nachgebauten Büro Stauffenbergs ist allerdings nur der Parkettfußboden übrig – alle anderen Bestandteile des Filmsets liegen säuberlich aufgestapelt auf einem Lastwagen-Hänger, der in der 6000 Quadratmeter großen und zwölf Meter hohen Halle des ehemaligen Lokomotivwerkes „Karl Marx“ geparkt ist. In den nächsten Tagen werden zwei voll beladene Laster von Babelsberg nach Dresden fahren, zum dortigen Militärhistorischen Museum der Bundeswehr (MHM).
Ab 2011 will das MHM zwei „Valkyrie“-Filmsets in seiner Ausstellung zum gescheiterten Hitler-Attentat und der Operation „Walküre“ zeigen, sagte gestern der wissenschaftliche Leiter des MHM, Gorch Pieken. Neben dem Büro Stauffenbergs sollen die Museumsbesucher auch die Besprechungsbaracke im Führerhauptquartier „Wolfsschanze“ sehen können, in dem Stauffenberg am 20. Juli 1944 bei einer Zusammenkunft mit Hitler den Sprengsatz zündete. Es sei absehbar, so Gorch, dass der 80 Millionen Dollar teure Film „Valkyrie“ „das Bild vom 20. Juli, eines der zentralen Ereignisse deutscher Geschichte, auch international über längere Zeit prägen wird“. Damit seien die Sets wichtige Ausstellungsstücke für das MHM. Geplant sei, sie kurzzeitig zum Kinostart des Films im Juni 2008 zu zeigen; auch will Gorch „Valkyrie“-Regisseur Bryan Singer zu einer Diskussionsveranstaltung einladen. Die Dauerausstellung mit den Filmsets könne jedoch erst entstehen, wenn der 48 Millionen Euro teure Aus- und Umbau des Museums nach einem spektakulären Entwurf des Architekten Daniel Libeskind im Jahr 2010 beendet sei. Dann sei das MHM das größte europäische Militärmuseum, so Gorch.
Für die Kulissenbauer von Studio Babelsberg ist es eine große Freude, dass ihre Sets ausnahmsweise nicht alle verschrottet werden, sagte Michael Düwel, Chef des Art Departments. 80 Fachleute hätten nahezu ein halbes Jahr an den rund 50 Innen- und Außensets für „Valkyrie“ gebaut, darunter die „Wolfsschanze“, die in einem Wald im Amt Schenkenländchen bei Königs Wusterhausen nachgebaut wurde, und das 2000 Quadratmeter große Bendlerblock-Set in der Halle 16. Zwölf Kilometer Holzlatten und 40 Kubikmeter Holz wurden für die Kulissen verbraucht. Normalerweise landet nach einem Dreh alles im Müllcontainer. Auch, weil die Haltbarkeit der Bauten eingeschränkt ist – und außerdem „ist unsere Ewigkeit auf Celluloid gebannt“, wie Henning Molfenter, Geschäftsführer von Studio Babelsberg Motion Pictures, es ausdrückt.
Vielleicht auch deshalb hat das Studio keine Devotionalien des schlagzeilenträchtigen Drehs gesammelt – Tom Cruise habe bis auf „viele Dankesgrüße und ein gutes Gefühl bei den Mitarbeitern“ nichts hinterlassen, so Molfenter. Ohnehin würden viele Ausstattungsstücke noch im Produktionslager aufbewahrt – für den Fall, dass während des Rohschnitts Nachdrehs nötig werden. Hollywoodstar Cruise wäre in Babelsberg wohl auch dafür gern gesehen, er sei „ein Mann, der ein Team motivieren kann, lang und hart zu arbeiten, ein Motivations-Motor“, so Molfenter. Cruise sei mit „unheimlicher Professionalität“ und „großer Lust, diesen Film zu machen“, im Sommer nach Babelsberg gekommen. Für das Studio sei die Produktion zwar anstrengend und aufreibend gewesen, doch bereits die ersten Bilder zeigten, dass „Valkyrie“ in „neuer Qualität in eine neue historische Dimension“ vorstoßen werde. Der Film werde dank aufwendigster Recherchen auch allen historischen Kritiken standhalten, meint Molfenter.
Auch die außergewöhnlichen Vorfälle um den wegen der Scientology-Mitgliedschaft von Tom Cruise wochenlang politisch diskutierten Filmdreh haben sich nach Drehschluss offenbar geklärt: Zwar sei noch immer nicht völlig klar, wie die Aufnahmen von der Hinrichtung Stauffenbergs im Innenhof des Bendlerblock – gefilmt am Originalort, was erst nach lange Debatte genehmigt wurde – im Kopierwerk beschädigt werden konnten, so dass die sensiblen Szenen ein zweites Mal gedreht werden mussten. Für die Kosten sei allerdings die Versicherung aufgekommen, so Molfenter, und im Übrigen sei die Beschädigung von Filmmaterial nicht außergewöhnlich. Scheinbar ohne Folgen bleibt auch der Unfall mit einem Lastwagen, bei dem Komparsen Verletzungen erlitten hatten. „Ich war noch in der Nacht bei allen Betroffenen im Krankenhaus und war froh, dass niemand ernsthaft verletzt wurde“, so Molfenter. Ein Dekra-Gutachten habe derweil ergeben, dass der Lastwagen keine Defekte aufgewiesen habe.
Damit können die „Valkyrie“-Kulissen wohl getrost abgebaut werden – und die Celluloid-Ewigkeit kann beginnen.
Trailer im Internet unter:
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