
© Andreas Klaer
Hardy Krüger wurde in Potsdam zum Nazigegner: Ganz richtig im Kopf
Der Schauspieler Hardy Krüger hat im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise zum Kampf gegen Rechtsextremismus aufgerufen. Als Jugendlicher besuchte Krüger eine Nazi-Eliteschule und wurde später von einem Nazi-Gericht zum Tode verurteilt.
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Ohne Babelsberg wäre das Leben von Hardy Krüger wohl anders verlaufen. Dort begann 1943 in den Ufa-Studios seine Filmkarriere mit der Rolle des Lehrlings Heinz Baum im NS-Film „Junge Adler“. Bei den Dreharbeiten wandelte sich der damalige Kinderfilmstar vom überzeugten Eliteschüler zum Anti-Nazi. Denn: In Babelsberg lernte er den Schauspieler Hans Söhnker kennen, der ihm von den Verbrechen der Nationalsozialisten berichtete, von den Konzentrationslagern Bergen-Belsen, Dachau. „Ich erfuhr, dass mein Halbgott ein Verbrecher ist“, erinnert sich der heute 87-Jährige.
Am heutigen Dienstag wird er mit Schülern des Humboldt-Gymnasiums über seine Erlebnisse und über gegenwärtige Gefahren des Rechtsextremismus sprechen. Die aktuelle Lage mit massiver Hetze gegen Asylbewerber erinnere ihn an seine Kindheit in der Nazi-Zeit, sagte der 87-Jährige am Montag in Potsdam. „Früher hieß es: ,Juden raus. Juden sind unser Unglück’. Heute heißt es: ,Muslime raus. Muslime sind unser Unglück’. Wenn ich da nicht besorgt bin, dann wäre ich im Kopf nicht in Ordnung.“ Ihm sei es unverständlich, wie „Nachfolgeverbrecher von Pegida und AfD“ so Stimmung machen können.
Kanonenfutter für Hitlers Krieg
Doch mit seiner Zeit in Babelsberg war Krügers Auseinandersetzung mit der menschenfeindlichen Ideologie der Nazis nicht vorbei. Sie wurde zu seinem persönlichen Lebensthema. Als 16-Jähriger wird er als Panzergrenadier zur SS-Division Nibelungen eingezogen, um an der Donau gegen die amerikanische Armee zu kämpfen. Wie viele andere Jugendliche soll auch er das letzte Kanonenfutter für Hitlers Krieg sein. In einem im Frühjahr vom Fernsehsender Vox ausgestrahlten Dokumentarfilm von Spiegel TV erzählte er von den Ereignissen. „Beim ersten Angriff unserer Kompanie waren von 120 Jungs 80 tot“, so Krüger. Doch die Offiziere trieben die Kindersoldaten weiter fanatisch an.
Bei Krüger hatten sie keinen Erfolg. „Sie hatten aus mir keinen Menschen gemacht, der töten konnte.“ Wegen Befehlsverweigerung wurde er von einem Standgericht zum Tode verurteilt. Doch er überlebte. Ein SS-Mann rettete ihm das Leben. Einer seiner Freunde hatte weniger Glück: Ein belgischer SS-Offizier erschoss den Jungen, weil der bei einem Sturmangriff nicht mitlaufen wollte. „Ich habe den Belgier erschossen“, sagt Krüger vor der Kamera, „ich habe einfach reagiert, ich wusste gar nicht, was ich tue.“ Tage später war der Krieg vorbei und Krüger kam in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Er wolle nicht, dass junge Menschen so etwas noch einmal durchmachen müssen.
Auf dem Weg zurück aus Tirol ins heimische Berlin habe er ein verwüstetes Land durchquert, erinnerte sich Krüger am Montag. Umso erschrockener war er, als er 1957 die Kölner Synagoge mit Hakenkreuzen beschmiert sah. „Wie dämlich müssen Menschen sein, dass sie wiederholen wollen, was uns ins Unglück gestürzt hat“, so Krüger. Seitdem engagiert er sich gegen Rechtsextremismus.
„Es ist jetzt schlimmer als jemals zuvor“
Nazis habe es immer unterschwellig gegeben. Doch nun nutzten sie die wachsende Anzahl von Menschen, die vor Krieg und Unterdrückung nach Deutschland fliehen, um Ängste zu verbreiten und für ihre Weltanschauung zu werben. „Es ist jetzt schlimmer als jemals zuvor“, sagt Krüger. Deshalb sei es wichtig, wachsam zu sein. Wie schnell Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit in Gewalt umschlagen können, zeigten die Übergriffe am Wochenende in Wismar und Magdeburg. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Einzelne heute wieder bestimmen wollen, wer hier leben darf und wer nicht“, sagt Krüger. Man müsse diejenigen unterstützen, die diese Gewalt nicht hinnehmen wollen und sich aktiv für ein vielfältiges Deutschland einsetzen.
Ganz neu ist das Projekt „Gemeinsam gegen rechte Gewalt“ nicht. Es wurde im Frühjahr 2013 von Hardy Krüger, Dieter Hallervorden, Hark Bohm und Klaus Bednarz ins Leben gerufen. Sie wollen über das vom rechtsextremen Gedankengut ausgehende gesellschaftliche Gefahrenpotenzial aufklären. Dabei arbeiten sie mit der Amadeu Antonio Stiftung zusammen, die überall in Deutschland bereits über 950 lokale Initiativen und Projekte gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus unterstützt. Amadeu Antonio wurde 1990 von rechtsextremen Jugendlichen in Eberswalde zu Tode geprügelt – weil er schwarz war.
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