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Landeshauptstadt: Gedenkstätte der „sowjetischen Repressionskultur“

Richtfest am Ex-KGB-Gefängnis Leistikowstraße / Dach wird komplett erneuert / Ab 10. Dezember Innenausbau der Lepsius-Villa

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Nauener Vorstadt - Nach der Grundsteinlegung im Juli folgte gestern das Richtfest für die Erhaltungssanierung des ehemaligen KGB-Gefängnisses in der Leistikowstraße und für die Errichtung eines Service- und Empfangsgebäudes. Der Vorsitzende des Evangelisch-Kirchlichen Hilfsverein (EKH), Pfarrer Reinhart Lange, und Brandenburgs Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) würdigten das Richtfest einhellig als Festtag der beteiligten Bauarbeiter: Diese saßen bis kurz vor dem Richtspruch noch im Gerüst und waren mit der behutsamen Rekonstruktion der Fassade beschäftigt. Während Restaurator Christoph Gramann gegenüber den PNN erklärt, dass es darum geht, die Spuren des 1946 erfolgten Umbaus des Pfarrhauses zu einem Gefängnis zu erhalten, ist aus dem Kofferradio der Bauleute die Rockerkehle Marius Müller-Westernhagens zu hören. Er singt: „Freiheit, Freiheit – ist das einzige was zählt.“

Im Gefängnis des russischen Geheimdienstes NKWD, später KGB, in der Leistikowstraße 1 wurden nach 1946 tausende Menschen inhaftiert und gefoltert. Viele wurden in Moskau ermordet oder kamen in das berüchtigte nordrussische Gulag Workuta. Wie der ehemalige Gefangene, der 76-jährige Günter Martins, bei der Grundsteinlegung erklärte, wurden auch direkt in der Leistikowstraße Häftlinge erschlagen.

Kulturministerin Wanka nahm gestern in ihrer Richtfestrede direkt Bezug auf die Anwesenheit zahlreicher ehemaliger Häftlinge bei der Grundsteinlegung: Der Umbau zu einer Gedenkstätte sei für diese zwar keine Wiedergutmachung – „aber es hat allen gut getan“. Das Haus Leistikowstraße 1 – 1916 als Pfarrhaus für die Reichsfrauen-Hilfe des EKH an der damaligen Mirbachstraße 1 errichtet – ist Johanna Wanka zufolge heute als baulich erhaltenes ehemaliges KGB-Gefängnis „europaweit einzigartig“. Es sei Teil der „sowjetischen Repressionskultur“ gewesen und heute „wichtig für die nationale Erinnerung“. Die Ministerin kündigte eine Einweihung der Gedenkstätte „in größerem Rahmen“ für das kommende Jahr an.

Wie die Bauleiterin Christa Kleine den PNN am Rande erklärte, hat sich heraus gestellt, dass der Bauzustand des Hauses „dramatischer als gedacht“ ist. So habe der Hausschwamm das gesamte Dach befallen. Daher müsse der Dachstuhl komplett erneuert werden, einschließlich der oberen Deckenbalken.

Neben der KGB-Gedenkstätte an der Leistikowstraße 1 erfahren in jüngerer Zeit weitere historische Gebäude in dem Areal in der Nauener Vorstadt einen rapiden Sanierungsfortschritt. Erst im September konnte das Fontane-Archiv mit dem Einzug in die Villa Quandt beginnen. Seinen Anfang nahm die Aufwertung der Großen Weinmeisterstraße vor drei Jahren mit der Außensanierung der Lepsius-Villa. Dort lebte von 1907 bis 1925 der bedeutende Theologe und Humanist Johannes Lepsius, der Europa über den Völkermord an den Armeniern 1915/16 informierte. Nun soll auch der Innenausbau beginnen, mit einem „kleinen Baustart“ am 10. Dezember dieses Jahres, wie EKH-Geschäftsführer Peter Leinemann den PNN am Rande des Richtfestes erklärte. Zuerst soll ein Vortragsraum hergestellt werden, präzisierte Prof. Hermann Golz, Theologe an der Universität Halle/Wittenberg, und Vorstandsmitglied des Fördervereins Lepsius-Haus. Er sei sich sicher, dass der Ausbau ohne Pause weiter geführt werden kann, da es aus der Politik positive Signale sowohl für die Kosten des Ausbaus als auch des Betriebes gebe. Ziel sei eine Fertigstellung des Lepsius-Hauses zum 150. Geburtstag von Johannes Lepsius am 15. Dezember 2008. Kulturministerin Wanka bestätigte, das Land habe Fördermittel „im Blick“, entschieden sei aber noch nichts. Dessen ungeachtet sagte sie: „Wir wollen die Instandsetzung des Hauses.“ Prof. Golz zufolge gebe es schon jetzt Erfolge bei der „lokalen Vernetzung“ – so sei die Chefin des Fontane-Archivs, Hanna Delf von Wolzogen, begeistert, dass sich im Lepsius-Archiv Briefe des Fontane-Herausgebers Wilhelm Hertz befinden. Guido Berg

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