Landeshauptstadt: Gegen die Sprengung
Widerstand gegen Garnisonkirchen-Abriss machte Gebhard Falk bekannt: Heute wird der Archivar 80
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Heute feiert Gebhard Falk seinen 80. Geburtstag. Für die Potsdamer ist sein Name mit dem Widerstand gegen den Abriss der Garnisonkirche verbunden. Am 26. April 1968 hatte sich der Stadtverordnete der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands (LDPD) im Plenum für den Erhalt des international bedeutenden Baudenkmals eingesetzt. Man könne die Kirche nicht dafür bestrafen, was am 21. März, dem von den Nazis inszenierten „Tag von Potsdam“, in ihr geschah. Falk stimmte gegen den Abriss, drei Abgeordnete schlossen sich ihm an. Die politisch motivierte Sprengung des Kirchturms konnten sie nicht verhindern, aber sie gaben mit ihren Gegenstimmen ein für die Volksvertretungen der DDR außergewöhnliches Beispiel an Zivilcourage.
Die Persönlichkeit und das berufliche Wirken Dr. Gebhard Falks lassen sich jedoch keineswegs auf den Akt des Widerstandes 1968 reduzieren. Als Archivar hat er im Staatsarchiv Potsdam – später Brandenburgisches Landeshauptarchiv – die schriftlichen Quellen zur Geschichte der Provinz Brandenburg im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erschlossen und wissenschaftlich aufbereitet. Damit legte er wesentliche Grundlagen zur weiteren Erforschung der Landes-, Orts- und Heimatgeschichte. Lang ist die Liste seiner Veröffentlichungen, auch die Zahl der ortsgeschichtlichen Beiträge, wie sie Falk auch für die „Neuesten Nachrichten“ schrieb, lässt sich kaum überblicken.
Falk war nach dem Studium der Geschichte, Germanistik und Pädagogik als wissenschaftlicher Assistent an der Universität Jena tätig und dort 1955 promoviert worden. Als die DDR ab Mitte der 1950er Jahre ihr Archivwesen ausbaute und dafür Mitarbeiter suchte, absolvierte Falk ein Zusatzstudium an der Potsdamer Fachschule. Als Gebietsreferent für Frankfurt (Oder) spürte Falk wertvolle Aktenbestände auf und schaffte sie manchmal Lkw-weise in die Sanssouci-Orangerie, wo das Staatsarchiv seinen Sitz hatte.
Die Schreiber früherer Jahrhunderte verfassten ihre Dokumente handschriftlich mit vielen Verkürzungen, fast einer Art Steno. Falk lehrte seine Studenten die hohe Kunst, aus dem Schriftbild die Handbewegungen der Schreiber und so auch die Verkürzungen nachzuvollziehen. Der Archivar ist aber auch ein Heraldikexperte. Schon zu DDR-Zeiten holte er den Adler ins Potsdamer Stadtwappen zurück. Nach der Wende beriet er Gemeinden, die wieder ein eigenes Ortswappen führen wollten. Dabei stieß er nicht immer auf Gegenliebe. Lange dauerte es, bis beispielsweise die Groß-Kreutzer Falks Hinweis folgten, dass das slawische Wort für Wildbirne in ihrem Ortsnamen steckt und auf den von ihnen für das Wappen favorisierten Apfel verzichteten. Nach der Wiederbegründung des Landes Brandenburg entbrannte eine heftige Auseinandersetzung um das Landeswappen. Wenn heute der Rote Adler in schlichter Form ohne unnütze Zutaten aufsteigt, dann verdankt er das auch dem Einsatz des kundigen Archivars.
Schon längst Pensionär, blieb der Vater von fünf Kindern der jungen Generation verbunden. Bis 2005 gehörte er der Jury des vom Bundespräsidenten ausgeschriebenen Geschichtswettbewerbs für Schüler an. Noch heute leitet er Exkursionen der Potsdamer Urania, die ihm 2006 ihren Wilhelm-Foerster-Preis verlieh. Überhaupt ist der 80-Jährige bemerkenswert fit. Mit dem Babelsberger Wanderverein „Die Baberower“ legt er fast jede Woche zwölf oder 15 Kilometer zurück. Wenn der Jubilar am Montag Freunde zum Empfang einlädt, verzichtet er auf Geschenke. Er bittet um Spenden für die Wiederherstellung der Palmetten der Nikolaikirche. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
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