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Radtourismus. Der Berliner Mauerradweg führt auch durch Potsdam. Der Deutsche Fahrradclub gibt jährlich ein Verzeichnis mit Unterkünften heraus, wo Dachgeber kostenlos übernachten können, auch in Potsdam und Umgebung.

© Thilo Rückeis

Von Hella Dittfeld: Geheimtipp für Reise-Radler

Übernachtungstausch unter Radlern: Die Potsdamer Familie Beutke ist seit zehn Jahren „Dachgeber“

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Er ist ein Geheimtipp, der ADFC-„Dachgeber“, auch wenn er schon in der 23. Auflage erschienen ist. Nur wer darin aufgenommen wurde und selbst kostenlose Übernachtung für Reise-Radler anbietet, darf auch die Angebote der anderen in ganz Deutschland und Österreich nutzen. Denn die Devise heißt: Gewährst du mir eine Übernachtung, dann darfst du auch kostenlos bei einem von uns übernachten. Es wird ausdrücklich untersagt, das „Dachgeber“-Verzeichnis an Außenstehende weiterzugeben.

Corina und Matthias Beutke gehören seit 2000 zu den „Dachgebern“ in Potsdam. Der Umzug in eine größere Wohnung machte es möglich. Und sie haben mit dem Übernachtungstauschgeschäft nur gute Erfahrungen gemacht. Auf ihren Fahrradtouren wurden Mitreisende und Beherberger sogar zu Freunden, denn – so sagt Matthias Beutke – Fahrradfahrer unter sich haben immer ein Thema, über das sie reden können und sie werden schnell miteinander warm. Von einer Würzburger Familie wurden die Beutkes zum Beispiel so freundlich aufgenommen, dass man bis heute Kontakt pflegt. „Als wir in Würzburg waren“, erzählt Matthias Beutke, „war das Wetter sehr schlecht und wir wurden überredet, länger als eine Nacht zu verweilen.“ Umgekehrt fanden sich auch bei ihnen immer nette Gäste ein.

Normalerweise sind die Obdachgeber nur für eine Übernachtung zuständig und die Radler wollen auch gar nicht länger bleiben, denn die meisten haben sich viel vorgenommen. Gerade erst hat ein Österreicher bei den Beutkes Station gemacht. Gegen zwei Uhr nachmittags sei er angekommen, man habe ihn mit Tipps, Wissenswertem über die City und einem Stadtplan ausgerüstet. Dann sei der Radler zu Fuß losgezogen, wohl um den Allerwertesten, der noch lange genug auf dem Sattel habe sitzen müssen, zu schonen. Meist werde der Übernachtungsgast zum Abendschmaus eingeladen, so auch der Österreicher, der sich vorgenommen hat, bis zum Nordkap zu radeln. Das Wetter sei an dem Abend sehr schön gewesen und so habe man noch lange im Garten gesessen und geschwatzt. „Nach dem Frühstück“, erzählt Corina Beutke, habe der Nordkapfahrer dann „sein Pferd gesattelt und ist wieder aufgebrochen“.

Interessant war auch die Begegnung mit einem Paar auf Tandem, denn der vordere Radfahrer habe seinen Part liegend bestritten. „Das hat mich so stark beeindruckt, dass ich unbedingt selbst eine Proberunde fahren wollte“, sagt Matthias Beutke. Die sei ihm natürlich gewährt worden. Man habe aber auch schon den Typ wortkarger Alleinradler zu Gast gehabt und den dann in Ruhe gelassen.

Die Beutkes konnten für den Gast das Zimmer von Sohn Conrad ausräumen, der inzwischen ausgezogen ist, während der jüngere Sohn Kilian mit seinen zwölf Jahren gern per Fahrrad mit den Eltern unterwegs ist. Kilian sei mit dreieinhalb Jahren das erste Mal mit auf Urlaubsreise gegangen, damals allerdings noch im Fahrrad-Anhänger, erzählt der Papa. Auf der großen Fahrt nach Kopenhagen habe man allerdings kein Quartier in Anspruch genommen, sondern gezeltet.

Matthias Beutke lobt generell die in den neuen Bundesländern entstandenen Fahrradrouten, die zum Beispiel in Brandenburg durch „traumhafte schöne Landschaften führen“. Auch Potsdam mausere sich als fahrradfreundliche Stadt, meint Corina Beutke, die als Sozialarbeiterin bei der Wohnungsgenossenschaft „Karl Marx“ arbeitet. Doch es gebe noch einige Knackpunkte. So sei die Verkehrslösung am Mercure-Hotel mit gemeinsamen Rad- und Fußgängerweg, aber auch die ähnliche Anordnung in der Zeppelinstraße eine unmögliche Lösung. Und der Winterdienst habe überhaupt kein Herz für die Fahrradfahrer gehabt. „Als ich endlich wieder Fahrrad fahren konnte“ - Corina Beutke erledigt alle ihre Wege, auch die dienstlichen, mit dem Fahrrad – „das war ein richtiger Befreiungsschlag.“ Bei ihr kommen täglich locker 20 Radfahrkilometer zusammen. Matthias Beutke, der einen nicht ganz einfachen Job als Vermittler im Täter-Opfer-Ausgleich übernommen hat, sieht das Fahrradfahren als gute Alternative, den Gedanken Freiräume zu bieten. Gleichzeitig aber liebt er auch die sportliche Herausforderung. In Potsdam und Umgebung wird das Tourenrad öfter mal mit dem Rennrad vertauscht.

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