
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Geld für die Mauer gesucht
Geschichtstag in Groß Glienicke zum Gedenken an Bildung des Bürgerkomitees vor zwanzig Jahren
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Groß Glienicke – Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) will sich für Schutz und Erhalt eines der letzten Teile der Berliner Mauer auf Potsdamer Stadtgebiet einsetzen. Auf einer Gedenkstunde in Groß Glienicke am gestrigen Sonntag erklärte er vor rund 200 Teilnehmern aus dem Ortsteil sowie aus Kladow und Gatow, dass die Stadt dabei sei, die finanziellen Mittel für den dauerhaften Schutz des Denkmals zu beschaffen.
In den Tagen zuvor hatte die Verwaltung bereits das Umfeld mit dem Original-Grenzzaun im Hintergrund frei räumen lassen, so dass die grellbunt mit Farbe besprühten Betonplatten frei in der Landschaft stehen. Um den dahinter befindlichen ehemaligen Postenweg der DDR-Grenzer am Groß Glienicker See als Uferweg zu sichern, müsse Potsdam erhebliche Mittel aufbringen, so Jakobs. Er versicherte jedoch: „Was wir vom Bund kaufen müssen, kaufen wir.“
Die Evangelische Kirchengemeinde und der „Groß Glienicker Kreis“ hatten den Geschichtstag monatelang vorbereitet. Anlass ist die Bildung des ersten Bürgerkomitees vor zwanzig Jahren. Am 20. Oktober 1989 hatten sich im Pfarrhaus zehn Groß Glienicker Bürger versammelt und die ersten Forderungen formuliert: freie Wahlen, freier Zugang zu den Grenzanlagen und Reisefreiheit. Wie der Journalist und Ortschronist Winfried Sträter sagte, war das die Keimzelle für das spätere Bürgerkomitee, das in den Wendemonaten 1989/1990 die Geschicke von Groß Glienicke mit dem Gemeinderat bestimmte.
Die Mühlen mahlten in Groß Glienicke jedoch langsam. Nach dem Fall der Mauer in Berlin am 9. November 1989 ging es den meisten Groß Glienickern so wie Sigrid Dräger: „Ich platzte vor Neugierde wie es in Westberlin aussieht.“ Und: „Ich war sehr berührt, wie freundlich uns die Westberliner empfangen haben.“ Vom eigenen Ort gelangten die Bewohner zunächst nicht in den Westen. Erst Heiligabend 1989 gab es den ersten temporären Grenzübergang und die für alle Beteiligten emotional unvergessliche Begegnung zwischen den Menschen aus Ost und West. Für den Dauer-Übergang musste das Bürgerkomitee dann noch kämpfen; er wurde schließlich am 30. Januar 1990 eröffnet. Chronist Sträter hat einen bewegenden Film über die Monate der Maueröffnung in Groß Glienicke zusammengestellt. Darin sagt Sigrid Dräger: „Nach der ersten Euphorie kam die Ernüchterung.“ Gemeint waren die Rückübertragungsansprüche. Jeder habe den Nachbarn gefragt: „Darfst du wohnen bleiben?“
Sechstklässler der Johanna-von-Pestalozza-Schule hatten sich gestern mit ihrem Schulprojekt „Zwanzig Jahre Mauerfall“ vor dem bunten Rest aufgestellt. Die acht Jahre nach der Grenzöffnung Geborenen haben ihre Großeltern gefragt, wie diese in der DDR leben mussten. Sie besuchten auch die ehemalige Haftanstalt in der Lindenstraße 54. „Erschreckend war das für mich, denn hier waren Menschen eingesperrt, die gar nichts gemacht haben“, so eine Schülerin. G. S.
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