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Ausgefallen. Potsdamer Eltern wollen gegen den Stundenausfall demonstrieren.

© Doris Spiekermann-Klaas

Von Jan Brunzlow: Geld gegen Unterrichtsausfall

Kleinmachnow macht es vor, Potsdam vielleicht bald nach? Diskussion um Schulfonds beginnt

Stand:

Die Vertretungsliste ist lang. Die 4b muss heute auf die Klassenlehrerin verzichten, den Unterricht übernehmen zwei Kolleginnen. Mehrarbeit müssen die beiden Pädagoginnen an diesem Tag wieder leisten, ansonsten droht Unterrichtsausfall für die Schüler. Was den Zehnjährigen vielleicht ganz gelegen käme, ist für die meisten Eltern dagegen ein Graus. Seit Jahren bemängeln sie den Ausfall von Fachunterricht, der sich an einzelnen Schulen in einem Schuljahr auf 20 Prozent der Stunden summieren kann. Tatsächlich ausgefallen ist der Unterricht allerdings nicht, denn das Land hat verschiedenste Notfall-Maßnahmen, mit denen es die Betreuung meistens absichern kann. Und dennoch gibt es in Kleinmachnow, Stahnsdorf und bald auch Teltow eine weitere Komponente, die eine fachgerechte Betreuung bei Lehrerausfall sichern soll: Den kommunalen Schulfonds, aus dem Schulleiter Geld für die Bezahlung von pädagogischen Aushilfskräften bezahlen können, um den Unterrichtsausfall zu minimieren. Nun gibt es auch in Potsdam eine offizielle Initiative, einen eigenen Fonds ab dem nächsten Schuljahr einzurichten.

50 000 Euro könnten es sein, wenn es nach Martina Engel-Fürstberger geht. Sie sitzt für die FDP in der Stadtverordnetenversammlung und ist selbst Mutter von drei Kindern. Sie kennt also die Zustände an den Einrichtungen. „Als Stadtverordnete können wir den hohen Stundenausfall an Potsdamer Schulen nicht mehr dulden“, erklärte die 41-Jährige. Zwar sieht auch sie das Land in der Pflicht, mehr Lehrer einzustellen. Bis dahin sei der Schulfonds aber eine Lösung, argumentiert sie.

Offiziell sind in der Landeshauptstadt im vergangenen Schuljahr an allgemeinbildenden Schulen 2,07 Prozent des Unterrichts ersatzlos ausgefallen – das sind laut Bildungsministerium 15 977 Unterrichtsstunden. 35 Prozent dieser Stunden sind allerdings auf Kosten von Teilungs- und Förderunterricht vertreten worden. Das heißt, Vertretungslehrer haben anschließend nicht mehr für ihre eigentlichen Unterrichtsformen zur Verfügung gestanden – der Ausfall fand an anderer Stelle statt. Damit liegt der tatsächliche Ausfall laut Engel-Fürstberger deutlich höher als in der Statistik angegeben, denn das selbstständige Arbeiten sowie das Zusammenlegen von Klassen und Kursen gilt statistisch nicht als Unterrichtsausfall.

An hiesigen Grundschulen scheint man der Idee grundsätzlich positiv gegenüber zu stehen. So sagte Ute Gehrmann, Leiterin der Waldstadt-Grundschule, „uns ist alles Recht, was hilft, den Ausfall zu vermeiden“. Auch andere Schulleiter sprachen sich für einen Fonds wie in Kleinmachnow aus. Spätestens, wenn zwei Kollegen länger krank seien, sei Ausfall kaum zu vermeiden, hieß es. An der Waldstadt-Grundschule gab es im Vorjahr mit zehn Prozent Ausfall verhältnismäßig wenig zu vertretenden Unterricht. Die Grundschule Gerhard Hauptmann hat laut Bildungsministerium dagegen vor allem aufgrund von Krankheit 18,5 Prozent des Unterrichts auffangen müssen. Letztendlich seien aber nur zwei Prozent ersatzlos ausgefallen, steht in der Statistik.

Dass Kommunen sich selbst helfen, dagegen hat das Ministerium nichts. Zwar sehen sie den Unterricht als abgesichert an, „wenn darüber hinaus Gemeinden oder Schulträger die Schule bei der Aufsichts- und Betreuungstätigkeit unterstützen, bestehen keine Bedenken“, heißt es seitens des Ministeriums auf eine Anfrage der FDP. Unterrichten dürften sie dann allerdings nicht. „Sie unterstützen die Schulen insbesondere bei kurzfristig auftretenden Ausfällen von Lehrkräften, wenn die schulischen Vertretungsmaßnahmen ausgeschöpft sind, indem sie in der Regel qualifizierte Beaufsichtigungen wahrnehmen“, so das Ministerium. Für viele Schulleiter ist der Fonds dennoch eine Alternative. Wohl auch, weil die Belastung der Lehrer immer weiter steigt. Hatten sie zu DDR-Zeiten noch 21 Stunden Unterricht pro Woche zu leisten, sind es momentan 28 Stunden. Geht es nach dem Bildungsministerium, könnten es bald 30 Wochenstunden sein. Zu viel, meinen viele Schulleiter und fordern gemeinsam mit der Gewerkschaft Neueinstellungen. Die Belastung sei zu hoch – und das sei ein Grund für krankheitsbedingte Ausfälle.

Eine Informationsveranstaltung unter dem Motto „Lehrerersatzpool in Potsdam – Schluss mit Stundenausfall“ findet am Dienstag, dem 1. März, um 19 Uhr im Rathaus, Raum 3.025, statt. Erwartet werden unter anderem Petra Dziewulski, Schulleiterin der Gorki-Gesamtschule Kleinmachnow, sowie Horst Weis von der Elterninitiative „Kinder ohne Lehrer“ Kleinmachnow.

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