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Von Kay Grimmer: Geliebter Schuhkarton

Vor 30 Jahren zogen die Ersten in die Waldstadt II: Gerda Marske gehörte dazu

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Waldstadt – „Heute wird ja erst die Straße gebaut, und irgendwann kommen die Häuser dazu. Wir mussten anderthalb Jahre warten, ehe aus einem Sandweg eine vernünftige Straße zur Wohnung wurde.“ Gerda Marske gehörte zu den ersten Bewohnern der Waldstadt II, jenem Plattenbau-Wohngebiet, das Potsdams Städteplaner mitten zwischen märkische Kiefern und am Rand der Ravensberge geplant hatten. Vor 30 Jahren zog sie als eine der ersten Waldstadt II- Bewohner in die neue Wohnung am Kiefernring 23. In dieser Woche starteten die Jubiläumsfeiern mit einer Schiffsfahrt der langjährigsten Waldstadt II-Bewohner. Auch beim Stadtteilfest der Bürgerinitiative Waldstadt am 3. und 4. Juli soll das 30-jährige Jubiläum gefeiert werden.

Es war der 18. Mai 1979, als die damals 56-Jährige „mit einem großen Schritt, denn auch der Gehweg fehlte“ in die Drei-Zimmer-Wohnung zog. Schon zuvor durfte sie ihr zukünftiges Heim im Rohzustand besichtigen. „Dabei entdeckte ich, dass es Gefangene waren, die unsere Wohnungen gebaut haben“, weiß sie zu berichten. „Ich war erschrocken über das Grau in Grau“, erinnert sie sich. „Ich konnte mir nicht vorstellen, in solch einem Schuhkarton leben zu können.“ Schließlich war sie über dreieinhalb Meter hohe Räume gewohnt. Doch ihre Altbauwohnung in der damaligen Leninallee – der heutigen Zeppelinstraße – wurde abgerissen. „Nicht, weil das Haus marode war“, betont die heute 86-Jährige. Städtebauliche Planungen sahen statt Altbauten neue Plattenwohnungen vor.

Nach Gerda Marske zogen noch Tausende in das Plattenbaugebiet. Etwa 5500 Wohnungen wurden bis in die 80er Jahre errichtet. Wohnungen in der Waldstadt scheinen auch heute begehrt: „Leerstand ist kein Thema“, sagt denn auch Ulf Hahn, Vorstandsvorsitzender der Wohnungsgenossenschaft „Karl Marx“ stellvertretend für die großen Vermieter.

Die Waldstädter „Ureinwohnerin“ Marske hat sich nach 30 Jahren mit ihrem Schuhkarton längst mehr als angefreundet – nicht nur wegen der Fernheizung, die Ende der 70er Jahre einen echten Luxus darstellte. Sie mag das Wohngebiet auch wegen der vielen Einkaufsmöglichkeiten, der guten Anbindung an die Straßenbahn sowie des Ärztehauses um die Ecke. Und auch der Weg in die Wohnung – „aus der ich nicht ausziehen möchte, so lange ich mein Leben allein bewältigen kann“ – ist mittlerweile ohne Probleme nutzbar. „Im ersten Jahr in der Waldstadt brauchten wir selbst im Sommer Winterreifen, um über die Sandwege zur Wohnung zu kommen.“

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