zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Gesprächsangebot aus dem Rathaus

Nach der Annäherung der jüdischen Gemeinden: Fragen und Antworten zum Synagogenbau

Stand:

Der Potsdamer Synagogenstreit könnte bald Geschichte sein, noch Mitte 2012 der Bau in der Schloßstraße in Potsdams neuer Mitte beginnen. Die Jüdische Gemeinde und die Synagogengemeinde gehen aufeinander zu (PNN berichteten). Die Problemlage ist komplex, vieles noch nicht geklärt. Im Folgenden die wichtigsten Fragen und Antworten:

WER ENTSCHEIDET ÜBER DEN BAU DER SYNAGOGE?

Das Land Brandenburg ist Bauherr der neuen jüdischen Synagoge in der Landeshauptstadt und entscheidet über den Baubeginn, nachdem sich Jüdische Gemeinde und Synagogengemeinde über eine gemeinsame Nutzung und die Architektur geeinigt haben.

WAS SIND DIE GRÖßTEN STREITPUNKTE ZWISCHEN DEN GEMEINDEN?

Der Synagogenstreit entbrannte am Entwurf des Architekten Jost Haberland. Die Synagoge sei als solche nicht erkennbar, der Gebetssaal zu klein und nicht erhaben genug, es gebe zu viele Büros – so einige Kritikpunkte. Nach der Abspaltung der Synagogengemeinde von der Jüdischen Gemeinde stand zuletzt die Frage eines Miteinanders in einem jüdischen Gotteshaus im Vordergrund. Geklärt ist nun: Beide Gemeinden haben keine religiöse Vorbehalte gegenüber gemeinsamen Gottesdiensten in der Synagoge, da beide sich als orthodox verstehen. Ein gemeinsames Papier listet Nutzungswünsche und Funktionen auf, die in der Synagoge realisiert werden sollten. Ob diese auf dem Grundstück Schloßstraße 1 umsetzbar sind, wird jetzt durch den Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen (BLB) geprüft. Über den Haberland-Entwurf haben die Gemeinden bislang noch nicht gesprochen.

WAS PASSIERT JETZT MIT DEM HABERLAND-ENTWURF ?

Eine gute Frage, auf die es momentan keine Antwort gibt. Denn unklar ist, ob alle nun gewünschten Funktionen in der Kubatur des Haberland-Entwurfes untergebracht werden können. Zudem: Aus religiösen Gründen wünscht die Synagogengemeinde eine Verlegung des Synagogensaals aus der zweiten Etage mindestens in die erste Etage. Haberland hatte dies selbst abgelehnt. Viel wird künftig auch von der Flexibilität des Architekten abhängen. Ohne Haberland könnte auf andere Entwürfe aus dem Architekturwettbewerb zurückgegriffen oder sogar ein neuer Wettbewerb ausgerufen werden.

WIE FINANZIERT SICH DER SYNAGOGENNEUBAU UND KANN DIE FINANZSUMME AUFGESTOCKT WERDEN?

Das Land Brandenburg stellt etwas über fünf Millionen Euro für den Synagogenneubau bereit; nach den Vorplanungen sind davon noch 4,5 Millionen Euro übrig. Ferner stellt das Land das Baugrundstück Schloßstraße 1 zur Verfügung. Gegenüber den PNN sagte Kulturstaatssekretär Martin Gorholt (SPD), das Land werde die Summe nicht aufstocken, zusätzliche Spenden seien aber möglich. Spenden wären wohl dann nötig, falls Nutzungen auf das Nachbargrundstück Schloßstraße Ecke Friedrich-Ebert-Straße ausgelagert werden. Eine Auslagerung etwa des Gemeindezentrums aus dem Synagogenhauptbau sieht jedoch die Jüdische Gemeinde Potsdam kritisch. Sie möchte Gemeindezentrum und Synagoge in einem Gebäude untergebracht sehen.

WAS IST BISHER FÜR DAS GRUNDSTÜCK NEBEN DER SCHLOSSSTRAßE 1 GEPLANT?

Das Grundstück gehört der Landeshauptstadt, es soll im Rahmen der Wiedergewinnung der Potsdamer Mitte verkauft werden. Die Stadt signalisierte am Mittwoch aber Gesprächsbereitschaft mit den Jüdischen Gemeinden. Das Rathaus begrüße die Einigung der Gemeinden und biete das Gespräch über den Raumbedarf für den Synagogenbau an, hieß es aus der Verwaltungsspitze. Das Leitbautenkonzept sieht für das Grundstück zwar keinen Nachbau der historischen Fassade vor, macht wegen der besonderen Lage aber Gestaltungsvorgaben, so Stadtplanungschef Andreas Goetzmann.

WAS PASSIERT, WENN DIE GESETZESTREUE JÜDISCHE GEMEINDE DEN SYNAGOGENBAU NICHT UNTERSTÜTZT?

Die Sprachregelung ist so: Einigen müssen sich die am Synagogenbau interessierten Gemeinden. Die Gesetzestreuen, eine Strömung innerhalb des Judentums, die vor 1933 im Brandenburgischen mit zahlreichen Gemeinden vertreten war, verweigern sich der Mitarbeit, müssen also aus Sicht des Landes bei einer Einigung nicht mit im Boot sitzen. Als sicher gilt, dass die Gesetzestreue Gemeinde nach Baubeginn der Synagoge in der Schloßstraße das Land auf Förderung einer eigenen Synagoge verklagen wird. Gemeindegeschäftsführer Shimon Nebrat kündigte dies gegenüber den PNN an. Drei Gemeinden, drei Synagogen – mit dieser Haltung stehen die Gesetzestreuen allein da, die Jüdische Gemeinde und die Synagogengemeinde akzeptieren, dass das Land nur eine Synagoge fördern kann und bemühen sich daher um eine gemeinsame Nutzung. Jana Haase/Guido Berg

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })