DIE 11. SCHLÖSSERNACHT: Gestatten, Baron und Baronin von Schönhausen! Wenn Bäume und Statuen sprechen ...
Romantischste Orte der Schlössernacht waren das Schloss Charlottenhof und die Orangerie
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Die Dame in reich verziertem Rokokokleid, der Herr im damit korrespondierenden Überrock, weiße Perücken, eher stabil wirkende schwarze Schuhe – so lustwandelten Baron und Baronin von Schönhausen durch den nächtlichen Park Sanssouci. Das vornehme Paar war eigens aus Pankow nach Potsdam herübergekommen, um der Freude über die Restaurierung seines Stammschlosses durch die Schlösserstiftung Ausdruck zu verleihen.
Das Berliner Schlösschen hat freilich nichts mit dem Paar zu tun, wurde einst von Friedrich des Großen ungeliebter Gemahlin Elisabeth Christine bewohnt und nach 1945 vom DDR-Präsidenten Wilhelm Pieck genutzt. Für die Bibliothekarin Gabriele Hänsel und ihren Ehemann, den Maschinenführer Detlef Hänsel, ist die Verkleidung als Adelspaar ein Hobby. Damit nehmen sie an Historienshows teil, nun erstmals in Sanssouci. Läuft die kostbare Garderobe nicht richtig ins Geld? Es geht, antworten Baron und Baronin, manches ist relativ preiswert via Internet zu beschaffen, anderes haben sie selbst angefertigt, sogar die Schuhe. Erst in solch originalgerechter Kleidung, schwören beide, fühlt man sich richtig in die Zeit versetzt, in der Spektakel wie die Schlössernacht spielen.
Wie die Hänsels denken mittlerweile immer mehr Gäste. In diesem Jahr waren es schon einige hundert, die in der Mode des Rokoko durch den Park spazierten. Die Schlössernacht wird zum Kostümball. (eh)
Sanssouci - In der Schlössernacht begannen am Sonnabend im Park Sanssouci uralte Bäume und barocke Skulpturen zu sprechen. Eine Douglasie, durch Bodenleuchten ins Licht gesetzt, berichtete von der einst hier betriebenen Fasanerie, eine Vase würdigte Alexander des Großen Achtung vor Frauen, eine Linde ließ gar die Nibelungen auferstehen.
Welch Wunder, die sonst stummen Zeugen waren sogar des Englischen mächtig. Und das erscheint angemessen, denn neben den busweise aus dem Rheinland oder Bayern anrollenden Gästen des alljährlichen Spektakels nimmt auch die Zahl der Briten immer mehr zu. Potsdamern begegnet man kaum noch, nur die Berliner können nach wie vor gegenhalten. Man erkennt sie daran, dass sie rudelweise auf dem Rasen sitzen. So am Schloss Charlottenhof, wo sie den von den Römischen Bädern weit in den Park hinein klingenden Stimmen der Tenöre Fabian und Claudio Martino lauschten.
Das Ensemble von Charlottenhof und Römischen Bädern – deren Sanierung finanziell noch immer nicht gesichert werden konnte – ist besonders bei nächtlicher Illuminierung eins der romantischsten in Sanssouci. Ähnlich traumhafte Schönheit strahlt das Orangerieschloss hoch oben auf der Hügelkette aus. Dort standen die Besucher in langen Reihen an, um in der Pflanzenhalle ein barockes Tanzspiel der Commedianza Berlin oder die Kammerrevue des Poetenpacks zum 250. Geburtstag von Händel mitzuerleben. Darunter im Nordischen und im Sizilianischen Garten trieben Trolle und Meergeister der Truppe „Incanto“ ihre entgegen der Ankündigung allerdings recht zahmen Späße.
Ebenso voll von Zuguckern, von Flaneuren, Ruhenden, Essenden und Trinkenden war die Mopke am Neuem Palais, doch den Baustellencharakter konnten die zarten Klänge und Tänze barocker Gruppen nicht verwischen. Auf der Gartenseite wurden angeblich dem Fest „Zauber der Weißen Rose“ nachgestaltete Szenen aufgeführt. Doch König Friedrich Wilhelm IV. hat 1829 für seine Schwester Alexandra Feodorowna und ihren Gemahl Zar Nikolaus I. ganz gewiss keine Animationsshow à la „Malle“ veranstaltet. Gut, dass die „Carrousels" genannten Reitvorführungen auf der Lindenavenue dem Festcharakter entsprachen.
Als ArGe Schlössernacht hatte das Duo Reinhard Mann / Rainer Wohltat weiter an der Organisation des Großereignisses gefeilt. Das Angebot an Imbiss und Getränken konnte zufrieden stellen, niemand musste lange an Toilettentüren warten. Verbesserungswürdig ist an einigen Stellen die Beleuchtung, so an den in Nordischen Garten führenden Treppen. Ganz im Dunklen lagen der Rosengarten von Charlottenhof und der Eingang Affengang an der Lennéstraße.
Die Schlössernacht war durch Stiftungs-Generaldirektor Prof. Hartmut Dorgerloh am wiederhergestellten Posttor nahe Bahnhof Park Sanssouci freigegeben worden. Die Sanierung wurde durch Überschüsse aus dem Großereignis ermöglicht. Aus der diesjährigen Schlössernacht kommen sie der Restaurierung von Skulpturen des Neuen Palais zugute.
Von Erhart Hohenstein
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