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Landeshauptstadt: Goldgrube voller Drogen

Vom Logistikzentrum der Firma Sanacorp im Industriegebiet werden die Potsdamer Apotheken beliefert

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Industriegebiet - Der Raum voller Drogen sieht nüchtern aus. Zwischen klinikgrünen Wänden stehen Regale voller stark wirksamer Betäubungsmittel: Fentanyl, schmerzstillend; Morphin, die seit Jahrhunderten eingesetzte Schlafmohndroge; Ritalin, das berauschende Beruhigungsmittel. Eine dicke Panzertür – direkt über Alarmanlage mit der Polizei verbunden – sichert das Zimmer mit solch besonderen Arzneimitteln. „In diesen Raum kommen nur ganz sorgfältig ausgesuchte Mitarbeiter“, sagt Bärbel Bullert. Sie ist Betriebsleiterin bei der Potsdamer Niederlassung der Sanacorp AG, dem viertgrößten Pharmagroßhandelsunternehmen in Deutschland. Gestern durfte sie ihren Betrieb in der Straße Am Buchhorst vorstellen. Der Apothekerverband Brandenburg (AVB) und die Sanacorp hatten zum Pressegespräch geladen. Thema: Logistik zwischen Apotheken und Großhandel. Imagepflege.

Sowohl Sanacorp als auch die Brandenburger Apotheken sind unzufrieden. Zu viel Bürokratie: Ein durch die Gesundheitsreformen immer komplizierterer Papier- und Datenberg verdirbt die Geschäfte. „Wir müssen die von der Politik geschaffenen, immer komplexeren Abrechnungsverfahren mit teurer Software auffangen“, sagt AVB-Vorsitzende Andrea Lorenz. Weitere Sorgen: Auf dem „flachen Land“ Brandenburgs seien Apotheken bereits nicht mehr verkäuflich, drohe ein Rückgang der Arzneimittelversorgung. Doch nicht in Potsdam. „Hier ist die Apothekendichte sehr hoch, es gibt sogar noch neue Gründungen“, sagt Andrea Lorenz. Für Medikamente müsse der Kunde so nie besonders weit laufen.

Die moderne Halle im Industriegebiet ist dabei das Zentrum, von dem aus auch die Potsdamer Apotheken aufgefüllt werden, wenn sie nicht alle gewünschten Medikamente vorrätig haben. 600 Stammkunden beliefert Sanacorp von ihrer Niederlassung aus. Innen wirkt es ein wenig wie bei der Post: Über insgesamt 1400 Meter lange Fließbänder mit tausenden Rollen fahren blaue Plastikkästen ratternd hin und her. In jedem der Kästen, den so genannten Wannen, liegt die Bestellung einer Apotheke. Per Computer werden sie jeweils zu den Punkten hingesteuert, wo die Medikamente hineingelegt werden. Besonders stolz ist Betriebsleiterin Bärbel Bullert auf eine Maschine, die ganz alleine 45 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet. „Hier sind 3600 verschiedene Artikel drin, die automatisch in die jeweiligen Behälter gelenkt werden“, sagt Bullert. Nur eine von 10 000 Packungen würde falsch einsortiert. In der Maschine an sich lagern mehr als 100 000 Einzelmedikamente – wie viele es genau sind, steckt in den Tiefen des Computernetzwerks, das die Medikamentensortierung steuert. Doch auch Menschen werden noch gebraucht. Denn 55 Prozent der Arzneiwaren werden noch per Hand verteilt, Hilfe gibt ein Strichcodelesegerät. Insgesamt 195 Mitarbeiter haben hier ihre Arbeit – auch als Telefonisten oder Lieferfahrer. „Pharmazeutische Kenntnisse sind dabei aber kaum noch nötig, das Computersystem nimmt diese Arbeit ab“, sagt Betriebschefin Bullert. Ebenso verwaltet der Rechner die Verfallsdaten. Und die Menge der Medikamente. Denn das Sanacorp-Lieferzentrum beherbergt echte Wertsachen: Einige der Medikamentenschachteln kosten mehrere hundert Euro.

Auch in dem Raum mit den Betäubungsmitteln finden sich solche teuren Pillen. „Die Fahrer müssen pro Packung unterschreiben und alles gegenzeichnen lassen“, sagt Bullert. Damit die Arzneien nicht auf dem Schwarzmarkt auftauchen – und niemand eine Drogentherapie ohne Rezept machen kann.

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