Landeshauptstadt: Golmer schlafen im Hotel
19 Weichen werden erneuert / Anwohner zogen während der Bauarbeiten aus
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Golm - Das Landesumweltamt Brandenburg hat die Bauarbeiten an den Gleisanlagen in Golm mit neuen Auflagen versehen. Grund dafür war eine Klage des Golmers Torsten Wiedemann vom vergangenen Dienstag gegen einen Bescheid der Landesbehörde. Der hatte dem Bauunternehmen, das im Auftrag der Deutschen Bahn AG bis Ende August 19 Weichenanlagen rund um den Bahnhof Golm erneuert, die Arbeiten am Tag und in der Nacht genehmigt – jedoch „aus Unwissenheit ob der direkten Anrainer“, wie es gestern hieß, ohne Lärmschutz- oder Ausgleichsauflagen.
Das Landesumweltamt zog nach der Klage vor dem Verwaltungsgericht Potsdam die Genehmigung für das Bauunternehmen zurück und erließ eine neue, diesmal mit Auflagen. Diese sieht vor, dass Anwohner, die weniger als 150 Meter entfernt wohnen und deren Schlafzimmer direkt zum Gleis gerichtet sind, ein Ersatzquartier bekommen müssen. Seit dem Ausreichen des Baubescheides Ende vergangener Woche sind inzwischen sechs Familien aus ihren Häusern teilweise ausgezogen und übernachten in umliegenden Hotels und Pensionen.
Wie hoch die Kosten dadurch zusätzlich sein werden, konnte eine Sprecherin der Deutschen Bahn AG gestern nicht beziffern. Das Frühstück würden die Golmer allerdings nicht bezahlt bekommen, sagte sie. Einzig die Übernachtungskosten während der Bauarbeiten werden von dem Bauunternehmen beziehungsweise der Bahn bezahlt.
Dass überhaupt in den Nachtstunden gearbeitet würde, sei üblich, hieß es seitens der Bahn. Während die Regionalbahnen am Tage über benachbarte Gleise umgeleitet würden, fahre in der Nacht Ersatzverkehr – dann können die eingesetzte Gleisstopf- und Richtmaschine sowie die Schotterplaniermaschine ungestört arbeiten: Zu Lasten der Anwohner, die bis Ende August mit gemessenen 89 Dezibel Baulärm mitten in der Nacht versuchen mussten, zur Ruhe zu kommen. So hoch war die Belastung zumindest im Schlafzimmer von Torsten Wiedemann, der wie gestern berichtet erst zwei Tage vor dem Baubeginn per Postwurf über die bevor stehende Baumaßnahme informiert worden sein soll.
Seitens der Bahn sieht man in dem bisherigen Verfahren in Golm nichts ungewöhnlich, bedauert jedoch die direkten Anwohner. Die beauftragte Baufirma habe beim Landesumweltamt eine Genehmigung eingeholt, diese erhalten und danach die Anwohner informiert. Wie viele Anwohner nun noch die Möglichkeit ergreifen würden, andernorts zu übernachten, bleibe abzuwarten, sagte die Bahnsprecherin.
Die Gleisarbeiten seien keine Vorbereitung für die Arbeiten zur bevor stehenden „Tunnel-Lösung“ am Bahnhof Golm, sagte die Bahnsprecherin, sondern Instandsetzungarbeiten der bestehenden Anlagen. Spätestens beim Neubau der Straße und Bahnbrücke zwischen Wissenschaftsstandort und Uni-Gelände werden neue Bautätigkeiten mit Lärm erwartet. Auch die Landeshauptstadt hat in einem Strategiepapier, dem so genannten Stadtentwicklungskonzept, den Ausbau der „Wissenschaftsbahn“ zwischen dem Bahnhof Golm und der Innenstadt als Priorität festgelegt.
Der Rechtsstreit zwischen dem Kläger und dem Landesumweltamt ist laut einer Gerichtssprecherin jedoch erst formal beigelegt. Das Amt hat reagiert, bevor ein Urteil gesprochen werden konnte, und hat das Eingeklagte von sich aus erledigt. Jedoch habe der Kläger die Sache noch nicht für „erledigt erklärt“, sondern wolle noch einen Feststellungsanspruch prüfen lassen. Sollte er dabei Recht bekommen, müsste das Landesumweltamt auch die Kosten des Verfahrens tragen.
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