Von Henri Kramer: Grebner streitet Äußerungen ab
Klinikumschef: Patientenversorgung steht an erster Stelle / Stadtpolitiker: Aufklärung zu Umzugsplänen
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Der Chef des Potsdamer Klinikums „Ernst von Bergmann“, Steffen Grebner, streitet den Vorwurf ab, im Zusammenhang mit möglichen Einsparungen in der Psychiatrie sich abfällig über psychisch kranke Patienten geäußert zu haben. Gestern distanzierte sich Grebner aus dem Urlaub heraus „aufs Schärfste“ von Aussagen aus einem internen Gesprächsprotokoll aus dem Klinikum, über das die PNN am Wochenende berichtet hatten. Laut dem nicht unterzeichneten Protokoll soll Grebner gesagt haben, „in der Psychiatrie könne man gut sparen, da die Patienten dort meist nicht so mündig seien, sich nicht so schnell beschwerten und auch nur selten Besuch bekämen.“
Doch diese Worte sollen laut Grebner so nicht gefallen sein. „Eine solche Aussage habe ich weder in diesem Zusammenhang und noch mit dieser Intention getroffen“, so Grebner in einer schriftlichen Stellungnahme. Vielmehr stehe für ihn die Versorgung von Patienten an erster Stelle, „auch bei immer härter werdenden Rahmenbedingungen“. So sei die Bettenzahl in der Psychiatrie vor zwei Jahren um 18 Plätze erhöht worden. Auch gäbe es dort das im Land Brandenburg einzigartige Projekt der Genesungsbegleiter – eine Möglichkeit, die Versorgungsqualität für die Patienten „auf hohem Niveau“ zu halten. Inoffiziell hieß es, Grebner prüfe wegen der Vorwürfe auch rechtliche Schritte.
Laut dem Protokoll hatte Grebner sich bei einem internen Treffen mit Ärzten aus der Psychiatrie im Juli zur Zukunft der Genesungsbegleiter „leidenschaftslos“ geäußert – ein an ihn gerichteter Patientenbrief zur Weiterbeschäftigung dieser Helfer beeindrucke ihn nicht, heißt es in dem Schreiben. Ebenso soll Grebner angesichts der Oberbürgermeisterwahl in Potsdam davon abgeraten haben, wegen der Unterfinanzierung der Psychiatrie an die Öffentlichkeit zu gehen. Zu den Umzugsplänen für die Psychiatrie vom Babelsberger Standort In der Aue zum Hauptstandort des Klinikums in der Innenstadt wird Grebner zitiert, dass auf dem Klinikumsareal bis 2015 ein Neubau für die Psychiatrie entstehen könnte. Auch stelle sich Grebner vor, in der Psychiatrie Gelder bei den Sozialarbeitern einzusparen.
Die weiteren Passagen des nicht unterschriebenen Protokolls wollte Klinikumssprecherin Damaris Hunsmann gestern nicht einzeln kommentieren. Sie sagte aber, dass von den PNN zitierte „angebliche“ Protokoll enthalte keine „abgestimmten Aussagen“. Das Klinikum prüfe bezüglich des Umzugs seiner Psychiatrie verschiedene Alternativen. „Die Machbarkeitsstudie dazu befindet sich noch in der Anfangsphase, es sind keine Entscheidungen getroffen“, so Hunsmann. Aus der Psychiatrie hieß es, zu den Umzugsfragen und zu dem Protokoll dürfe sich nur die Pressestelle äußern. Intern werde versucht herauszufinden, wie es zur Veröffentlichung des Schriftstücks kommen konnte, hieß es gegenüber den PNN.
Auch die Stadtpolitik beschäftigt das Thema Psychiatrie. Grünen-Frakionschef Nils Naber will im kommenden Hauptausschuss am 25. August Auskunft über die erst durch die PNN bekannt gemachten Umzugspläne – möglichst von Grebner selbst. So müsse geklärt werden, inwiefern Patienteninteressen in die Planungen einbezogen seien. SPD-Fraktionschef Mike Schubert sagte, es müsse klar sein, ob der ärztliche Direktor des Hauses, Hubertus Wenisch, die Umzugspläne aus medizinischer Sicht befürworte. Klinikumssprecherin Hunsmann lehnte einen Kommentar von Wenisch zum jetzigen Zeitpunkt ab: „In dieser frühen Phase der Alternativenfindung bei diesem Projekt können wir uns nicht über mögliche Vor- und Nachteile äußern.“
Die schärfste Kritik kam gestern von der Wählergruppe Die Andere. Sie reichte für die Stadtverordnetenversammlung am 1. September einen Antrag ein, aufgrund der „menschenverachtenden“ Äußerungen aus dem Protokoll gegen Grebner „personalrechtliche Schritte“ zu prüfen. Eine Tendenz der „Verwirtschaftlichung“ der städtischen Gesundheitspolitik werde so erneut bestätigt. Bereits am Wochenende hatten Potsdamer Linke-Politiker Grebner scharf kritisiert.
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