zum Hauptinhalt
Der Weg ist weg. Von dem ehemals auch über dieses Ufergrundstück am Griebnitzsee verlaufenden Uferweg ist nichts mehr zu erkennen. Die Stadt Potsdam will mit einem neuen Bebauungsplan und notfalls mit Enteignungen einen öffentlichen Spazierweg dennoch durchsetzen; die Bootshäuser hat sie dafür zu Schwarzbauten erklärt. Fertig sein soll der neue Ufer-Plan im Oktober.

© Manfred Thomas

Von Sabine Schicketanz: Griebnitzsee: Platzeck schaltet sich ein

Regierungschef unterstützt Stadt-Linie gegenüber dem Bund: „Grundsätzlicher Klärungsbedarf“

Stand:

Babelsberg - Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) will im Griebnitzsee-Konflikt zwischen Stadt und Bund vermitteln. Das geht aus einem Schreiben Platzecks an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hervor, das den PNN vorliegt. Darin betont der Ministerpräsident, er stehe „vermittelnd und unterstützend bei der Suche nach Lösungen“ zur Verfügung. Außerdem bittet Platzeck den Bundesminister um „Unterstützung“ bei einer „grundsätzlichen Klärung“ darüber, unter welchen Bedingungen der Bund künftig sein Eigentum veräußert.

Die Stadt Potsdam hat den Bund im Fall Griebnitzsee mehrmals scharf angegriffen. Hintergrund ist der Verkauf von 32 000 Quadratmetern bundeseigener Fläche am Griebnitzsee-Ufer. Die Grundstücke gelten als letzter Schlüssel für einen öffentlichen Uferweg. Dieser verlief seit der Wende auf dem ehemaligen Postenweg der DDR-Grenzer. Als das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg im April 2009 den Bebauungsplan der Stadt Potsdam für das Ufer kassierte, sperrten Seeanrainer den Weg über ihre Grundstücke. Die Stadt will den Uferweg weiter durchsetzen; dafür wollte sie auch die Bundesflächen für 2,6 Millionen Euro erwerben. Die Verträge waren Anfang November 2009 unterschriftsreif, als beim Bund ein Gebot in Höhe von drei Millionen Euro von einer Gruppe von Seeanrainern einging. Daher soll es jetzt ein Bieterverfahren geben: Der Bund will seine Flächen mit und ohne Wegerecht sowie als Teilflächen und Einzelgrundstücke anbieten. Über Zuschläge soll der Haushaltsausschuss des Bundestags vor der Sommerpause entscheiden. Nach gestriger Auskunft des Bundesfinanzministeriums ist das Ausschreibungsverfahren noch nicht begonnen worden.

Die Stadt Potsdam versucht indes vehement, das geplante Bieterverfahren zu stoppen. So hat die Stadtspitze mit einer Klage gegen den Bund gedroht und ein Rechtsgutachten des Verwaltungswissenschaftlers Joachim Wieland vorgelegt, wonach eine Ausschreibung der Grundstücke „rechtswidrig“ sei. Per Stadtverordnetenbeschluss hat sich Potsdam das Vorkaufsrecht für die Flächen gesichert: Verkauft der Bund an Private, kann die Stadt in den Kaufvertrag einsteigen. Sie muss aber den vorliegenden Preis zahlen.

Platzeck bezieht in seinem sachlichen Schreiben an Schäuble zur Rechtsauffassung der Stadt ausdrücklich nicht im Detail Position. Er spricht von „Bewertungsdiskrepanzen“, sieht in der geplanten Ausschreibung eine „grundsätzliche Bedeutung für die Kommunen in Brandenburg“. Diese hatte der Deutsche Städtetag bereits skizziert: So könne der Fall Griebnitzsee zum Präzedenzfall für den Verkauf von Bundeseigentum zum Höchstgebot werden – ungeachtet „öffentlicher Zwecke“ der Kommunen. Platzeck verweist außerdem auf die brandenburgische Landesverfassung und das Bundesnaturschutzgesetz, wonach einem „öffentlichen Zugang zu Seen“ eine „wesentliche Bedeutung“ beigemessen werde. Daher müsse am Griebnitzsee „sehr sorgfältig“ der Nutzen eines „höheren Verkaufserlöses im Vergleich zum Allgemeinwohl und -nutzen“ abgewogen werden. Auch müssten die „landesverfassungsrechtlichen Regelungen“ eingehalten werden, so Platzeck.

Der Paragraf 40, Absatz 3, der brandenburgischen Landesverfassung schreibt vor: „Land, Gemeinden und Gemeindeverbände sind verpflichtet, der Allgemeinheit den Zugang zur Natur, insbesondere zu Bergen, Wäldern, Seen und Flüssen, unter Beachtung der Grundsätze für den Schutz der natürlichen Umwelt freizuhalten und gegebenenfalls zu eröffnen.“ Ob damit ein Uferweg gemeint ist, scheint eine Frage der juristischen Interpretation. Dazu war Platzeck im Frühjahr 2009 bereits mit dem damaligen Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) aneinandergeraten. Platzeck hatte gesagt, es müsse einen freien Uferweg geben: „Darauf haben die Menschen ein Recht.“ Schönbohm meinte, die Landesverfassung besage nicht, „dass alle Uferstellen des Sees von jedermann betreten werden können“. Den Bürgern müsse lediglich Zugang freigehalten werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })