
© A. Klaer
Baumfällungen in Potsdam: Griff zur Axt wird erleichtert
In der Stadtpolitik zeichnet sich eine Mehrheit für laxere Regeln beim Baumschutz ab. Befürworter meinen, dass die neue Verordnung zu mehr Bäumen führt.
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Potsdam - Bei Baumfällungen in Potsdam sollen künftig deutlich laxere Regeln gelten – für dieses Vorhaben der Stadtverwaltung zeichnet sich nun eine Mehrheit ab. Das sorgt auch für Streit unter den drei Partnern der Rathauskooperation: Denn während die Grünen im Verbund mit Naturschützern die geplanten Lockerungen verhindern wollen, signalisieren CDU/ANW und weitgehend auch die SPD ihre Zustimmung. Die meisten Oppositionspolitiker wollen ebenso ihren Segen geben.
Schon seit über einem Jahr wird wie berichtet über die neue Baumschutzverordnung gestritten – am Donnerstag wird sie erstmals im Umweltausschuss der Stadtverordnetenversammlung beraten. Die Grünen haben bereits per Antrag umfangreiche Änderungswünsche geltend gemacht. Unter anderem soll laut der neuen Fassung künftig keine Fällgenehmigung mehr nötig sein, wenn ein Baum weniger als drei Meter von einer Hauswand entfernt steht. Dazu heißt es im Grünen-Antrag: „Es erscheint unlogisch, dass Bäume in Gebäudenähe nicht schutzbedürftig sein sollen.“ Ebenso soll nach den Vorstellungen aus dem Rathaus der Schutzstatus nicht mehr für Bäume auf Friedhöfen und in „öffentlichen Parkanlagen“ gelten. Auch diesen Passus wollen die Grünen verhindern – denn so könnten selbst Bäume auf öffentlichem Grün ohne Genehmigung gefällt werden, so die Sorge.
Hausbesitzer im Pflanzstreit?
Unterstützung kommt von Naturschützern. „Potsdam verwaltet ein wertvolles Naturerbe, das nicht verspielt werden darf“, sagte Achim Förster, Baumschutzexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Berlin, am Dienstag den PNN auf Anfrage.
Der stellvertretende Vorsitzende des Umweltausschusses, Klaus Rietz von der CDU/ANW, sieht das nicht so. Vielmehr dienten die bisherigen Regelungen der „Baumverhinderung“, erklärte er. Denn angesichts der aktuell strengen Vorgaben würde vielen Eigentümer keine neuen Bäume pflanzen – aus der Sorge heraus, diese zehn Jahre später nicht mehr fällen zu können, falls sie einem Projekt im Weg stehen. Insofern sei die grüne Kritik an den Plänen der Verwaltung einseitig, meinte Rietz. Und: „Ich glaube nicht, dass nach einer Neuregelung massenhaft Bäume gefällt werden.“
Auch die SPD trägt die Planungen im Rathaus im Grundsatz mit, wie deren Stadtverordneter Marcel Piest deutlich machte. Abstimmungsbedarf gebe es nur noch in Details. Das ausgegebene Ziel der Verwaltung, mit der neuen Verordnung auch Bürokratie abzubauen, sei jedenfalls richtig, erklärte Piest.
Ähnlich sieht man es bei der Linken, der größten Oppositionsfraktion im Stadtparlament. Deren Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg sagte, auch mit der neuen Verordnung werde der Schutzstatus der Potsdamer Bäume weiter hoch sein, auch im Vergleich zu anderen Kommunen. Er hoffe, dass mit den neuen Regeln die derzeit sehr langen Bearbeitungszeiten von Fällanträgen künftig verkürzt würden. Damit argumentiert auch die Stadtverwaltung: Man hoffe auf größere Bürgerfreundlichkeit und Akzeptanz der Verordnung. Mehr Transparenz soll auch bei den sogenannten Ersatzpflichten erreicht werden, wenn ein Baum gefällt wird – dieser Teil sei nun deutlich genauer gefasst, wirbt die Stadtverwaltung.
Verwaltung fürchtet Niederlage vor Gericht
Dagegen hat die Fraktion Die Andere bereits Widerstand gegen das Vorhaben angekündigt, befürchtet wird die „systematische Aushöhlung“ des Baum- und Naturschutzes. Das sagte Die-Andere-Vertreter Carsten Linke, der auch beim BUND Potsdam ist. Der Stadtverwaltung warf er vor, diese gehe es vor allem um die Verminderung ihres Aufwands: „Getrieben wird sie dabei von der zu schlechten Personalausstattung in dem Bereich.“ Aussagen der Stadt, so werde die „Eigenverantwortlichkeit“ von Grundstückseigentümern gestärkt, seien „liberale Nebelkerzen“ .
Grundsätzlich argumentiert die Verwaltung auch, die Verordnung sei nach mehr als zehn Jahren Laufzeit nicht mehr rechtssicher. So wird auf eine Entscheidung des Potsdamer Verwaltungsgerichts gegen die Teltower Baumsatzung verwiesen – wie aktuell in Potsdam galt dort, dass Bäume ab 30 Zentimeter Stammumfang geschützt sind. Doch das sei unverhältnismäßig, erklärt die Stadt die Sicht des Gerichts. Auf diese Entscheidung verweist auch Bauträgerunternehmer Wolfhard Kirsch von der Bürgerbündnis-Fraktion – insofern sei die Überarbeitung der Verordnung, hin zu einer „praktikablen Lösung“, nötig, wie er sagte. Die Stadt will jetzt einen Schutz ab 60-Zentimeter-Umfang gewähren – die Grünen dagegen wollen eine Stufenregel mit geringen Stammumfängen für langsam wachsende Bäume. Letztlich müssen die Stadtverordneten entscheiden. Ebenso werden auch die Naturschutzverbände noch einmal angehört.
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