Potsdamer Geoforscher konnten Landhebung exakt messen: Grönland verliert mehr Eis als erwartet
Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Deutschen GeoForschungsZentrum in Potsdam (GFZ) hat herausgefunden, dass der Eismassenverlust Grönlands ist größer als bisher angenommen. Die Studie, an der auch Kevin Fleming vom GFZ mitgewirkt hat, belegt, dass bei der Bestimmung der Eismassenbilanz Grönlands mit der Satellitenmission GRACE die so genannte viskoelastische Hebung der Erdkruste nicht korrekt modelliert und abgezogen wurde.
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Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Deutschen GeoForschungsZentrum in Potsdam (GFZ) hat herausgefunden, dass der Eismassenverlust Grönlands ist größer als bisher angenommen. Die Studie, an der auch Kevin Fleming vom GFZ mitgewirkt hat, belegt, dass bei der Bestimmung der Eismassenbilanz Grönlands mit der Satellitenmission GRACE die so genannte viskoelastische Hebung der Erdkruste nicht korrekt modelliert und abgezogen wurde. Somit steige der Eisverlust von 253 auf 272 Gigatonnen pro Jahr im Zeitraum 2004 bis 2015, schreiben die Wissenschaftler in einer aktuellen Veröffentlichung in der Fachzeitschrift „Science Advances“.
Die Forscher haben mit einem neuen Netzwerk aus GPS-Stationen die Hebungen des Untergrunds nun zum ersten Mal präzise vermessen. Die Landhebung resultiert aus der langsamen und verzögerten Ausgleichsbewegung der Lithosphäre nach dem Rückgang der Eismassen seit der letzten Eiszeit. Möglich wurde die direkte Messung der Landhebung zum ersten Mal durch ein dichtes Netz von GPS-Beobachtungspunkten.
Das Ergebnis der Forscher deutet nach deren Ansicht auf einen massiveren Gletscherrückgang seit der letzten Eiszeit hin. Bisher ging die Wissenschaft davon aus, dass das schmelzende Grönlandeis seit dem glazialen Maximum 3,2 Meter Meeresspiegelanstieg verursacht hat. Die neue Studie korrigiert diesen Wert auf rund 4,6 Meter. Besonders starke Abweichungen fanden die Wissenschaftler im Nordwesten und Südosten Grönlands. „Da dort die Gletscher direkt in den Ozean kalben und dort auch heute die größten Eismassenverluste stattfinden, ist die Klimasensitivität dieser Regionen wahrscheinlich höher als gedacht“, heißt es vom GFZ. Die Wissenschaftler vermuten, dass das schwindende Grönlandeis noch über Jahrhunderte hinweg zum Meeresspiegelanstieg beitragen wird.
Die Landhebungen, auf die sich die Ergebnisse des Teams beziehen, sind beispielsweise in Skandinavien zu beobachten, wo vor rund 20 000 Jahren noch kilometerdicke Eismassen lagen. Sie reichten über die Ostsee bis ins heutige Deutschland. Auch der grönländische Eisschild war zu Zeiten der stärksten Vereisung weitaus mächtiger als heute, weswegen der Untergrund dort damals einsank und sich heute wieder hebt. Die Hebungsrate hängt von der Mächtigkeit des Eisschildes sowie von der Beschaffenheit der Lithosphäre ab.
Dabei hatten die Modellrechnungen bislang vermutlich eine Besonderheit außer Acht gelassen: Der Untergrund unter Grönland ist vor rund 40 Millionen Jahren im Zuge der großen Plattenbewegungen über einen „Hotspot“ im Erdmantel hinweggeglitten. Heute befindet sich Island mit seinen Vulkanen und heißen Quellen über diesem Hotspot. Aus dieser Jahrmillionen zurückliegenden Erhitzung des grönländischen Untergrunds rührt eine dünnere Lithosphäre als beispielsweise unter Skandinavien.
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