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Von Sabine Schicketanz: Groß Glienicke: Verhandlungen scheitern

Stadt hat erst zwei Verträge mit Seeanrainern unterzeichnet / Exner: Letzter Aufruf für friedliche Einigung

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Groß Glienicke - Im Uferkonflikt am Groß Glienicker See sieht die Stadtverwaltung die Verhandlungen mit den Seeanrainern über ein Wegerecht für die Öffentlichkeit gescheitert. Von den knapp 40 Grundstückseigentümern hätten bisher nur zwei eine Vereinbarung mit der Stadt Potsdam abgeschlossen, sagte Bürgermeister Burkhard Exner (SPD). Mit den anderen sei nach mehreren Gesprächsrunden keine Einigung in Sicht. Daher müsse die Verwaltung zur Kenntnis nehmen, dass es mit Einzelverträgen keine „Gesamtlösung“ für das Seeufer geben werde, so Exner. Es werde allerdings noch ein Schreiben an alle Anrainer geben, das zu Verhandlungen auffordere: „Es ist der letzte Aufruf für eine baldige friedliche Lösung.“

Der Bürgermeister, der sich federführend um die Uferkonflikte in Groß Glienicke und auch am Griebnitzsee kümmert, ließ offen, wie die Stadt außerdem weiter verfahren will. Die Verwaltung prüfe einige Optionen, sagte Exner. Ein Enteignungsverfahren sei jedoch in weiterer Ferne. „Enteignungen sind immer die ultima ratio – davor muss verhandelt werden bis zum Letzten“, betonte der Bürgermeister.

Den formal ersten Schritt in Richtung eines möglichen Enteignungsverfahrens hat die Stadtverwaltung am Groß Glienicker See allerdings schon gemacht: Sie schickte Kaufangebote an acht Anrainer. Diese seien bisher unbeantwortet geblieben. Sie hatten auch kein beziffertes Angebot enthalten, räumte Exner ein. Ein externer Gutachter fertige jetzt ein Verkehrswertgutachten an.

Der Konflikt in Groß Glienicke war vor rund sechs Wochen eskaliert. Seitdem haben einige Anrainer den Weg auf verschiedene Weise gesperrt oder blockiert. Der Hintergrund: Der Uferweg, der auf dem knapp 2,5 Kilometer langen ehemaligen Postenweg der DDR-Grenzer verläuft, ist zwar in einem gültigen Bebauungsplan verzeichnet, jedoch gibt es durch ein Versäumnis der ehemaligen Gemeinde Groß Glienicke kein Wegerecht für die Öffentlichkeit. Um dies nachzuholen und den freien Uferweg zu garantieren, braucht die Stadt Potsdam die Einwilligung jedes einzelnen Anrainers. Dazu hat die Verwaltung seit Herbst 2009 verhandelt – wie jetzt klar ist, ohne Erfolg.

Exner bemühte sich deutlich zu machen, dass die Stadt in den Gesprächen mit den Anrainern sehr kompromissbereit sei. Allerdings seien die Forderungen und Wünsche der Grundstückseigentümer, die sie als Quasi-Gegenleistung für das Wegerecht äußerten, zu großen Teilen nicht erfüllbar und überzogen. Dabei sei es nach dem gültigen Bebauungsplan bereits ein Zugeständnis an die Eigentümer und ihre privaten Interessen, wenn sie einen Bereich am Ufer einfrieden dürften, wie es die Kompromisse der zwei unterschriebenen Vereinbarungen vorsähen, so Exner. In den Verhandlungen, die er teilweise selbst geführt habe, seien aber vor allem Stege, hohe Zäune und Fällgenehmigungen für Bäume, die den Blick aufs Wasser versperren, gefordert worden. Mit solchen Genehmigungen würde die Stadt jedoch gegen die Vorgaben des Bebauungsplanes und des Landschaftsschutzgebietes, zu dem das Ufer gehört, verstoßen, so Exner. Ein Anrainer habe sogar gefordert, einen Grenzsicherungszaun aus Mauerzeiten wieder verwenden zu können, andere wollten den Uferweg so verlegen, dass er direkt durchs Biotop führe, und Badestellen, Kinderspielplätze und Bolzplätze in 100 Metern Entfernung vom eigenen Haus untersagt wissen. Oftmals sei auch eine Löschungsbewilligung als Voraussetzung für eine Einigung genannt worden, so Exner: Sollte die Stadt etwas tun, das der Eigentümer nicht möchte, könnte er sofort das Wegerecht aus dem Grundbuch löschen. „Wenn wir uns auf solche Dinge einlassen, haben wir verloren“, sagte Exner. Nicht nur seien sie rechtlich unzulässig, auch sei der Weg damit nicht gesichert und möglicherweise werde auch der Bebauungsplan ungültig, wenn die Stadt sich selbst nicht daran halte.

Neben weiteren schriftlichen Verhandlunsgaufforderungen an die Anrainer in Groß Glienicke wolle die Stadtverwaltung demnächst ein Uferkonzept vorlegen. Dies werde eine „ordnende Funktion“ haben und den Bebauungsplan konkretisieren, sagte Exner. Für Ausnahmegenehmigungen für beispielsweise Stege sei das Konzept immens wichtig: So könne die Stadt beispielsweise eine Sammelsteganlage genehmigen, wenn damit dem Naturschutz gedient sei, weil andere Bereiche des Seeufers geschont würden. Die Genehmigung privater Stege sei nahezu ausgeschlossen – zwölf Stege hatte die Verwaltung erst jüngst auf dem Gerichtsweg entfernt. Wann genau das Uferkonzept vorgelegt wird, konnte Exner nicht sagen.

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