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Von Henri Kramer: Grünen-Chef tritt zurück

Fraktionsvorsitzender Naber geht aus „privaten Gründen“ und warnt Rathauskooperation vor Zerfall

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Die Stadtfraktion der Potsdamer Grünen muss sich einen neuen Chef suchen: Ihr bisheriger Fraktionsvorsitzender Nils Naber tritt mit sofortiger Wirkung zurück. Auch sein Stadtverordnetenmandat gibt der 32-Jährige zurück. Das teilte Naber gestern Abend bei einer Mitgliederversammlung des Grünen-Kreisverbands mit. Für seinen Rückzug nannte er „private Gründe“.

Vor allem verwies Naber, Mitarbeiter der bündnisgrünen Landtagsabgeordneten Marie Luise von Halem in deren Bürgerbüro in Brandenburg a.d. Havel, auf seine Rolle als Vater eines mittlerweile fünf Monate alten Sohnes, für die er mehr Zeit benötige. „Die ehrenamtliche Arbeit als Stadtverordneter spielt sich vor allem in Sitzungen in den Abendstunden ab“, heißt es in einem Brief von Naber an seine Parteifreunde, den er gestern verlas. Doch drei bis vier Abendtermine seien „mit einem Baby einfach nicht mehr leistbar“. Schon seit Dezember hatte Naber sein Pensum bei den Grünen verringert – doch reiche auch das nicht aus, um den „familiären Pflichten“ ausreichend nachzukommen, so Naber.

Seit den Kommunalwahlen im September 2008, bei denen die Grünen zwei Sitze im Stadtparlament dazu gewannen, hatte Naber die fünfköpfige Fraktion geführt. Er gilt als einer der Baumeister und Stabilisatoren für die das Stadtparlament dominierende Rathauskooperation um SPD, CDU/ ANW, Grüne und FDP. In seinem Brief warnt er das Bündnis nun vor dem Zerfall: „Die Kooperation braucht dringend neue gemeinsame Projekte, sonst wird sie nicht bis zum Ende der Legislatur tragen.“ Eine Alternative zur Kooperation wie das von Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg vehement geforderte Regieren mit wechselnden Mehrheiten ist für Naber nicht erstrebenswert: Werde das Realität, „würde praktisch in allen relevanten Politikbereichen Rot-Rot diese Stadt regieren“. Das allerdings habe die Stadt bereits einmal „tief in die Schulden getrieben“.

Zugleich zog Naber für die Arbeit seiner Fraktion ein positives Fazit. Der größte Erfolg sei die Ausfinanzierung des Radverkehrskonzepts. Auch hätten die Grünen maßgeblich den Beitritt der Stadt Potsdam zur Anti-Korruptions-Organisation Transparency International in die Wege geleitet: „Die Auswirkungen dieses Beitritts werden langsam für Hinterzimmerpolitiker spürbar.“ Gegenüber den PNN erklärte Naber, er hoffe, dass „innovative“ Jugendangebote wie der Mädchentreff Zimtzicken, der bei den aktuellen Haushaltsverhandlungen für ein preisgekröntes Migrantenprojekt vergeblich 35 000 Euro gefordert hatte, künftig im Jugendhilfe-Haushalt berücksichtigt werden könnten. Mit Geld aus diesem Topf würden immer noch Projekte wie der Fanfarenzug finanziert, kritisierte Naber.

Seine Nachfolgerin wird Brigitte Lotz. Sie war bereits vor 2008 Stadtverordnete bei den Grünen. Wer die Fraktion führen wird, steht noch nicht fest. Naber erklärte, für die Grünen in Potsdam wünsche er sich künftig, dass „Meinungsverschiedenheiten und Konflikte innerparteilich geklärt werden“. Dazu gehöre die „frühzeitige gegenseitige Information“. So hatte es in der Vergangenheit mehrmals öffentlich Streit zwischen Fraktionsmitgliedern und ihrem Parteifreund und Baudezernenten Matthias Klipp gegeben. Naber dazu: „Manchmal hat es ziemlich viel meiner Kraft gekostet, immer wieder den Laden zusammenzuhalten.“

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