
© A. Klaer
Von Henri Kramer: Gutachter: Stadt soll klagen
Groß Glienicker Bürgerinitiative legt neues Rechtsgutachten vor / Spandau kauft 66 Hektar Seenland
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Groß Glienicke - Im Streit um den Uferweg am Groß Glienicker See ist die juristische Position der Landeshauptstadt möglicherweise besser als bisher von der Stadtverwaltung gedacht. Dies legt ein neues Gutachten des renommierten Berliner Verwaltungsrechtlers Karsten Sommer nahe, dass den PNN vorliegt. Das juristische Papier von Sommer hat die Bürgerinitiative Groß Glienicker See gestern Abend öffentlich vorgestellt. Die Kernaussage: Der ab 1990 von Fußgängern genutzte Uferweg ist bereits „eine öffentliche Straße“. Die Stadt solle daher per Feststellungsklage den Wegcharakter des ehemaligen Postenwegs der DDR-Grenztruppen klären lassen, wenn sich mit Anrainern, die den Weg seit Monaten gesperrt halten, keine Einigung erzielen lassen.
Sommer, der als Anwalt mehrfach für Naturschutzverbände gestritten hat und zum Beispiel erfolgreich gegen einen Autobahn-Tunnelbau in Nordrhein-Westfalen klagte, hat seine Auffassung zum Uferweg bereits in einem im September veröffentlichten Gutachten vertreten. Dagegen hatte die Potsdamer Verwaltung in Ausschüssen der Stadtverordneten mit einem Urteil des Berliner Oberverwaltungsgerichts (OVG) zu einem Rechtsstreit aus dem Jahr 2004 argumentiert. Sommer setzt sich nun mit dieser Erklärung auf 15 Seiten auseinander – und befindet, dass OVG habe sich in der angesprochenen Entscheidung auf veraltete Rechtsgrundlagen bezogen. Zuständig für die Freigabe des Uferwegs sei 1990 die Gemeinde gewesen, die auch einen entsprechenden Beschluss gefällt habe, so Sommer. Ein von der Stadt Potsdam eingebrachter Einwand, dass zu der Wegewidmung keine schriftliche Zustimmung der Bundesrepublik Deutschland als damaligen Grundstückseigentümer zu finden sei, sei hinfällig: „Eine schriftlichen Zustimmung bedarf es nicht.“ Zudem sei die Nutzung des Weges vom Bund mit „vollem Wissen“ geduldet worden, so Sommer weiter.
In einer ersten Reaktion sagte Winfried Sträter (SPD) aus dem Ortsbeirat von Groß Glienicke gestern den PNN, die beiden Gutachten von Sommer seien „verdienstvoll“ und zeigten neue Möglichkeiten für die Auseinandersetzung auf. Für die Bürgerinitiative um den Stadtverordneten Andreas Menzel (Grüne) ist das Gutachten sogar eine Möglichkeit der Durchsetzung des Öffentlichkeitsrechtes auf Nutzung des Uferweges – „so wie er liegt“.
Seit Monaten kritisiert die Initiative, die Stadt handele in dem Uferstreit zu zögerlich. Denn anders als am Griebnitzsee könne die Stadt beim Groß Glienicker See auf einen gültigen Bebauungsplan setzen – den nun aber die Stadtverwaltung ändern will, um den Streit zu beenden. Dafür setzt die Stadt derzeit auf ein Moratorium: Dieses Stillhalteabkommen soll Anwohner verpflichten, den Uferweg offen zu halten, bis über eine Änderung des Bebauungsplans entschieden ist. Mitte November ist dieses Angebot an die Anrainer gesendet worden. „Es haben schon einige unterschrieben“, sagte Stadtsprecher Stefan Schulz. Damit das Moratorium gültig wird, müssen es bis Ende Januar alle Anrainer anerkennen. Zu dem neuen Gutachten von Jurist Sommer konnte Schulz gestern noch keine Bewertung abgeben.
Mehr Bewegung gibt es indes auf der anderen Uferseite des Sees. Das Bezirksamt Spandau hat jetzt den Berliner Teil des Gewässers, der zum Ortsteil Kladow gehört und insgesamt 66 Hektar Fläche besitzt, von einem privaten Eigentümer gekauft. Nach Erklärung des zuständigen Umweltstadtrates Carsten-Michael Röding gehen so alle Rechte und Pflichten an dem Gewässer ab 2011 auf den Bezirk über. Den Kaufpreis von 255 000 Euro will Spandau aus „zweckgebundenen Naturschutzmitteln“, die nicht für andere dringende Aufgaben wie Schulsanierung eingesetzt werden dürften. Mit dem Erwerb des Sees sei verhindert, dass ein privater Käufer Uferbereiche absperren könne, hieß es weiter.
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