zum Hauptinhalt

Stipendiaten in Potsdam: Gute Chancen

An der Universität Potsdam gibt es fünf neue Deutschlandstipendiaten. Sie werden als Topkräfte gefördert.

Stand:

Dass sie heute Computerlinguistik in Potsdam studiert, hat etwas mit der Strukturkrise in ihrer Heimat zu tun. Eigentlich ist Sara Mamprin promovierte Germanistin, eigentlich wollte sie längst als Lehrbeauftragte für deutsche Literatur an einer italienischen Universität arbeiten. Doch die Situation in Italien sei katastrophal, sagt die 34-Jährige. Es würden zwar zahlreiche Akademiker ausgebildet, die dann aber keine Anstellung finden. „Dort hatte ich als Germanistin keine Chance.“ Nach einem Studienaufenthalt in Berlin fiel ihr Entschluss, hier zu bleiben.

Zuerst hatte Sara Mamprin nach einer Festanstellung gesucht. Ohne Erfolg. „Leider hat man auch in Deutschland als ausländisch promovierte Germanistin wenige Arbeitschancen“, sagt sie. Nach zwei Jahren erfolgloser Jobsuche entschied sie sich für ein zweites Studium. Aber nicht irgendein Studium. Die aus Padua stammende Germanistin ging zielstrebig vor: Sie überlegte sich, in welchem Bereich ihre Berufschancen am größten sein würden. Und da Mathematik ihr bereits in der Schule gelegen hat, entschied sie sich für Computerlinguistik.

„Das verbindet die Sprachwissenschaft mit der Informatik“, sagt die junge Frau. Dass der Bereich der Digitalen Medien mittlerweile auch für Sprachwissenschaftler ein Arbeitsfeld ist, weiß die Studentin aus eigener Erfahrung. Neben dem Studium arbeitet sie ein wenig für einen Berliner Verlag. Sie erarbeitet freiberuflich Ideen dazu, wie man beispielsweise Kinderzeitschriften ins Digitale Zeitalter bringen könnte. Für Sara Mamprin ist klar, dass die Zukunft sich auf digitalen Medien abspielen wird. Heute sind das die Tablets, morgen könnten das schon ganz andere Geräte sein. „Hier entsteht ein ganz neues Genre“, meint die Studentin. Und das will sie mitgestalten.

Von einer Verteufelung der neuen Medien hält sie nichts. „Man muss die Dinge so gestalten, dass sie für die Menschen sinnvoll und nutzbar sind.“ E-Books für Kinder nennt sie als ein gutes Beispiel. „Ein rasant wachsender Markt“, sagt die angehende Computerlinguistin. Andererseits weiß sie aber auch, dass die Bildschirme „echte“ Erfahrungen nicht ersetzen können. Gerne nimmt sie auch selbst noch ein echtes Buch zur Hand. Und sie weiß auch, dass es ein gutes Gefühl sein kann, einmal nicht online erreichbar zu sein. In diesem Spannungsfeld zwischen Innovation und Tradition will sie arbeiten, das reizt sie.

Dass Sara Mamprin in Zukunft zu den Topkräften in Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur zählen könnte, hat man auch beim Förderprogramm Deutschlandstipendium des Bundesforschungsministeriums erkannt. Sie gehört zu fünf Potsdamer Uni-Studierenden, die seit diesem Sommersemester im Rahmen der Deutschlandstipendien gefördert werden. Mit dem Deutschlandstipendium werden Studierende unterstützt, die durch besondere Leistungen auffallen. Die 300 Euro Förderung pro Monat teilt sich der Bund mit regionalen Unternehmen, das Stipendium ist eine Art Patenschaft. Die Stipendien gingen für Potsdam in diesem Studienjahr an fünf Studierende der Universität: neben Sara Mamprin auch an die VWL-Studentin Alona Kuts, die BWL-Studentin Anne Rattey, die Germanistikstudentin Ragsana Jivishova und Tom Bocklisch, der im Fach IT-Systems Engineering studiert. Deutschlandstipendien wurden an der Universität Potsdam zum zweiten Mal verliehen. Aktuell befinden sich im laufenden Prozess an der Uni 20 Stipendiaten.

Für Sara Mamprin steht heute schon fest, dass sie nach ihrem zweiten akademischen Abschluss in Deutschland bleiben will. Sie will die Früchte ihrer Ausbildung auf dem hiesigen Arbeitsmarkt einbringen. Im Vergleich zu Italien sei der Arbeitsmarkt, der gerade in Berlin noch wächst, eine große Chance. Sara Mamprin hofft, dass ihr das Stipendium bessere Chancen für einen Job in der freien Wirtschaft bietet. Eigentlich würde sie gerne auch in der Forschung arbeiten. Doch mit 34 Jahren sei sie für eine Wissenschaftskarriere leider schon zu alt ist, konstatiert die junge Frau ganz realistisch.

Für Elona Kuts, die ebenfalls ein Deutschlandstipendium für ein Studium an der Uni Potsdam erhalten hat, verhalten sich die Dinge anders. Die 24-jährige Ukrainerin weiß heute schon, dass sie mit ihrem Volkswirtschaftsstudium in die freie Wirtschaft gehen will, ihr schwebt ein Job in der Finanzwirtschaft vor – das aber in ihrer Heimat. Sie will die Fähigkeiten, die sie in einem Studium in Deutschland vermittelt bekommt, später einmal nutzen, um ihr Heimatland voranzubringen. „Deutschland ist ein hoch entwickeltes Land, hier kann ich viel lernen“, sagt die junge Frau. Bevor sie aber in die Ukraine zurückkehrt, will sie nach ihrem Studium in Europa berufliche Erfahrungen sammeln. Bereits in der Schule sei sie gut in Mathematik gewesen. Hinzu komme, dass sie fünf Sprachen beherrsche. Das prädestiniere sie geradezu für einen Job in der internationalen Finanzwirtschaft, meint die VWL-Studentin. Investmentbanking, Geldpolitik und Internationale Wirtschaft, diese Bereiche interessieren Elona Kuts. Für den Anfang wünscht sie sich erst einmal ein Praktikum in Deutschland, am besten bei der Bank, die bereits an ihrem Stipendium beteiligt ist.

Sara Mamprin würde beruflich gerne im Verlagswesen bleiben. Doch ihr Studium eröffnet ihr nicht nur dafür Perspektiven. Computerlinguistik ist die Schnittstelle zwischen menschlicher Kommunikation und den Maschinen. „Da gibt es für Computerlinguisten viel zu tun“, sagt die promovierte Germanistin. Egal, ob Suchmaschinen, Bibliotheken oder andere tetxtbasierte Datenbanken, überall werden intelligente Softwarelösungen gesucht, damit Mensch und Maschine sich besser verstehen. Und daran will sich Sara Mamprin beteiligen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })