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Turbine-Legende Bernd Schröder: Hart, aber fair

45 Jahre lang war Bernd Schröder Trainer der Fußballerinnen von Turbine Potsdam. Nun hat er ein Buch geschrieben - über den Fußball, seine Zeit bei Turbine und den Diskussionsbedarf von Frauen. Zur Vorstellung kam viel Prominenz.

Potsdam - „Können Sie mir sagen, was Sie sagen würden, wenn Ihre Frau Ihnen heute mitteilt, dass sie Fußball spielen will“, fragt die Reporterin in dem schwarz-weißen Filmausschnitt einen Mann. Als der verneint, fragt sie: „Warum?“ Die Antwort: „Die spielt schon Fußball.“ Ja, Frauenfußball gehörte in der ehemaligen DDR eben schon immer dazu, war populär. Der bekannteste Mensch des Frauenfußballs ist – zumindest in Potsdam – allerdings ein Mann: Bernd Schröder. 45 Jahre hat er die Frauen des 1. FFC Turbine Potsdam trainiert, in guten wie in schlechten Zeiten.

Am Freitag stellte Schröder, der gerade seinen 75. Geburtstag gefeiert hat, nun sein Buch vor – über den Fußball, Turbine, sein Leben. Rund 250 Gäste waren Schröders Einladung in den großen Saal im Kongresshotel am Templiner See gefolgt – darunter auch viele bekannte Sportler.

Training mit alten Autoreifen

Die Vorstellung der stattlichen, 352 Seiten langen Biographie begann mit einem Turbine-Potsdam-Film, der mit mehr als 50 Minuten allerdings etwas zu lang für diesen Anlass war. Neben dem erwähntem Interview zeigte der Film witzige Episoden aus der Geschichte des Fußballvereins – etwa wie Bernd Schröder seinen Spielerinnen alte Autoreifen an einem Seil um die Hüfte band, um sie für ein schnelles Loslaufen nach Anpfiff fit zu machen. Auch die Bilder der vielen emotionalen Momente der Erfolgsgeschichte der Potsdamer Frauenmannschaft fehlten nicht: Sechs Mal war Turbine Potsdam DDR-Meister, genauso oft Deutscher Meister. Der Verein gewann den Uefa-Cup und die Champions League.

„Bernd Schröder. Ein Trainerleben für den Frauenfußball“ heißt nun das Buch, an dem der Autor nur rund ein Jahr lang geschrieben hat. „Das ging ganz schnell, nachdem ich im Ruhestand war“, so Schröder. „Im Grunde genommen hätte ich noch mindestens zwei Bücher mehr schreiben können.“

Schröder: "Ich hätte noch mindestens zwei Bücher mehr schreiben können."

Schröder arbeitete mehr als 30 Jahre lang als Abteilungsleiter bei der Energieversorgung Potsdam, unter seiner Trägerschaft wurde der 1. FFC Turbine Potsdam im Jahre 1971 gegründet. Für seine Verdienste um den Frauenfußball erhielt Schröder 2017 den Ehrenpreis des Deutschen Fußballbundes (DFB).

Nach dem Turbine-Film lasen im Kongresshotel der frühere Linke-Bundestagsabgeordnete und heutige Turbine-Präsident Rolf Kutzmutz sowie Thomas Braune, einst Regierungssprecher und heute Marketing-Chef des Landes Brandenburg, Passagen aus dem Schröder-Buch. „Eine meiner Prämissen lautete: Ausfälle von Trainingseinheiten sind unter allen Umständen zu vermeiden“, heißt es da. Egal, ob der Platz unter Wasser stand oder mit einer dicken Eisschicht bedeckt war. „Nachweislich musste in meiner gesamten Trainerzeit keine einzige Trainingseinheit abgesagt werden.“

In 45 Jahren kein Training abgesagt

Mit Witz und auch einem Hauch Nostalgie hat Schröder seine Erinnerungen verfasst. Er ist auf Historie und Entwicklung der Mannschaft ebenso eingegangen wie auf Training und alle anderen Begleitumstände – etwa den Unterschied zum Männerfußball. Und immer schreibt er mit einer Prise Humor. So wie zum Beispiel als er schildert, er habe sich gar nicht erst auf lange Diskussionen eingelassen, denn: „Der Diskussionsbedarf bei Frauen ist mitunter unendlich.“ Damit erntete er Lacher im Saal.

Anschließend signierte Schröder Bücher für seine Fans – wobei die Exemplare, die man vor Ort kaufen konnte, nicht ausreichten, schnell hieß es: ausverkauft.

Ehemalige und aktuelle Turbine-Spielerinnen bei der Lesung

Unter den Besuchern waren etliche Prominente und Fußballfreunde aus anderen Bundesländern. So hatte es sich Ariane Hingst, die zehn Jahre lang bei Turbine spielte und derzeit gerade als Expertin die Frauenfußball-Europameisterschaft in den Niederlanden kommentiert, nicht nehmen lassen, zur Buchvorstellung nach Potsdam zu reisen. Auch die ehemaligen Spielerinnen Navina Omilade, Afrodita Podvorica sowie Annelie Brendel waren zu Gast. Die aktuelle Mannschaft vertraten unter anderem Chefcoach Matthias Rudolph, die bisherige Assistenztrainerin Jennifer Zietz sowie Stürmerin Laura Lindner.

Zu den Turbine-Urgesteinen aus der DDR-Erfolgsmannschaft gehörten Andrea Heinemann, Simone Römhold (Thomas), Heike Braune, Heike Hoffmann, Marianne Fritze und die ehemalige Kapitänin Doris Schmidt, die alle Gäste der Lesung waren. „Er hat mir eine SMS geschrieben“, sagte Schmidt auf die Frage, wie sie von der Veranstaltung erfahren hatte. 18 Jahre lang, von 1971 bis 1989, spielte sie für den Verein – da sei es Ehrensache gewesen zu kommen. Das Buch habe sie zwar noch nicht gelesen. „Aber das werde ich noch“, betont sie. „Freude am Spaß“, so beschreibt sie ihre Zeit bei Turbine Potsdam. Damals arbeitete die heute 62-Jährige als Sachbearbeiterin beim Energiekombinat. „Nach der Arbeit und an den Wochenenden ging es eben immer zum Training.“ Und wie war Schröder als Trainer? Schmidt seufzt, dann lächelt sie. „Ach, er war, wie er war: hart, aber fair.“

„Bernd Schröder. Ein Trainerleben für den Frauenfußball“, 352 Seiten, 19, 95 Euro, Steffen Verlag. Mit Grußwort des ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger

Anne-Kathrin Fischer

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