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Von Sabine Schicketanz: Hauptstadt-Zulage vor dem Aus

Potsdam fürchtet um Fünf-Millionen-Euro-Jahresbonus / Ministerium: Frage der Notwendigkeit ist offen

Stand:

Potsdam muss damit rechnen, ab 2012 deutlich weniger Geld vom Land zu bekommen. Bisher zahlt Brandenburg der Stadt Potsdam im Rahmen des Hauptstadtvertrags jährlich fünf Millionen Euro Sonderzuschuss. Der aktuelle Vertrag, der 2007 unterzeichnet wurde, läuft allerdings Ende des Jahres aus. Dass das im Land umstrittene Potsdam-Privileg noch einmal verlängert wird, ist nach PNN-Informationen angesichts der Landes-Sparzwänge für 2012 unwahrscheinlich.

Wie Stadtsprecher Stefan Schulz bestätigte, verhandle Potsdam bereits seit Ende 2010 mit dem beim Land zuständigen Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft. Stadt und Land hätten auch gemeinsam einen „Vorschlag“ zur Fortschreibung des Vertrags erarbeitet. Allerdings scheint diese Formalie – sie ist laut Vertragsklauseln mindestens ein Jahr vor Ablauf der Vereinbarung Pflicht – den Sonderzuschuss keineswegs abzusichern.

Die Frage, ob Potsdam den Hauptstadtvertrag brauche, könne derzeit nicht beantwortet werden, bestätigte gestern Jens-Uwe Schade, Sprecher des Infrastrukturministeriums. Bei der Städtebauförderung nehme Potsdam sowieso eine Sonderrolle ein, da sei der Hauptstadtvertrag ein „I-Tüpfelchen“, so Schade.

Aus der Politik gibt es nach der jüngsten Sparklausur der Landesregierung ohnehin Forderungen, die Sonderbehandlung zu beenden. So hat bereits die Cottbusser SPD-Landtagsabgeordnete Kerstin Kircheis für ein Ende des Hauptstadtvertrags plädiert. Als Kritiker gilt auch der einflussreiche finanzpolitische Sprecher und parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion Mike Bischoff aus der Uckermark. Zur Ablehnung in den zentrumsfernen Regionen Brandenburgs haben offensichtlich auch jüngste Meldungen aus dem Potsdamer Rathaus beigetragen. So wurde bekannt, dass Potsdam im Jahr 2008 ein Plus von knapp 30 Millionen Euro erwirtschaftete. Dies hatte Finanzbeigeordneter Burkhard Exner (SPD) anhand vorläufiger Bilanzzahlen bestätigt. Dank des Millionen-Plus will die Landeshauptstadt für 2011 sogar einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen; bisher hatte Potsdam immer mehr Ausgaben als Einnahmen planen müssen.

Die Nachricht vom Millionen-Plus war aus Sicht der Stadt zur politischen Unzeit bekannt geworden: Tags zuvor hatte sich Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) öffentlich für eine bessere Finanzierung der kreisfreien Städte eingesetzt und beklagt, dass auch Potsdam in Finanznot sei. Nachdem plötzlichen Millionen-Fund erschien dies unseriös – auch wenn das 29-Millionen-Euro-Plus vor allem durch viele einmalige Finanz-Effekte zustande kam.

Entsprechend kleinlaut gibt Potsdam sich derzeit in den Verhandlungen zum Hauptstadtvertrag. „Wir hoffen, dass die Mittel weiter in voller Höhe fließen“, so Sprecher Schulz. Dies sei auch wichtig, um begonnene „Zukunftsvorhaben“ fortzusetzen. Mit den Hauptstadt-Millionen wurden bisher etwa der Theaterneubau an der Schiffbauergasse, die Freimachung des Baufelds für den Landtag am Alten Markt und die Tram- und Fußgängerbrücke neben der Langen Brücke bezahlt. Auch in die laufende Sanierung des Alten Rathaus und der Stadt- und Landesbibliothek fließen die Gelder.

Im Infrastrukturministerium hieß es, die Entscheidung werde frühestens im März fallen. Dann rechne man mit belastbaren Aussagen zu den Einsparungen im Haushalt 2012, so Sprecher Schade. Die Rahmendaten sind klar: Das Land muss 250 Millionen Euro sparen. Und das Infrastrukturministerium gehört nicht zu den Ressorts, die dabei geschont werden.

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