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Sicht auf den Iran: Studenten der Potsdamer HFF drehten gemeinsam mit iranischen Kommilitonen Filme

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Deutsche und Iraner sind sich sehr ähnlich. Sie lachen über die gleichen Dinge und werden an den gleichen Stellen melancholisch. Das zumindest ist die Erfahrung von Klaus Stanjek, Regieprofessor an der Filmhochschule (HFF). Und der iranische Film sei in der Branche anerkannt. Da müsste es doch für einen deutschen Filmemacher naheliegend sein, den Iran ganz oben auf seiner Liste für Partner eines internationalen Kooperationsprojekts zu haben. Natürlich ist es das nicht. Zu groß ist hierzulande das Misstrauen gegenüber einem Land, von dem die meisten kaum mehr wissen, als dass dort Islamisten herrschen, die angeblich Atommacht werden wollen.

Trotzdem oder gerade auch weil das so ist, hat Stanjek ein Projekt mit dem Titel „Orient und Okzident im Perspektivenwechsel“ initiert, für das Studenten der Babelsberger Hochschule nach Theheran gereist sind, um mit iranischen Kommilitonen von der Filmabteilung der Soureh University Teheran kurze Dokumentar- und Spielfilme im Iran zu drehen. Er habe die Studenten mit der Wirklichkeit konfrontieren wollen. Das große Thema sei heute nicht mehr der Kalte Krieg sondern der Konflikt zwischen der säkularisierten und der religiös-islamischen Welt. Und für letztere ist der Iran momentan das Aushängeschild.

Bei Stanjek musste die Idee erst reifen, ein Projekt im Iran zu verwirklichen. Im Herbst 2001 war er zu einem Festival nach Theheran gereist, bei dem 15 Filme der HFF gezeigt wurden. Niemand habe hinfahren wollen, er habe sich schließlich bereit erklärt. Kontakte entstanden. Auch schon zum jetzigen Partner, der Soureh University. Im Oktober 2005 habe er dann begonnen, seine Idee in die Tat umzusetzen. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), der ZDF Dokukanal und ein Kulturzentrum für islamische Entwicklung (Hozeh Honari) konnten als Sponsoren gewonnen werden. Exposés mit Filmideen wurden angefordert und gesichtet. Anders als auf iranischer Seite war der Andrang von deutschen Studenten bei dem freiwilligen Projekt nicht groß. Mehrere Ideen mussten abgelehnt werden, weil sie im Iran nicht umsetzbar waren, etwa eine Geschichte über ein lesbisches Paar. Die fertigen Filme sollten aber auch im Iran zu zeigen sein. Je vier Exposés wurden schließlich ausgewählt und im Juni 2006 reisten zwölf Studenten aus Babelsberg für ein fünfeinhalbwöchiges Abenteuer nach Teheran (PNN berichteten).

Dass das Wort „Abenteuer“ nur eine romantische Bezeichnung für „Problem“ ist, sollten sie schnell erfahren. An der Grenze wurde die vorher verschickte Technik beschlagnahmt und für zwei Wochen im Zoll festgehalten. Erst nachdem die Theheraner Partneruniversität den eineinhalbfachen Geldwert als Scheck hinterlegt und vor Ort Kontakte geknüpft hatte, wurden die Geräte herausgegeben.

„Teehaus“, der schönste der entstandenen Filme, hätte fast nicht realisiert werden können, weil das Teehaus, von dem er dokumentarisch erzählt, inzwischen geschlossen ist. Doch es gelang, das Haus eigens für den Film noch einmal zu öffnen. Ein anderer Film musste nach zwei Drehtagen abgebrochen werden, weil sich das Filmteam nicht an Absprachen gehalten und so das ganze Projekt gefährdet hatte. Auch die große Hitze machte den Studenten zu schaffen. Doppelt so heiß wie in Deutschland sei es gewesen, das zu dieser Zeit beim „Sommermärchen“ der WM schwitzte. Und außerhalb ihres Quartiers, das sich im der Botschaft angegliederten Deutschen Archäologischen Institut und somit auf „deutschem Boden“ befand, durften sich auch die deutschen Studentinnen nicht ohne Kopftuch bewegen.

Die Filme sind trotz aller Schwierigkeiten entstanden. Sieben an der Zahl, jeweils 15 Minuten lang, alle in gemischten Teams produziert. Natürlich sorgte das für Verständigungsprobleme, nicht nur auf sprachlicher Ebene. Verständnisprobleme hat leider auch der deutsche Zuschauer bei manchen Filmszenen. Ein Beispiel: Im Film „Vali Asr“ ist zunächst ein Mann zu sehen, dann ein Buch, dann wieder ein Mann und dann ein Schlagstock. Man kann jedoch weder den zweiten Mann als Polizisten identifizieren, noch das Buch als Kommunistisches Manifest, das im Iran verboten ist. Die Anspielung verpufft. Im Iran macht sie den Film hingegen heikel.

Als noch heikler gilt der Film „Frauenbilder“, der ein dokumentarisches Stimmungsbild unter Frauen am Teheraner Hauptbahnhof einfängt und laut Stanjek in seiner jetzigen Form bereits entschärft ist. Auf einem gerade in Teheran stattfindenden internationalen Filmfestival feiern die Filme heute ihre iranische Premiere. Immerhin. Ob sie nun wirklich heikel sind, muss sich erst zeigen. Auf der deutschen Teampremiere im Berliner Kino Babylon kamen die Filme beim Publikum gut an. Leider konnte zu dieser Veranstaltung aus Kostengründen keiner der iranischen Regisseure anreisen. Dafür sollen noch in diesem Jahr iranische Filmstudenten nach Deutschland kommen, um gemeinsam mit deutschen Kommilitonen Filme in Brandenburg zu drehen.

„ZDF Doku“ strahlt in der Zeit vom 1. bis 9. März jeweils um 21 Uhr je einen der Filme aus.

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