
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Heißer Draht ins Rathaus
Wo landen die Stimmen der Potsdamer nach der Wahl? Die PNN warfen einen Blick hinter die Kulissen des zentralen Wahlbüros
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Es klingt nach einem Geheimcode, den die Beamtin im Wahlbüro Potsdam da entgegennimmt: „F4: 87. F5: 102. F6.“ Aber es handelt sich um die Schnellmeldung eines Potsdamer Wahllokals. In den Fluren des Stadthauses, die um diese Zeit normalerweise verwaist sind, herrscht am Sonntagabend konzentrierte Betriebsamkeit: Zu zweit oder einzeln sitzen zehn Damen und Herren unruhig an ihren Telefonen und warten auf die Anrufe aus den insgesamt 120 Wahlbüros. „Die Telefone sind so geschaltet, dass zehn Anrufer parallel bearbeitet werden können“, erklärt Potsdams Wahlleiter Matthias Förster: „Am meisten zu tun haben wir etwa zwischen halb neun und neun Uhr.“
Hinter den kryptischen Abkürzungen verbergen sich die Parteien: F4 etwa steht für die FDP, F5 für die Grünen. Wenn um 18 Uhr die Wahllokale geschlossen werden, beginnt für die Wahlhelfer vor Ort der schwerste Teil: Das Auszählen. Dazu wird das Wahllokal kurz nach der Schließung wieder geöffnet, damit die Öffentlichkeit – also interessierte Bürger – sehen kann, wie die Siegel der Wahlurnen gebrochen und die Stimmzettel ausgeschüttet werden. Dann werden sie in vier Stapel aufgeteilt und gezählt.
Die Stimmen werden in die sogenannte Schnellmeldung eingetragen. „Dann ruft der Wahlvorsteher bei uns an und gibt die Zahlen durch,“ sagt Förster: „Zuerst kommen natürlich die kleinsten Wahlbezirke, aber es gibt auch ein paar Pfiffige, die sich sehr früh melden, obwohl sie einen großen Bezirk haben.“ Rund 128 000 Stimmen müssen auf diese Weise erfasst und in den Computer eingegeben werden. Jede Mitarbeiterin wiederholt die Zahlen am Telefon noch einmal laut, damit es keine Missverständnisse gibt. „Wir arbeiten mit zwei doppelten Böden, damit nichts verloren geht“, scherzt Förster: „Von den Ergebnissen werden Backups gemacht und wir haben auch einen Akku-betriebenen Laptop, falls der Strom ausfällt.“ Notfalls könne man die Ergebnisse auch per Fax weitergeben.
Ist die Schnellmeldung gemacht, packt der Wahlvorsteher alle Stimmzettel, das Wählerverzeichnis und die Niederschriften in einen großen Koffer und fährt damit zum Stadthaus. Wer kein Auto hat, erhält einen Fahrdienst. „Unten im Stadthaus nimmt dann ein kleiner Trupp die Koffer entgegen, die gültigen Stimmzettel werden für mögliche Nachzählungen knapp vier Jahre lang eingeschweißt und gelagert, die ungültigen kommen in vier spezielle Tonnen und werden der sicheren Vernichtung zugeführt“, erläutert Förster. Nach einer schnellen Prüfung, ob die Niederschriften in Ordnung sind und niemand mit Bleistift unterschrieben hat, kann der Wahlvorsteher nach Hause.
Für die Mitarbeiter der Stadt ist erst Schluss, wenn alle Koffer angekommen sind. Die Stimmen werden derweil per Computer an den Landeswahlleiter weitergeleitet.
Neben den Beamten an den Telefonen stehen noch ein Mitarbeiter für die Überwachung der Internettechnik und einer für die Synchronisation der Anrufe bereit, ein Team von drei Damen hat einen eigenen Raum und beantwortet seit sieben Uhr früh Fragen von Wahlhelfern und Bürgern. Trotz aller Konzentration läuft hier laut ein Radio: „Wegen der Zwischenergebnisse“, verrät Förster: „Sie können sich vorstellen, wie gespannt hier alle darauf sind!“ Erik Wenk
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