Landeshauptstadt: Hinter den Kulissen von RBB und HFF
Stadtwanderung mit dem OB: Filmhochschule plant Stadtfernsehen-Magazin
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Stadtwanderung mit dem OB: Filmhochschule plant Stadtfernsehen-Magazin Es herrscht Normalzustand an der Filmhochschule (HFF) in Babelsberg am Freitagmorgen. Studenten wandern durch die Gänge, Schauspieler proben im Theatersaal, in Studio 1 sind Nachwuchsfilmemacher dabei, eine schwerelose Selbstmörderin von einem Hochhaus stürzen zu lassen, oben im Regiestudio wird die passende Kameraausrichtung dazu bestimmt. Zum Streiken haben die HFF-Studenten keinen Grund, sagt Rektor Dr. Dieter Wiedemann. Die älteste Filmhochschule Deutschlands bekommt ungefähr das gleiche Budget wie im letzten Jahr und auch der Antrag beim Land für ein digitales Ton-, Musik-, Filmmischgerät, das 600 000 Euro kostet, wurde genehmigt. Die Zahlen nennt der Rektor aus dem Effeff, während er Oberbürgermeister Jann Jakobs und seine Mitarbeiter aus der Stadtverwaltung durch den gläsernen Bau in Babelsberg führt. Anlass ist die sechsundzwanzigste Stadtwanderung des OBs. Nach der Hochschule „Konrad Wolf“ steht der RBB auf dem Programm. Bibliotheksleiterin Daniella Sarnowski relativiert die finanzielle Situation. Erst die Sonderförderung durch das Hochschulwirtschaftsprogramm (HWP) ermögliche das Mischgerät. Die Fachzeitschriften habe man 2002 zu 20 Prozent abbestellen müssen. So spezifisch wie an der HFF lernt man Filmemachen nirgendwo in Deutschland. Die Schule bildet 600 Studenten in zehn Studiengängen aus, von Animation über Kamera bis Szenografie, sagt Wiedemann. Die Bedingungen seien alles andere als kuschelig, die Studenten arbeiten wie richtige Filmemacher. Und nicht selten auch für die richtige Medienwelt. Zum Beispiel planen sie ein Stadtfernsehen-Magazin für Potsdam, das ab Herbst 2004 wöchentlich über den Äther laufen soll. Die Bibliotheksleiterin führt die Gäste an neuen Holzregalen vorbei in die öffentlich nutzbare Pressedokumentation. Eine Mitarbeiterin zieht stolz vergilbte Zeitungsartikel zu dem Billy Wilder Kultfilm „Manche mögen’s heiß“ aus einer Schublade. Seit 1960 hat die Filmhochschule 1,7 Millionen Artikel gesammelt, ab 1996 wird digital archiviert. Überhaupt hat die Schule den Wandel von analog zu digital, bis auf das noch fehlende Mischgerät, vollzogen, sagt ein mitwandernder HFF-Mitarbeiter. Aber bis der 35-Millimeter-Film ganz ausgedient habe, werde es bestimmt noch zehn Jahre dauern, die neue Technik könne der alten noch immer nicht das Wasser reichen. Bisher, erklärt er, werden analog gedrehte Filme auf Video überspielt und digital bearbeitet. Nur die auf Festivals eingeladenen Filme kommen dann wieder auf die Rolle. Allein im letzten Jahr war die HFF bei 300 Festivals weltweit dabei. Ein Aushängeschild für Potsdam freut sich der Rektor. Und auch der Oberbürgermeister. Die Gruppe steht im zehn Grad temperierten Filmarchiv. In Wand hohen Schieberegalen lagern 10 000 runde Büchsen, Kopien von Defa-Filmen und Studentenfilme. Erst richtig archivarisch aber wird es ein paar hundert Meter weiter auf dem Gelände des RBB im Deutschen Rundfunkarchiv. Hinter einer dicken Tür herrscht Winterstimmung, vier Grad Minus. Hier passiert chemisch nichts mehr, die Dokumente der DDR-Radio- und Filmgeschichte sind sicher vor Zersetzung. Einen Kellerraum weiter liegt die schwarze Mappe mit Siegel, in der man Schnitzler seine Westzeitungen ins Büro brachte. Eine Zeitreise von dem Schwarzer-Kanal-Mann entfernt fühlt sich die Gruppe im „ems“, der Schule für elektronische Medien, in einem kleinen Backsteinhaus auf der anderen Straßenseite. Die gemeinnützige Einrichtung ist eine Tochter des RBB und bildet Journalisten aus. In Hihgtechstudios, mit Hightechtechnik. Jeder der 16 Volontäre hat einen eigenen Arbeitsplatz, dazu einen schicken Laptop. Die Verwalter aus dem maroden Stadthaus schauen sich staunend um. Um die Zukunft des RBB geht es im Fernsehzentrum-Studio von „Glückwunsch-Antenne“. Vor Pinnwänden mit Bildern von Geburtstagskindern. Im März 2004 soll das neue RBB-Fernsehen über die Bildschirme laufen, 40 Prozent des Programms wird dann in Potsdam produziert, das Vorabendprogramm „Zipp“ zum Beispiel und „RBB um 6“. Sicher haben sich einige Mitarbeiter im Zuge der Fusion vom SFB untergebuttert gefühlt, sagt Verwaltungsdirektor Hagen Brandstäter. Er hat viel Literatur über Fusionen gelesen, das sei immer so. Erst Euphorie, dann Frustration, dann Pragmatismus, der die Mitarbeiter zusammenbringt – durch die Arbeit an einer Sache. Fünf Jahre dauert es, bis alles rund läuft, stand in den Büchern. Eigentlich laufe schon jetzt alles ziemlich rund. Eine Umfrage zu dem am 1. Dezember gestarteten, von einstigen ORB und SFB Mitarbeitern gemeinsam gestalteten Kulturradio habe gezeigt, zumindest das neue Radioprogramm sei gut angekommen. Marion Hartig
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