Landeshauptstadt: Historische Mühle sollte nicht mahlen
Veränderung des Konzeptes ist ein wesentlicher Grund für die Schäden und Probleme
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Veränderung des Konzeptes ist ein wesentlicher Grund für die Schäden und Probleme Von Erhart Hohenstein Sanssouci - Am Nachbau der Historischen Mühle von Sanssouci treten knapp 12 Jahre nach der Einweihung unerwartete Schäden zutage. Am Außenkrühwerk, das über ein Flügelrad die Flügel in Windrichtung dreht, hat sich der lange Balken verzogen. Die Verbindungen seien fehlerhaft augeführt worden, erklärt Geschäftsführer Torsten Rüdinger. Die fehlende Dachentwässerung führe zu Putzschäden und zur Durchfeuchtung der Bohlen auf der Besuchergalerie. Falls die Schäden nicht beseitigt werden, drohe der Mühle in einigen Jahren die Schließung. Seine Aussage, beim Bau sei „gepfuscht“ worden, wollte Rüdinger gegenüber PNN allerdings nicht aufrecht erhalten. Auch der Baudirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Dr. Alfons Schmidt, und der Geschäftsführer der Deutschen Mühlengesellschaft (DMG), Klaus Thiemann, halten diese Einschätzung für überzogen. Die DMG, die aufgrund der Vorwürfe unter seinem Präsidenten Erhard Jahn zu einer Vorstandssitzung zusammentrat, hatte seinerzeit über die Nordrhein-Westfalen-Stiftung 100 000 DM aufgebracht, das Land Brandenburg 500 000 und die Schlösserstiftung 78 000 DM. Als Eigentümer und damit Bauherr hatte die Stiftung den Wiederaufbau der DMG übertragen, die damit den Mühlenbauhof des Kreises Minden-Lübecke beauftragte. Die Arbeiten führte die Mühlenbaufirma Möller aus Raden aus. Zum Knackpunkt wird, wer die Aufträge erteilt, wer die Baufirma kontrolliert und ob überhaupt eine ordnungsgemäße Bauabnahme stattgefunden hat. Dazu hat die Mühlengesellschaft laut Klaus Thiemann jetzt Nachforschungen eingeleitet, um Licht ins Dunkel zu bringen. Stiftungs-Baudirektor Schmidt, der damals noch nicht im Amt war, sprach PNN gegenüber von einer „diffusen Lage“, Rüdinger will beim Bauordnungsamt Einsicht in die Akten nehmen, da die Unterlagen in der Stiftungs-Bauabteilung „ungeordnet“ seien. Als Vorstandsmitglied der Mühlenvereinigung Berlin-Brandenburg, der von der Mühlengesellschaft die Nutzung des Bauwerks übertragen worden war, beklagt Rüdinger, dass noch immer keine Betreibervereinbarung mit der Stiftung geschlosssen werden konnte. Dem hält deren Verwaltungschef Dr. Heinz Berg entgegen, dass eine solche Vereinbarung seit 2004 „unterschriftsreif“ vorliege. Dies sei keineswegs so, kontert der Müller von Sanssouci. In dem Entwurf werde die Historische Mühle unzureichend in das Marketing der Stiftung eingebunden. Es gebe keine Aussage, wie die Aktivitäten des auf dem Gelände geplanten Besucherzentrums mit der Mühle abgestimmt werden sollen, und auch die Verantwortung für die Bauunterhaltung und -instandsetzung sei nicht klar geregelt. Wie meist in solchen Fällen steht die Frage im Hintergrund, wer die auf 30 000 Euro geschätzten Reparaturkosten übernehmen soll. Baudirektor Schmidt bekräftigte gegenüber PNN, dass die Stiftung das Außenkrühwerk zur Technik zählt, für die die Mühlenvereinigung zuständig sei. Die wiederum rechnet es zum Außenbau. Zur Dachentwässerung und zur Galerie erklärte Dr. Schmidt, das Bauwerk sei 1992/93 dem Originalzustand entsprechend denkmalgerecht wiedererrichtet worden. Dieses Konzept sehe aber nicht vor, dass die Galerie von Besuchern betreten werde. Dies sei den Müllern vorbehalten gewesen. DMG-Geschäftfsführer Thiemann ergänzte, dass das ursprüngliche Konzept nur eine Schaumühle vorsah, die nicht in Betrieb gesetzt werden sollte. Die Entwicklung hin zu einer „Mahlmühle“ sei ein wesentlicher Grund für die jetzigen Schwierigkeiten. Baudirektor Schmidt geht davon aus, dass die Mühlenvereingung mit ihrem Anteil an der Erhaltung der Mühle finanziell überfordert ist. Deshalb versuche sie, der Stiftung zusätzliche Kosten aufzubürden. Der Mühle könne jedoch kein Vorrang gegenüber den anderen etwa 300 Baudenkmalen eingeräumt werden, von denen die Mehrheit ebenfalls sanierungs- oder reparaturbedürftig sei. Trotz der Meinungsverschiedenheiten sieht Torsten Rüdiger keine verhärteten Fronten zur Stiftung. So habe die Bauabteilung erst kürzlich Putzschäden an der Mühle beseitigt. Die Erneuerung der Ausstellungen läuft zügig weiter. Zur Saisoneröffnung sollen sich die Besucher in den unteren Geschossen über Mühlen in der Kulturlandschaft, Mühlentechnik, unter dem Titel „Mensch Müller“ über das Müllerleben und über Mühlen in Literatur und Kunst informieren können. Für das zweite und dritte Obergeschoss sind Expositionen zur Detailgeschichte der Historischen Mühle von Sanssouci und zum Thema „Mühlen heute“ vorgesehen. Ihre Eröffnung sei aber wahrscheinlich erst zur Saison 2006 möglich, kündigte Rüdinger an.
Erhart Hohenstein
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