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30 Potsdamer Chosen: Hobby: Schriftstellerei

Kreatives Schreiben ist populär geworden: Eine Autorengruppe gibt jetzt ein Buch mit Texten über Potsdam heraus

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Das Blumenmädchen aus dem Marlygarten hat es auf das Buchcover geschafft. Denn die Potsdamerin Sabine Blume entdeckte diese historische Skulptur für sich und hat sogar eine Geschichte darüber geschrieben, eine Betrachtung, ein imaginäres Zwiegespräch mit dieser „Flora“ im Park Sanssouci. Sabine Blumes kleine Geschichte findet sich nun in dem ersten Buch, das die Gruppe Kreatives Schreiben herausgegeben hat. Am gestrigen Mittwoch wurde „30 Potsdamer Chosen“, erhältlich ab sofort im Buchhandel, bei einer kleinen Lesung vorgestellt.

Fast durchgängig haben die Texte etwas mit Potsdam zu tun. Weil an diesem Thema jeder Teilnehmer gedanklich gut andocken konnte. Und weil es hoffentlich viele Leser anlockt. Denn natürlich schreibe man zwar zunächst für sich selbst, aber eben nicht ausschließlich, sagt Beate Fischer, die die Schreibgruppe seit 2011 betreut.

Zweimal im Monat treffen sich die Hobby-Autoren im Selbsthilfe-, Kontakt- und Informationszentrum in der Elflein-Straße (Sekiz). Beate Fischer, Soziologin und Lektorin, sieht sich dabei weniger als Leitern, sondern als Anleiterin, sagt sie. Denn auch wenn man das Schreiben erlernen kann, weil es durchaus handwerkliche Züge trägt, sei das doch etwas sehr Persönliches. „Es gibt kein Richtig oder Falsch wie früher bei einem Schulaufsatz“, sagt sie. Nein, hier ist alles erlaubt. Wichtig ist, dass sich theoretische Kenntnisse über Romanaufbau, Dialoggestaltung und Versformen mit Leidenschaft und Motivation ergänzen. Dann klappts auch mit dem Schreiben.

Das kreative Schreiben stammt aus den USA, erklärt Fischer. Dort gehören solche Kurse seit den 1960er-Jahren an jede Uni. Zunehmend schwappte es nach Europa und wird nun immer populärer. Die Teilnehmer machen dabei häufig die Erfahrung, dass sie mehr können, als sie sich selbst zugetraut haben.

Die Potsdamer Gruppe gibt es seit 2007, die meisten sind von Anfang an dabei, neue dennoch gern gesehen. Vor allem Männer. Denen falle es vermutlich schwerer als Frauen, Emotionen zu entdecken und in Sprache zu verpacken, sagt Soziologin Fischer. Und das, obwohl die meisten Bestseller der Weltliteratur von Männern stammen.

Unter den Schreibenden im Sekiz ist Klaus Andreas bisher der einzige Mann. Er schreibt witzige, spannende Geschichten und lyrische Gedichte. „Ich komme beruflich aus der Baubranche, hatte mit Sand- und Kiesgewinnung zu tun“, erzählt er. Als er Rentner wurde, brauchte er ein Hobby. Damals war er bereits Lesepate in einer Grundschule und es lag nahe, endlich auch selbst etwas zu produzieren.

Liest man die Texte von Antje Sommerfeld, geboren 1941, Kinderkrankenschwester und Personalfachfrau, scheint es, als schreibe sie aus einem ganz anderen Bedürfnis heraus. Sie verarbeitet Kindheitserinnerungen, so in der Geschichte „Nur eine Kugel“ über das erste Eis in einem Nachkriegssommer, für das die Kinder in der Babelsberger Karl-Liebknecht-Straße lange anstehen. Ende der 1950er ging Sommerfelds Familie nach Westdeutschland. Doch die Sehnsucht nach dem Kindheitsort Babelsberg blieb und findet sich im Gedicht „Kennst du den Ort?“ wieder: „Häuser klein/ wie Puppenstuben drinnen/ zu hören ist der Atem ...“

Brigitta Schmidt schreibt dagegen über „ihr“ Waldstadt II. Sie gehörte 1979 zu den ersten Mietern in dem neu entstehenden Wohngebiet in Potsdam. „Noch war alles Bauland. Ich zog in die Robert-Neddermeyer-Straße. Der Blick vom Balkon ging auf einen Garagenkomplex hinaus, auf Kiefern und viel Grün. Das Nötigste konnte man in einer Behelfsbaracke einkaufen. Für alles andere musste man die Heinrich-Mann-Allee überqueren.“ Ein Stück Stadtgeschichte. Und am Ende eine persönliche Erkenntnis: Dass ihr kürzlich der Abschied aus ihrer „geliebten Waldstadt“ gar nicht so schwer fiel.

Die Autoren und Beate Fischer hoffen, dass sich viele Potsdamer in den Texten wiederfinden. Auch neue Aspekte werden in dem Büchlein angesprochen: Antje Sommerfeld fragt sich in einem Gedicht, was sie von dem neuen Landtagsgebäude halten soll. Und Hilke Brinker verfolgt in „Eine Narzisse (betriebswirtschaftlich)“ den Weg eines Blumentopfs, „1,99 EUR bei Kaisers in der Brandenburger Straße“, von Holland nach Potsdam.

Kontakt zum Kurs unter: www.sekiz.de

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