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TRADITIONELLE SCHOTTISCHE WETTKÄMPFE: Hochlandspiele am Spreeufer
In Fürstenwalde haben sich Sportler in Schottenröcken bei den 1. Brandenburger „Highland Games“ gemessen
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Die „Highland Games“ (Hochlandspiele) sind traditionelle Wettkämpfe aus der Zeit der keltischen Könige in Schottland. Die verschiedenen Clans trafen sich, um friedlich-sportlich die schnellsten und stärksten Männer Schottlands zu finden. Die Besten von ihnen wurden dann Leibwächter oder Boten am Königshof.
In Anlehnung daran wird der schottische Sport auch heute nur mit schwergewichtigen Naturgeräten betrieben: Neben Baumstämmen (rund 50 Kilogramm) gehören Steine (bis zu 150 Kilogramm) und Eisenkugeln (25 Kilogramm) dazu. Zwischen Mai und September gibt es alljährlich rund 100 dieser Wettkämpfe in Schottland. Die etwa 30 Disziplinen und die besten Techniken wurden von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Inzwischen werden „Highland Games“ weltweit ausgetragen, es gibt sogar Weltmeisterschaften. Auch im deutschsprachigen Raum findet der Kampfsport immer mehr Freunde. Viele Clans veranstalten einmal im Jahr eigene „Highland Games“, zu denen befreundete Vereine anreisen. ddp
Fürstenwalde - Als alle Baumstämme geworfen und sämtlich Steine getragen sind, zeigte sich Hans-Dieter Dorow zufrieden mit seinen Jungs. „Dafür, dass die das zum ersten Mal machen und gar keine Kraftsportler sind, war das ganz ordentlich“, sagte der Chef der „Stone Walker“ aus Fürstenwalde. Das Lob von dem muskelbepackten Mann hat sich die fünfköpfige Truppe hart erkämpft. In ihrer Heimatstadt gewannen die Fürstenwalder den Mannschaftswettbewerb bei den 1. Brandenburger „Highland Games“ am vergangenen Wochenende. Diese Sportart stammt ursprünglich aus Schottland, findet aber auf dem Kontinent immer mehr Anhänger. In den Disziplinen Hammer- und Baumstammwerfen, Huckepacktragen und Strohsackhochwurf setzten sich die „Stone Walker“ gegen sechs Teams aus Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen durch.
„Muskeln sind gerade bei den Highlands nicht alles. Gefragt ist eine Kombination aus Kraft und der richtigen Technik“, erläuterte Dorow den Umstand, dass seine eher schächtigen Amateure schnell den richtigen Dreh mit den 5,20 langen Baumstämmen und 120 Kilogramm schweren Betonsteinen gefunden hatten. „Gerade bei den Sachen, bei denen man Schnellkraft braucht, sind diese Jungs sogar im Vorteil“, sagte der Mitinitiator der Veranstaltung. Erstaunt angesichts des Überraschungssieges der Lokalmatadoren zeigten sich auch viele der etwa 1500 Zuschauer, die das sportlich-volkstümliche Spektakel bei sonnigem Wetter an beiden Tagen auf den Spreewiesen verfolgten. Viele hatten offenbar eine reine Muskelschau erwartet und mussten mit einiger Verwunderung feststellen, dass nicht nur Kerle in Kleiderschrankgrößen die meterlange Baumstämme schleudern und zentnerschweren Steine wuchten konnten. „Das hätte ich denen gar nicht zugetraut. Die sahen doch eher harmlos aus“, zeigte sich eine Zuschauerin beeindruckt von den drahtigen „Stone Walkern“ in ihren Schottenröcken. Tatsächlich ist der Sport aus dem schottischen Hochland ursprünglich ein Sport von und für die Massen.
Der Überlieferung zufolge haben sich die Übungen im Laufe der Jahrhunderte aus der tagtäglichen Praxis der Highlander herausgebildet. So soll die Königsdisziplin ''Tossing the Caber'', der Baumstammwurf, seinen Ursprung darin haben, dass sich die Highländer auf diese Weise den Abtransport frisch gefällter Bäume von den Bergen erleichterten. Andere Disziplinen wiederum haben einen kriegerischen Hintergrund. So etwa der Strohsackwurf, der mit einer Forke ausgeführt wird. In früheren Zeiten wurden die Säcke als fliegende Fackeln eingesetzt, die über die Befestigungsmauern hinweg in die Behausungen des jeweils angegriffenen Clans katapultiert wurden.
Von gewalttätigen Auseinandersetzungen untereinander sind die Clans bei ihren Wettstreits heutzutage jedoch weit entfernt, versicherte Jürgen Stickelbrock, der seit sieben Jahren im gesamten Bundesgebiet „Highland Games“ organisiert und die erste Veranstaltung in Fürstenwalde moderierte. „Die Sportler verstehen sich untereinander hervorragend und die Wettkämpfe sind immer wieder eine willkommene Möglichkeit, sich auszutauschen“, sagt Stickelbrock über das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den rund 3000 deutschen Hochlandsportlern.
Nach der märkischen Premiere will Stickelbrock die Veranstaltung in Fürstenwalde mit der Nähe zu Berlin künftig regelmäßig durchführen. Sicher wäre den Fürstenwaldern bei einer Neuauflage jedenfalls die Teilnahme der Teams Sachsen und Sachsen-Anhalt, den bisherigen Hochburgen des Schottensports in Ostdeutschland. Ein Wettkämpfer von den Niederpölnaer Dudelsäcken sagt: „Bisher mussten wir immer rüber in den Westen fahren, um uns zu messen. Jetzt, wo wir ernste Konkurrenz in unserer Nähe haben, kommen wir öfter nach Brandenburg.“
Michael Klug
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