Landeshauptstadt: Höhere Grundsteuer – keine Sportpauschale
Haushaltsentwurf 2004 gestern vorgestellt/Strukturelle Defizit: 29,8 Millionen Euro
Stand:
Haushaltsentwurf 2004 gestern vorgestellt/Strukturelle Defizit: 29,8 Millionen Euro Von Detlef Gottschling Die „Schallmauer“ beim strukturellen Defizit der Stadt Potsdam liegt bei 30 Millionen Euro. Das sagte Finanzbeigeordneter Burkhard Exner – und legte gestern den Entwurf der Haushaltssatzung mit Haushaltsplan einschließlich Haushaltssicherungskonzept (HSK) für das laufende Jahr 2004 vor. Gelandet sei man nun bei einem Minus von 29,8 Millionen Euro. Mehr, so Exner werde die Kommunalaufsicht beim brandenburgischen Innenministerium nicht genehmigen. „Dann brauchen wir den Entwurf gar nicht erst hinzuschicken.“ Das sei auch das Signal an die Stadtverordneten, die den Plan vor der Prüfung durch das Land beschließen müssten. Dass in Potsdam ein ausgeglichener Haushalt nicht möglich sei, das wisse man im Ministerium, doch die Stadt müsse das Bemühen zeigen, unter 30 Millionen Euro Minus zu bleiben. So soll von vorn herein mit einer nur 95-prozentigen Freigabe im Verwaltungshaushalt gestartet werden. Die Freigabe der restlichen fünf Prozent können nur die Stadtverordneten für pflichtige Ausgaben beschließen. Freiwillige Leistungen können nur dann freigegeben werden, wenn das strukturelle Defizit im Jahresergebnis den Höchstbetrag von 28,32 Millionen Euro nicht überschreitet – ein höherer Einzel-Betrag als 1,39 Millionen Euro darf dies nicht sein. Weniger Schlüsselzuweisungen Im vergangenen Jahr hatte man sich 22,4 Millionen Euro Defizit vorgenommen, dann zeichnete sich ab, dass man bei 35 bis 37 Millionen Euro Minus landen könnte. So zog Exner die Notbremse, zusammen elf Prozent Haushaltssperre führten zu Kürzungen. Man sei aber nun optimistisch, das man mit diesem Mittel bei 25 Millionen Euro für das Jahr 2003 landen werde, so Exner. Die Sorgen in diesem Jahr haben verschiedene Gründe. so der Beigeordnete. Zum einen bekäme die Stadt 10,7 Millionen Euro weniger Schlüsselzuweisungen, zudem rechne man mit einem Rückgang bei der Einkommenssteuer um 4,6 Millionen Euro. Dafür müsse man bei der Sozialhilfe eine Ausgabensteigerung um sieben bis acht Millionen Euro kalkulieren. Exner räumte aber ein, dass man beim ersten Überschlag für 2004 ein Minus von immerhin 47 Millionen Euro auf dem Papier hatte, nach der ersten Klausur waren es zehn Millionen weniger und jetzt sei man endlich bei der Zielmarke – unter 30 Millionen – angelangt. Geplant sind im Verwaltungshaushalt Einnahmen von 307 086 600 Euro, dagegen stehen Ausgaben in Höhe von 349 903 500 Euro. Im Vermögenshaushalt der Stadt hat man sich vorgenommen, 93 937 900 Euro einzunehmen und auch auszugeben. Eingemeindung finanzieller Flop Damit liege Potsdam im Land Brandenburg noch ganz gut im Rennen. Nach PNN-Informationen droht allein Brandenburg an der Havel ein Defizit von 100 Millionen Euro, in Frankfurt (Oder) müsse man mit 50 Millionen und in Cottbus mit 80 Millionen Euro rechnen. Burkhard Exner sagte zu diesen Angaben: „Wenn das so ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass die eine Genehmigung bekommen.“ Potsdam dürfe das nicht passieren, ansonsten könne man nur noch pflichtige Leistungen bezahlen und müsse sich mit einer vorläufigen Haushaltsführung begnügen. Von den Stadtverordneten beschlossen werden – so der Wunsch im Rathaus – sollte der Haushalt im April, spätestens im Mai. Die Einbringung in die Stadtverordnetenversammlung erfolgt am 3. März. Zumindest auf der finanziellen Seite hat sich die Eingemeindung von sieben neuen Ortsteilen am 26. Oktober 2003 als Flop erwiesen. „Dafür könnten die neuen Ortsteile nichts“, so Exner. Aber in der gewachsenen Landeshauptstadt – in der nun rund 12 000 Menschen mehr wohnen – stünde pro Einwohner elf Prozent weniger allgemeine Mittel zur Verfügung. Ende vergangenen Jahres habe man 143 246 Einwohner gezählt. Noch 2002 hätten für jeden Potsdamer 1052,49 Euro „Überdeckung“ zu Buche gestanden, jetzt seien es nur noch 936,29 Euro: ein Rückgang um 116,20 Euro. Ausgaben und Einnahmen Die Diskrepanzen zwischen Einnahmen und Ausgaben liegen im Verwaltungshaushalt: So nimmt die Allgemeine Verwaltung in diesem Jahr 7,9 Millionen Euro ein, gibt aber 27,5 Millionen Euro aus. Bei der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist das Verhältnis nicht ganz so prägnant: Hier stehen 11 Millionen Euro Einnahmen insgesamt 22 Millionen Euro Ausgaben gegenüber. Deutlich ist es bei den Schulen, wo 2,1 Millionen Euro eingenommen und 13,1 Millionen Euro ausgegeben werden. Wissenschaft, Forschung und Kulturpflege „schlucken“ 23 Millionen Euro und steuern nur 8,9 Millionen bei. Für die Soziale Sicherung müssen immerhin 112,3 Millionen Euro ausgegeben werden, ganze 39 Millionen kommen zurück. Im Bereich Gesundheit, Sport und Erholung stehen 3,7 Millionen Euro Einnahmen 14,7 Millionen Euro Ausgaben gegenüber, bei Bau, Wohnungswesen und Verkehr 9,9 gegen 31,5. Günstiger gestaltet sich das Verhältnis bei öffentlichen Einrichtungen und der Wirtschaftsförderung: Hier will man immerhin 41,4 Millionen Euro einnehmen und 45,8 Millionen ausgeben. Ähnlich ist es bei wirtschaftlichen Betätigungen, die nach ihren öffentlichen Zwecken nicht anderen Aufgabenbereichen zuzuordnen sind, wie die Stadtwerke und der Öffentliche Personennahverkehr. Hier sollen 29,1 Millionen Einnahmen gegen 31,8 Millionen Euro Ausgaben stehen. Schließlich kommt noch ein großer Einnahmeposten von 153,8 Millionen Euro dazu, der Ausgaben von 27,9 Millionen Euro – das ist die Planung in der allgemeinen Finanzwirtschaft mit Steuern, Zuweisungen und Umlagen. Weniger Einkommenssteuer Das Phänomen, dass in Potsdam die Einkommenssteuer zurück geht, kann sich Finanzbeigeordneter Exner auf drei Wegen erklären: Bei eigentlicher guter Einkommensstruktur in der Stadt warte man immer noch auf den Konjunkturmotor. Zwar gäbe es aus der Richtung der Kammern erste Zeichen, doch sei dies noch nicht der Aufschwung. Zum Zweiten würden vermehrt Abschreibungsmodelle genutzt. Und drittens zähle lange nicht alles, was in der Stadt verdient werde, auch zum Potsdamer Finanzamt. Grundsteuer-Hebesatz: 500 Mit dem Haushaltsentwurf ist gestern ebenfalls das Haushaltssicherungskonzept (HSK) ausgegeben worden. Burkhard Exner: „Potsdam hat keine Rücklagen, und weil wir keine ordentliche Haushaltsführung nachweisen können, bekommen wir auch keine Kredite. Aus dem selben Grund ist das HSK für uns Pflicht.“ Einen Befreiungsschlag könne man mit dem vorliegenden Plan aber nicht versprechen. Insgesamt will man auf 47 Positionen in den kommenden fünf Jahren auf diesem Wege rund 130 Millionen Euro hereinholen. Das neue HSK soll die Grundlage für die Konsolidierung des Potsdamer Haushalts bis zum Jahr 2010 bilden. Dazu gehöre auch die „sozial verträgliche“ Erhöhung der Grundsteuer B vom Hebesatz 480 auf 500 Punkte. Exner führte zum Vergleich an, dass das benachbarte Berlin bei 600 liege. Damit verspreche man sich im Jahr zusätzliche Einnahmen in Höhe von 700 000 Euro. Eine Ausnahme machen dabei die neuen Ortsteile Golm mit dem Hebesatz 350, Groß Glienicke mit 350, Neu Fahrland mit 300 und Satzkorn mit 300 Punkten. Nicht angefasst werde dagegen die Gewerbesteuer, einer Senkung allerdings – eine Forderung der Fraktion Grüne/Bündnis 90 – werde man aber auch nicht folgen können. Der Hebesatz bleibe bei 450 stehen. Erhöht habe man auch die Hundesteuer: Für den ersten Hund müsse man nun statt 61,36 neu 84 Euro pro Jahr zahlen; Kampfhunde liegen bei 648 Euro. Ein zweiter Hund kostet bereits 108 Euro, jeder weitere 132 Euro. Die Stadt Potsdam verspricht sich damit ein mehr an Einnahmen von 45 000 Euro. Im vergangenen Jahr standen 405 000 Euro im Plan. Nun sollen es 450 000 Euro werden. Auch von der Potsdamer Spielbank verspricht man sich mehr: War diese mit der Spielbanken-Abgabe im vergangenen Jahr noch mit einer halben Million Euro veranschlagt, soll an Roulette-Tischen und Automaten in diesem Jahr immerhin 680 000 Euro für die Stadt abfallen. Vom Tisch ist offenbar der Gedanke der im Vorfeld heiß diskutierten Sportstättenpauschale in Höhe von 30 Euro pro Vereins-Mitglied. Statt dessen will man versuchen, auf anderem Wege jährlich 360 000 Euro einzunehmen: Gestern unterbreitete Sportbeigeordnete Gabriele Fischer den Vorschlag, künftig 5 Cent pro Quadratmeter und Stunde für kommerziell und sonstig genutzte Hallenfläche zu berechnen, 2 Cent von Nichtgemeinnützigen oder ortsfremden Vereinen zu nehmen, während die Potsdamer mit einem Cent dabei sein sollen. Letzteren, so Fischer, wolle man Vergünstigungen einräumen: 50 Prozent Rabatt für Kinder und Jugendliche in gemeinnützigen Vereinen mit mindestens der Hälfte Jugend, 30 Prozent Rabatt bei mindestens 30-Prozent-Jugendanteil. Behindertensportgruppen sollen kostenfrei in die Hallen dürfen. Auf Sportplätzen soll ein Stundensatz von maximal 60 Euro erhoben werden. Potsdamer gemeinnützige Vereine sollen bei 5 Euro pro Stunde liegen mit den gleichen Ermäßigungen wie in den Hallen. Und die „Bahnenstunde“ in den Schwimmhallen soll maximal 30 Euro kosten, während die Potsdamer bei der 50-Meter-Bahn 3,50 Euro pro Stunde und bei der 25-Meter-Bahn 2 Euro pro Stunde berappen sollen – wieder mit den selben möglichen Abschlägen. Bei den Bestattungsgebühren werde sich nichts ändern, so Exner. Doch beim Parken wolle man mehr einnehmen. Dies werde auch über räumliche und zeitliche Erweiterungen angestrebt. Die so genannte „Brötchentaste“ an den Parkscheinautomaten, die billiges oder kostenfreies Kurzparken erlaube, sei zwar vorstellbar. Doch müsse dies an anderer Stelle wieder hereingeholt werden. Die Kita-Gebühren wolle man nicht erhöhen. Jedoch werde die Stadt pro Platz weniger an die freien Träger zuschießen. Für den Ausgleich müssten die Träger dann sorgen. Die Kultur-Bezuschussung wolle man deckeln und zwar auf der Grundlage der vorgeschlagenen Drei-Jahres-Verträge. Ziel sei, vertraglich geregelt in zwei Schritten die Förderung abzusenken. Am Beispiel der Kammerakademie bedeute dies, von einst 780 000 Euro im Jahr 2003 nun in 2004 bei 730 000 Euro zu landen, in 2005 und 2006 schließlich bei 680 000 Euro. Beim Hans Otto Theater wolle man den städtischen Zuschuss in diesem Jahr um 453 900 Euro kürzen, und in den kommenden Jahren bis 2007 um jeweils 753 900 Euro. Theaterbau sowie Betrieb der neuen Spielstätte an der Schiffbauergasse seien nicht gefährdet, so Exner. Sorgen machten auch der Bereich Volkshochschule, Museum und Bibliotheken: „Es geht nicht mehr auf, wir brauchen tragfähige Konzepte“, so Exner. Da müssen zukünftig Fragen erlaubt sein, ob alle Bibliothek-Zweigstellen jeden Tag geöffnet sein müssen. Auch will man die Villa Grenzenlos in Babelsberg aus der Volkshochschule (VHS) ausgliedern und über einen Förderverein laufen lassen. Das Grundstück allerdings wolle man nicht veräußern. Bisher bekam die VHS jährlich 520 000 Euro – das Ziel seien aber 290 000 Euro. Die Schwimmhallen sollen an die Stadtwerke gegeben werden, mit dem Ziel, dort jährlich 150 000 Euro einzusparen. Die Stadtwerke, so Exner, könnten allein über Wasser und Strom günstiger arbeiten. Endgültige Aussagen zu derartigen Eigenbetrieben wolle man aber erst nach Auswertung der laufenden Portfolioanalyse zu den städtischen Beteiligungen treffen. Das kommunale Begrüßungsgeld für Studenten soll ebenfalls gekürzt werden. Von einst 165 000 Euro jährlich, die noch im vergangenen Jahr zur Verfügung standen, will man künftig auf 125 000 Euro absenken.
Detlef Gottschling
- Brandenburg
- Jugend
- Kunst in Berlin
- Musik in Potsdam
- Schule
- Schule und Kita in Potsdam
- Theater in Potsdam
- Werder (Havel)
- Wohnen in Berlin
- Wohnen in Potsdam
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: