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Landeshauptstadt: „Ich hätte nicht gedacht, dass du schwul bist“ Homosexuelle Polizisten aus 20 Ländern treffen sich in Berlin. Den Kongress organisiert ein Potsdamer

Berlin/Potsdam - Amsterdam, Stockholm, Barcelona, Wien, Dublin – und nun Berlin. Für Marco Klingberg ist es mehr als folgerichtig, dass ausgerechnet zum zehnten Jahrestag einer der wichtigsten schwul-lesbischen Kongresse an der Spree ausgerichtet wird: die EGPA-Konferenz 2014.

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Berlin/Potsdam - Amsterdam, Stockholm, Barcelona, Wien, Dublin – und nun Berlin. Für Marco Klingberg ist es mehr als folgerichtig, dass ausgerechnet zum zehnten Jahrestag einer der wichtigsten schwul-lesbischen Kongresse an der Spree ausgerichtet wird: die EGPA-Konferenz 2014. Die Abkürzung steht für die „European Gay Police Association“ – das ist ein Zusammenschluss von homo-, bi- und transsexuellen Polizisten aus ganz Europa. 300 Beamte aus mindestens 20 Ländern werden vom 18. bis 21. Juni erwartet, hinzu kommen Teilnehmer aus den USA, Australien und Israel. Sie alle werden in der Urania zur Situation homosexueller Polizisten in ihren Ländern konferieren und während des CSD Netzwerke knüpfen.

Klingberg, 43 Jahre, Polizeikommissar in Potsdam, ist als Vorstand des Vereins lesbischer und schwuler Polizeibediensteter Berlin-Brandenburg einer der Mitorganisatoren. Stolz schwingt mit – wenn auch unaufdringlich –, wenn er von der Vereinsarbeit erzählt und von den Konferenzen, die alle zwei Jahre in europäischen Metropolen stattfinden. Denn dass beim Treffen in Amsterdam die niederländische Königin die Teilnehmer empfing oder nun in Berlin Polizeipräsident Klaus Kandt eine Rede halten wird, wäre zu Beginn seiner Polizeilaufbahn vor mehr als 20 Jahren kaum denkbar gewesen.

Als Klingberg anfing, wusste keiner seiner Kollegen, dass er schwul ist. Doch während andere sich eine Lebenslüge aufbauten mit Scheinfreundin und Scheinaktivitäten, schien Klingberg diese psychische Belastung einfach zu groß. Schon bald erzählte er ganz ehrlich, wo er am Wochenende mit seinem Freund war. Die Reaktionen waren meist: „Das hätte ich ja gar nicht gedacht, dass du schwul bist.“ Das Bild innerhalb und außerhalb der Polizei hat sich bis heute nicht groß verändert, das ist zumindest Klingbergs Erfahrung: Polizist und schwul oder lesbisch zu sein, dass passt für viele noch immer nicht zusammen.

„Wir sind noch lange nicht da angekommen, dass schwule oder lesbische Polizeibedienstete als ganz normal akzeptiert werden“, sagt Klingberg. Gesellschaftliche Akzeptanz, das und die rechtliche Gleichstellung seien wichtige Punkte in der Vereinsarbeit. So kämpfen die Berliner Mitglieder etwa dafür, dass verpartnerte Beamte Familienzuschläge bekommen wie die verheirateten Polizisten. Aber auch noch nicht geouteten Kollegen wollen sie eine Hilfe sein, denn viele fürchten, berufliche Nachteile zu haben, nicht befördert zu werden, wenn sie ihre Homosexualität offenbaren.

Vielen Kollegen sei das alles zu viel. „Jetzt auch noch ein Kongress? Was wollt ihr denn noch alles?“, heiße es oft. Auch das ist einer von den Punkten, die Klingberg und seine Mitstreiter auf dem Kongress deutlich machen wollen: Es gehe nicht darum, überzogene Erwartungen zu stellen. Eine Beleidigung bleibe eine Beleidigung. Sie sei nicht schlimmer oder weniger schlimm, wenn das Opfer schwul oder lesbisch ist. Aber es gehe darum, korrekt zu ermitteln: „Nicht überbewerten, aber eben auch nicht wegdiskutieren.“

Besonders wichtig sei aber diesmal ein Austausch über die Lage in Osteuropa. Denn während hierzulande über die Wichtigkeit oder Unwichtigkeit eines solchen Kongresses diskutiert wird, drohen Homosexuellen etwa in Russland schlimmste Repressalien. Ein schwuler Polizist aus Russland werde an der Konferenz nicht teilnehmen können, sagt Klingenberg: „Denn der wäre erledigt, wenn das rauskommt.“ Tanja Buntrock

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