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Echter Gourmet. Jerome Gauliard, Chef vom „Jero“ in der Friedrich-Ebert-Straße.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: „Ich liebe Luxus, aber Luxus muss erreichbar bleiben“

Jérôme Gauliard brachte den Deutschen mit der Ein-Euro-Auster Genuss bei, in Potsdam startete er seine neue Feinschmeckerkette

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Innenstadt - Jérôme Gauliard hat Recht behalten. „Alle haben mir gesagt, du bist verrückt mit deinem Champagner. Champagner wirst du in Potsdam nie verkaufen“, erzählt der Chef des französischen Feinkostgeschäft und Restaurants „Jero“ in der Friedrich-Ebert-Straße. „ Wir werden sehen, habe ich gesagt.“ Das ist 18 Monate her. 12,50 Euro kostet ein Glas Champagner im Jero, das seit Mai geöffnet ist – es ist die günstigste von 40 Champagnersorten, die der Franzose im Angebot hat. „Freitag und Samstag sind die Tische voll mit Champagner“, sagt Gauliard. „Es ist ein Riesenerfolg.“

Es ist nicht das erste Mal, dass der 46-jährige Gourmet-Experte aus Frankreich den richtigen Riecher für ein gutes Geschäft hatte. Ausgebildet an einer der renommiertesten Hotelfachschulen der Welt, in Lausanne, kann der passionierte Springreiter einen gut gefüllten Lebenslauf vorweisen: Für die Karstadt Gruppe leitete Gauliard die Feinschmeckeretage im Berliner KaDeWe. Gleichzeitig führte er auch die Gourmet-Geschäfte in den Karstadt-Nobel-Dependancen, dem Alsterhaus in Hamburg und dem Oberpollinger in München. Vorher hatte der Familienvater als Geschäftsführer der Gourmet-Abteilung im Lafayette-Kaufhaus in der Berliner Friedrichstraße für Schlagzeilen gesorgt. Mit der 1-Euro-Auster brachte Gauliard den Deutschen den Luxus des Essens näher. In Potsdam hat er jetzt mit der Eröffnung des Jero den Grundstein für den Start seiner eigenen Restaurantkette und einen neuen Lebensabschnitt gelegt.

„Essen in Frankreich und Deutschland, das ist nicht das Gleiche, die Leute denken anders“, sagt Gauliard und spricht dabei mit einem liebevollen französischen Akzent. Hinter ihm türmen sich in seinem Laden teure Wurst, Pasteten, Schokolade, Tee, feinste Marmelade, italienische Nudeln und natürlich Champagner in dunklen Holzregalen bis zur Decke. „In Frankreich ist Essen absolut wichtig, man gibt viel Geld dafür aus.“ In Deutschland sei das anders. Für Essen wird wenig gezahlt. „Die Leute müssen verstehen, dass man nicht ein Hühnchen für zwei Euro kaufen kann.“ Die Menschen sollten sich mehr Gedanken um ihr Essen machen, sagt Gauliard. Besser weniger kaufen, dafür mit besserer Qualität. Beispiel die Ein-Euro-Austern: „Die Leute haben angestanden“, sagt Gauliard. Sie kauften Austern für drei Euro und nahmen ein Glas Wein für sieben Euro. „Es steckt ein Konzept dahinter. Luxus ist schön – ich liebe Luxus – aber Luxus muss erreichbar bleiben.“ Bis zu 100 000 Austern hat Gauliard in einem Monat verkauft. „Die Leute sind rausgegangen und waren glücklich.“ So soll es seinen Kunden auch in Potsdam gehen.

Gauliard – Sohn eines Rechtsanwalts und einer Malerin – wurde 1965 im französischen Cannes geboren. Groß geworden ist er im afrikanischen Kongo. Sein Vater arbeitete dort für Ölgesellschaften und den französischen Staat. Nebenbei sorgte der Vater für den Karrierestart Jérôme Gauliards als Gourmet-Experte, als der gerade zehn Jahre alt war. „Wenn wir im Urlaub waren, im Hotel und im Restaurant, war ich immer in der Küche. Ich habe mich immer interessiert, wie ein Hotel funktioniert“, erzählt Gauliard. Sein Vater beobachtete das und meldete ihn für die Hotelfachschule in Lausanne an – acht Jahre Wartezeit seien dort nicht unüblich, sagt Gauliard. „Mein Vater hatte eine gute Nase.“

Bevor Gauliard in die Feinschmecker-Etage aufstieg, war er vier Jahre für den reibungslosen Ablauf von Eröffnungen neuer Pizza-Hut-Filialen zuständig. Dann kündigte er. „Irgendwann ist die Zitrone gepresst.“ Er kümmerte sich fortan um die Weiterentwicklung elektronischer Bestellsysteme für Restaurants – die Geräte in die heutzutage fast alle Kellner Bestellungen eintippen.

1990 eröffnet er sein erstes Restaurant in einem Pariser Vorort, nach zwei Jahren verkauft er es, um in Tunesien zu arbeiten, wo er am Aufbau eines Hotelkomplexes mitwirkt. 1996 kehrte er zurück nach Paris, wurde von der Kaufhauskette Lafayette eingestellt, die ihn im November nach Berlin schickte.

„Ich habe gesagt, sechs Monate, mehr nicht“, erzählt Gauliard. Er blieb länger. Im Lafayette lernte er seine Frau Anke kennen. Die Medizinstudentin jobte dort als Aushilfe. Sie schenkte Bier und Wein aus. Heute haben sie zwei Kinder. „Es ist sehr gut gelaufen in Berlin“, sagt Gauliard. Später wechselte er zur Karstadt-Gruppe, bevor er sich selbstständig machte. „Wenn man von Lausanne kommt, wenn man bewiesen hat, dass man gut ist, dann läuft das. Aber es kommt nichts ohne Arbeit.“

Im nächsten Jahr will Gauliard im Berliner Stilwerk die zweite Jero-Filiale eröffnen – viermal so groß wie die Potsdamer. Später sollen Feinschmeckerrestaurants in Paris, Düsseldorf, Stuttgart, München und Moskau folgen. Gauliard ist Präsident des französisch-deutschen Handelsklubs und Mitglied der UMP, der französischen CDU. Seine Schwester ist Beraterin des französischen Premierministers.

Das „Jero“ sei ist ein Treffpunkt für Franzosen, sagt Gauliard. 80 Prozent der Waren kommen aus Frankreich, nur einige deutsche Produkte gibt es: Einen Riesling „von meinem Freund“ Prinz von Preußen, sagt Gauliard. Im Jero sei man „in Frankreich“. „Wenn ich Gäste sehe, die herkommen und ihr Essen in zwei Minuten essen, dann sage ich: Langsam, wir haben Zeit.“ Das Jero ist beliebt. Abends sind die Tische lange besetzt. Gauliard erfüllt seinen Gästen auch extravagante Wünsche. Fisch sei sehr beliebt, sagt er.

„Auch privat koche ich sehr gerne Fisch“, erzählt er. Die Aufgabenteilung zuhause sei klar: Er koche für Gäste, seine Frau für die Familie. „Fisch zu kochen ist nicht kompliziert“, sagt Gauliard. „Das kann Forelle sein, das kann Lachs sein, das kann alles sein.“ Er habe eine einfache Technik: Zitrone zwischen den Fisch, dazu Gewürze, etwas Creme und Olivenöl. Das Ganze in Alufolie wickeln und ab in den Ofen. „Nach 25, 30 Minuten kommt der raus und hat einen super Geruch. Das schmeckt und ist gesund.“

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