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Homepage: Im goldenen Käfig

HFF-Studenten drehen einen Film über Fußballer-Frauen, auch Hertha-Trainer Lucien Favre spielt mit

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Es sieht nach Party aus. Auf den Tischen in der VIP-Loge des Berliner Olympiastadions stehen gefüllte Sektgläser und Häppchen. Dabei ist es ein gewöhnlicher Donnerstagmittag, die mehr als 74 000 Plätze im Stadionrund sind leer, Reinigungskräfte arbeiten sich durch die Reihen. Hertha BSC hat nicht gespielt und wird auch nicht spielen, jedenfalls nicht heute. Das Stadion ist stattdessen zur Filmkulisse geworden: Vier Tage lang drehten die beiden HFF-Studenten Evi Goldbrunner und Joachim Dollhopf hier für ihren Diplomfilm. Der Arbeitstitel: „Spielerfrauen“.

Ein Blick hinter die Fassade der blonden Model-Schönheiten mit den großen Sonnenbrillen auf den Fußball-VIP-Tribünen dieser Welt soll es werden: „Wir wollen zeigen, was vom Glamour übrig bleibt“, erklärt Joachim Dollhopf: „Der Film handelt vom Leben im goldenen Käfig und einem starken Gefühl der Entwurzelung.“ Ende April 2009 soll er beim Fernsehsender RBB ausgestrahlt werden.

Erzählt wird die Begegnung und Annäherung von zwei Spielerfrauen, die auf den ersten Blick sehr unterschiedlich wirken: Für Judith, die Jüngere, dargestellt von Sonja Gerhardt („Sommer“), ist die Starwelt noch neu und aufregend – Dina, die Ältere, hat auf Glamour und Starrummel keine Lust mehr und sehnt sich nach einem eigenen Leben. Dargestellt wird sie von der bulgarischen Schauspielerin Vesela Kazakova, die 2006 mit den Berlinale-Nachwuchspreis „Shooting Star“ ausgezeichnet wurde.

Aber nicht nur professionelle Schauspieler standen vor der Kamera von Kameramann und HFF-Student Marco Armborst: Auch professionelle Fußball-Leute wie Hertha-Trainer Lucien Favre und Manager Dieter Hoeneß spielten mit, wie Evi Goldbrunner in einer Drehpause hinter den spiegelverglasten Scheiben der Vip-Loge erzählt: „Wir haben eine Pressekonferenz nachgestellt und sie nach erfundenen Spielern befragt“, berichtet die Regisseurin: „Sie haben super mitgemacht.“

Für Dollhopf und Goldbrunner ist es nicht nur der Diplomfilm, sondern auch der erste Langfilm – wie für die meisten Mitglieder des Teams. Am Set sind 10-Stunden-Drehtage deshalb keine Seltenheit: „Wenn man so einen Film macht, taucht man richtig weg“, erzählt Evi Goldbrunner. Das Hauptproblem für die Studenten: Drehorte und Ausstattung müssen ohne großes Budget teuer aussehen. „Wir sparen hier sogar an der Butter, aber im Film muss es so aussehen, als ob Geld keine Rolle spielt“, sagt Goldbrunner: „Wir wollen ein hochwertiges Bild.“

Über die Unterstützung durch Hertha BSC ist sie deshalb sehr froh: „Wenn Hertha nicht mitgespielt hätte, könnten wir diesen Film nicht machen“, erklärt sie. Nicht nur Trikots, Bälle und Fanartikel wie Schals und Mützen sponserte der Berliner Sportverein – sogar Hertha-Limousinen durfte das Drehteam nutzen. Auch die VIP-Loge gab es zu „relativ günstigen“ Konditionen. „Die waren superkooperativ von Anfang an“, freut sich Goldbrunner.

Neben dem Olympiastadion drehte das 40-köpfige Team auch im Leipziger Flughafen – oder einfach zuhause. „Die Kostüme sind schlichtweg private Sachen“, erzählt Goldbrunner: „Jeder hat was mitgebracht.“

Inzwischen hat Marco Armborst die Kamera eingerichtet, die Scheinwerfer sind wieder angeschaltet, die Schauspielerinnen setzen sich ihre Sonnenbrillen auf und bereiten sich auf die nächste Szene vor. Gedreht wird vor einer grünen Wand von der Größe einer Tischtennisplatte. Sie soll später im Film digital ersetzt werden: „Wir waren neulich bei einem Hertha-Spiel hier im Stadion und haben gefilmt“, erzählt Joachim Dollhopf. Die Spielerfrauen nippen derweil am Prosecco und starren durch ihre Sonnenbrillen konzentriert ins menschenleere Stadion. Das Spiel läuft. Jana Haase

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