Landeshauptstadt: Im Stundentakt zur Wespentaille
Stadtrallye mit historischem Essen und Kostümen: 200 Klassen können am Geschichtsprojekt „Ein Tag in Potsdam“ teilnehmen
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Für Hartmut Dorgerloh zeigen die Plakate zur Kommunalwahl am 28. September mehr als nur Wahlversprechen: Der Direktor der Schlösserstiftung fühlt sich beim Anblick der Politikerporträts an die Gemälde von Herrschern des 17. und 18. Jahrhunderts erinnert. „Da gibt es durchaus Parallelen“, sagte Dorgerloh bei der Vorstellung des Geschichts-Projektes „Ein Tag in Potsdam“. Aktuelle Bezüge wie dieser Bildervergleich seien ihm bei der Arbeit mit Schülern wichtig, erklärte der Direktor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG).
Das Projekt, das die Schlösserstiftung mit dem Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte organisiert, startete bereits 2006. Insgesamt 6 000 Schüler aus ganz Brandenburg sind seitdem nach Potsdam gekommen. Mit der Unterzeichnung eines Kooperationsvertrages zwischen den Organisatoren, der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und dem Kulturministerium wurde das Geschichtsprojekt jetzt aus der Pilotphase herausgeholt und auf stabile Füße gestellt. Bis zu 200 Klassen von der Grundstufe bis zur Sekundarstufe II sollen in Zukunft pro Jahr auf Geschichtsreise in Potsdam gehen können. Dabei ist die Anreise mit Charter-Bus gratis. Das Programm kostet 5 Euro pro Schüler.
Die historische Spurensuche in der Landeshauptstadt beginnt mit einem Besuch des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) am Neuen Markt. „Die Schüler erfahren, wo die Brandenburger herkommen – und dass Brandenburg immer ein Einwanderungsland war“, erklärt Gert Streidt, der Direktor des HBPG. Bei einem Stadtrundgang geht es anschließend auch zur Baustelle an der historischen Mitte Potsdams, wo momentan mit archäologischen Grabungen Licht in die Vorgeschichte der Havelstadt gebracht wird. Bei einer Stadtrallye müssen die Schüler verschiedene Fragen beantworten – Arbeitsmaterialien wie Kompass, Maßband und Arbeitshefte sind in dem Rucksack enthalten, den jeder Geschichts-Ausflügler bekommt.
Es folgt ein „historisches Mittagessen“ im Kutschstall am Neuen Markt. „Es ist wichtig, dass man Geschichte auch mal durch den Magen gehen lässt“, erklärt Streidt. Denn nicht nur das Servierpersonal ist historisch gekleidet: Auch das Essen selbst – Kartoffeln mit Quark – ist nach traditionellen Rezepten zubereitet. Nebenbei erfahren die Schüler etwas über Zubereitung und Feldanbau.
Im Neuen Palais schließlich können die Schüler selbst in historische Kostüme schlüpfen: „Das ist ganz schön anstrengend“, berichtet Rauke Lea Hollender. Die Achtklässlerin von der Voltaire-Gesamtschule hat bereits Erfahrungen mit dem silberweißen Kleid der Preußenprinzessin Luise Auguste Wilhelmine Amalia gesammelt. Unter dem Korsett falle das Atmen schwer, erzählt auch ihre Klassenkameradin Irina Reimus: „Bevor die Prinzessinnen auf einen Ball gehen wollten, haben sie den ganzen Tag nichts gegessen“, erklärt sie. Die Taille wurde im Stundentakt enger geschnürt: Im Extremfall war sie am Abend nur noch wespenhafte 32 Zentimeter schmal.
Neun freie Mitarbeiter der Schlösserstiftung betreuen den Erlebnistag, den Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) ein „Vorzeigeprojekt“ nennt: Die Schüler erführen „ganz praktische Dinge, die hängen bleiben“, erklärte die Ministerin und betonte die Bedeutung von lebendigem Geschichtsunterricht. Denn kulturelle Bildung sei wichtig für die Erziehung „zu selbstbewussten Persönlichkeiten mit Zivilcourage“, so Wanka. „Den jungen Menschen muss klar werden, in welchen geschichtlichen Zusammenhängen wir stehen“, begründet Claus Friedrich Holtmann, der Vorsitzende der Sparkassenstiftung, sein Engagement.Jana Haase
Anmeldung beim Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte unter Tel.: (0331) 620 85 55 oder per Mail an: busprojekt@hbpg.de.
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