zum Hauptinhalt
Auf Expedition. Kinder und ihre Betreuer paddeln auf der Oder bei Kienitz. Die Bootstour ist einer der Höhepunkte des Wildniscamps im Oderbruch.

© Michael Gottschalk/ddp

Von Michael Reis: Im Wildniscamp die Natur erkunden

Im Oderbruch lernen Kinder und Jugendliche die Flora und Fauna an dem Grenzfluss kennen

Stand:

Kienitz - Alle packen mit an. Die 13 Kinder und Jugendlichen schieben das rund fünf Meter lange Kanu den Oderdeich hinab. Das Boot rutscht langsam die Böschung abwärts und gleitet ins Wasser. „Einer nach dem anderen und schön langsam einsteigen“, sagt Betreuer Norbert Bartel. Mit dem Kanu geht es über die Oder nach Polen. Die Bootstour ist einer der Höhepunkte eines Wildniscamps, zu dem der Brandenburger Jugendverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) eingeladen hat.

Bartel ist einer von vier Betreuern des Wildniscamps in Kienitz (Märkisch-Oderland). Für eine Woche haben die Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen 9 und 16 Jahren direkt hinter dem Oderdeich ihre Zelte aufgeschlagen. Sie übernachten in mongolischen Hauszelten, sogenannten Jurten, suchen im Wald nach Tierspuren, gehen in der Dämmerung auf Fledermauswanderung oder backen im Lehmofen Pizza mit selbst gesammelten Kräutern. „Wir wollen den Kindern hier für einige Tage das bewusste Leben in der Natur nahebringen“, sagt Bartel.

Das Wildniscamp im Oderbruch ist eines von zahlreichen BUND-Jugendcamps, die in der Ferienzeit von den Landesverbänden bundesweit organisiert werden. Ende August trifft sich der Landesverband Berlin zum Klimacamp in der Nähe von Mönchengladbach, der Verband aus Nordrhein-Westfalen zeltet mit dem Nachwuchs in den Masuren, und in Bayern fährt die Jugendorganisation zu einem Bärencamp nach Königsdorf an der Isar.

Bundesweit hat die BUND-Jugend rund 40 000 Mitglieder. Im Landesverband Brandenburg sind rund 300 junge Leute vereint. Neben den Camps organisieren die Mitglieder Seminare an Schulen und bilden Erwachsene zu Natur- und Wildnispädagogen aus. „Wir wollen ein Multiplikator sein, wenn es darum geht, jungen Menschen die Natur nahe zu bringen“, sagt Carina Maaß von der BUND-Jugend Brandenburg.

Die Gruppe aus Kienitz will sich die Auenlandschaft an der Oder ansehen. Das Kanu fährt vorbei an Anglern, die beim Anblick des mit singenden Kindern beladenen Boots zunächst etwas erstaunt wirken, schließlich aber winken. „Willkommen in Polen“, ruft Bartel, als das Kanu in einer Bucht an Land geht.

Bartel arbeitet eigentlich im Landesumweltamt in Frankfurt (Oder). Dort kümmert er sich um die Naturschutzgebiete im Osten des Landes.

Neben seiner Tätigkeit in der Verwaltung hat der 43-Jährige sich zum Wildnispädagogen ausbilden lassen. „Wenn die Kinder hier in die Natur kommen, müssen sie oft lernen, ihre Sinne wieder richtig zu nutzen“, sagt Bartel. Im Alltag seien sie oft von Montag bis Freitag ausgebucht. Dabei sei es wichtig, einfach mal die Geschwindigkeit aus dem Alltag zu nehmen. Wie sich das anfühlt, zeigt der Pädagoge den Nachwuchscampern bei der sogenannten Sitzplatzübung. Jedes der Kinder sucht sich dabei einen Platz rund um die Anlegestelle. Die 16-jährige Jacqueline klettert in einen Baum, setzt sich auf einen großen Ast und lässt die Beine baumeln. Auch die anderen verteilen sich in der weitläufigen Flusslandschaft. Sie hören den Vögeln zu, beobachten Frösche, genießen einfach die Ruhe. „Das ist verordnete Langeweile“, sagt Bartel. Noch können die Kinder dies genießen. In wenigen Tagen tauschen sie die Isomatten und Schlafsäcke wieder gegen ihre Betten zu Hause. Dann könne sie abends nicht mehr am Lagerfeuer einschlafen, sagt Jacqueline. Aber dann habe sie auch keine Probleme mehr mit den vielen Mücken.

Ein Problem, das die Teilnehmer des nächsten Wildniscamps vielleicht nicht mehr haben werden. Denn erstmals bietet die BUND-Jugend Brandenburg in diesem Jahr zwei solcher Camps an. Im Herbst müssen sich die Kinder dann vielleicht eher mit der kühleren Witterung arrangieren.

Michael Reis

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })