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Günther Lottes. 1951 – 2015.

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Homepage: Im Zeitalter der Vernunft

Zum Tode von Professor Günther Lottes

Stand:

Grenzen in und um Europa. Kultur- und Ideengeschichte im Zeitalter der Vernunft. Europäische Erinnerungskultur und Weltgeschichte. Potsdam und Versailles im Vergleich. Hofkultur und aufgeklärte Öffentlichkeit. Geist und Macht. Voltaire und Friedrich der Große, oder: Wie der Intellektuelle auf dem preußischen Thron und der französische Starphilosoph in Sanssouci der Göttin der Vernunft huldigten und warum sie scheiterten. Das waren Schwerpunkte in Forschung und Lehre des Potsdamer Historikers Günther Lottes, Professor für Kulturgeschichte der Neuzeit.

Günther Lottes kam 1999 an die Universität Potsdam, war bis 2007 Direktor des Forschungszentrums Europäische Aufklärung und wurde 2011 von der Universität Versailles mit der Ehrendoktorwürde für seine Verdienste um die deutsch-französischen Wissenschaftsnetzwerke ausgezeichnet. Auch die Forschungsprojekte, die er mit seinen polnischen Historikerkollegen durchführte, waren ihm eine Herzensangelegenheit; desgleichen seine wissenschaftlichen Kooperationsbeziehungen in England, Irland und den USA. Als Potsdamer Koordinator des von der Europäischen Kommission geförderten, groß angelegten Marie-Curie-Programms „Englobe“ zur globalen Wirkungsgeschichte der europäischen Aufklärung brachte er Wissenschaftler aus ganz Europa und darüber hinaus auf multinationalen Konferenzen ins Gespräch und publizierte die wissenschaftlichen Ergebnisse mit Sorgfalt und Elan in englischer Sprache.

Günther Lottes studierte von 1970 bis 1973 Geschichte, Anglistik und Politische Wissenschaft in Erlangen-Nürnberg, promovierte dort 1977 mit der Studie Politische Aufklärung und plebejisches Publikum und wurde 1984 mit der Arbeit Aufklärung und konservatives Denken in Frankreich und England habilitiert. Seine Laufbahn als Professor begann 1986 an der Universität Regensburg, 1993 trat er die Professur für Neuere Geschichte/Frühe Neuzeit in Gießen an, wo er u. a. Sprecher des Sonderforschungsbereichs der DFG „Erinnerungskulturen“ war.

Als herausragender Geschichtswissenschaftler, Theoretiker der Kulturgeschichtsschreibung, intellektueller Gesprächspartner und Aufklärungsforscher war Günther Lottes international präsent. Als brillanter Autor wegweisender Bücher und Aufsätze wirkte er weit über sein Fach hinaus. Er legte einen Kompass der Geschichtswissenschaften vor, gab die Potsdamer Ausgabe der Werke Friedrich des Großen und einschlägige Reihen wie „Aufklärung & Moderne“ heraus. Günther Lottes war ein hochgeschätzter Kollege, ein begnadeter, fürsorglicher akademischer Lehrer.

Er verstand es, seinen Studierenden die eigene Begeisterung für das Fach Geschichte und die kritische Selbstreflexion zu vermitteln. Er war fasziniert von den Widersprüchen des 18. Jahrhunderts und von der Aufklärung als Gründungsepoche der Moderne, in der die moderne Wissensgesellschaft ihren Ausgang nahm und all jene Weltanschauungen und Wertvorstellungen, die das moderne Europa ausmachen, erstmals gedacht wurden. Am 28. Januar 2015 verstarb Günther Lottes im Alter von 63 Jahren.Brunhilde Wehinger

Die Autorin ist Literaturwissenschaftlerin an der Uni Potsdam und gemeinsam mit Günther Lottes Herausgeberin der Werke Friedrichs des Großen.

Brunhilde Wehinger

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