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Hasso-Plattner-Institut: Immer mehr Daten

Experten diskutierten am Hasso-Plattner-Institut über den Umgang mit Daten im Gesundheitssystem

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Babelsberg - Die Datensicherheit sei nicht mehr das Problem, meint zumindest Matthieu–Patrick Schapranow. Er ist beim Hasso-Plattner-Institut für E-Health und Life Sciences zuständig. Immer größere Datenmengen werden durch die fortschreitende Digitalisierung aller Lebensbereiche generiert. So auch in der Medizin. Wo früher ein Blick in die Krankenakte genügte, werden heute Datensätze digital angelegt. Was aber geschieht mit den Daten und wer kann sie wie auswerten? Bei einem Symposium des Hasso-Plattner-Institutes stellten Unternehmensvertreter und Wissenschaftler ihre Sichtweisen und Pläne für die Datenzukunft vor.

Derzeit seien die Möglichkeiten noch überhaupt nicht ausgeschöpft, meint Schapranow. Dies gelte insbesondere für Deutschland. Denn aufgrund der Debatte um Datensicherheit und Datenschutz sei die an sich mögliche Auswertung von verfügbaren Daten in Deutschland nicht sonderlich weit fortgeschritten. Schapranow verweist auf die skandinavischen Länder, in denen der Umgang mit erhobenen Daten sehr viel systematischer vorgenommen werde als in Deutschland. Dort gebe es ein „digitales Gesundheitsleitsystem“, auf das jeder betroffene Bürger Zugriff habe. Es sei ein Bürgerportal. Mehr als eine Million Patientenakten seien eingespeichert. „Das ermöglicht ganz andere und bessere Informationsstrategien als in Deutschland“, findet Schapranow.

Er führt das Beispiel einer Herzinsuffizienz an, die von einem Kardiologen diagnostiziert und dann operiert wird. Die Erfahrung zeige, dass ausgetauschte Organe häufig erneut ausgetauscht, auf jeden Fall aber beobachtet werden müssten. In Skandinavien bestehe die Möglichkeit, den gesamten Behandlungsverlauf zu speichern und die Daten so zu systematisieren. Wenn sich dann Abweichungen vom üblichen Verlauf zeigten oder eine neue Behandlungsmethode sich als besonders erfolgreich erweise, so sei dies im System gespeichert. Auch ein Patient oder Arzt, der mit dem konkreten Fall keinen Kontakt habe, könne dann auf die Daten zugreifen. Es sei eine viel gezieltere Behandlung auch von kleinen Gruppen und seltenen Krankheiten möglich.

Wieso daran auch die Pharmabranche ein Interesse hat, erklärte Peter Bauer vom Unternehmen Centogene AG. Rund 20 Prozent der Patienten litten an seltenen Krankheiten. Die seien häufig auf eine defekte Genkonstellation zurückzuführen. Für die Analyse von rund 6000 Gendefekten würden jedoch etwa 30 000 Genomexperten benötigt – mehr, als irgendeinem Unternehmen auf der Welt zur Verfügung stünden. Daher sei es notwendig, über die Vernetzung von Daten das vorhandene Wissen zu bündeln. Bauer weist auf die Fortschritte hin, die in der Entschlüsselung von Genen in den vergangenen Jahren gemacht worden sind. Waren noch vor wenigen Jahren monatelange Rechenprozesse notwendig, um ein Genom zu entschlüsseln, so dauere es nun lediglich noch 7,2 Minuten je Gen. Habe die Entschlüsselung des Basenpaares eines Genoms früher viele Zehntausende Euro verschlungen, gehe das heute für Bruchteile von Cent-Beträgen. Problematisch sei daher weniger die Analyse der Daten als die Frage nach der Datenerhebung und danach, in welche Richtung weiter geforscht werden solle.

Christoph Eckerskorn vom Unternehmen Biomax Inforamitics AG wies auf eine weitere Entwicklung hin: „Die Kommunikation in Unternehmen und mit den Patienten wird immer wichtiger.“ Wo früher ein „Halbgott in Weiß“ entschieden habe, gebe es heute den interessierten und informierten Patienten, der in den Dialog mit seinem Arzt treten wolle. Daher habe sich sein Unternehmen auf die Analyse von Kommunikationsprozessen in Krankenhäusern und Kliniken und die Auswertung der Daten, die dabei anfallen, spezialisiert. Verschaffe sich der Patient entsprechendes Wissen, so müsse dies bei der Behandlung auch herangezogen werden. Richard Rabensaat

Richard Rabensaat

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