Landeshauptstadt: In der Grauzone
Ole Christian Madsen dreht in Babelsberg einen Thriller – mit Mads Mikkelsen
Stand:
Babelsberg - Für gewöhnlich schmückt sich Studio Babelsberg gern mit dem Ruf, das alte und neue deutsche Hollywood zu sein. Wie schön, dass dies nicht ganz stimmt. Besonders an diesem Nachmittag. An dem die dänischen Dogma-Filmer Einzug halten im hochmodernen fx.center. Oder besser, ins Foyer schlendern. Regisseur Ole Christian Madsen, der junge Thure Lindhardt, der Deutsche Christian Berkel und der Star unter ihnen – Mads Mikkelsen. Er trägt die Haare fettig, sie fallen ihm in die Stirn, dazu eine Hornbrille und Drei-Tage-Bart mit grauen Stoppeln. Und doch: Sein Anblick, seine Ausstrahlung sind ein Genuss.
Mikkelsen hat letztens erst Hollywood-Schlagzeilen gemacht. Er spielte „Le Chiffre“ im neuen James Bond, den bösen Gegenspieler von Neu-Bond Daniel Craig. Mit Anzug, Föhnfrisur, glatt geschminktem Gesicht aber möchte man Mikkelsen eigentlich nie wieder sehen – der 41-jährige Däne ist einfach jenseits von Hollywood. Deshalb dreht er jetzt in Babelsberg. „Flame & Citron“ heißt der Film, eine dänisch-deutsche Koproduktion, sie kostet 6,3 Millionen Euro – und ist damit der teuerste Film, den er je gemacht habe, sagt Lars Bredo Rahbeck, Produzent der dänischen Nimbus Film. Gleichzeitig ist es das erste in der Vergangenheit spielende Projekt von Nimbus Film, „mit Kostümen, Uniformen, unglaublich viel Computerbearbeitung“, erklärt Rahbeck, und klingt dabei selbst ein bisschen erstaunt.
Die Entdeckung der Kommerzialität soll „Flame & Citron“ für die Dogma-Filmer dennoch nicht werden. Auch wenn der Thriller kein Projekt ist, das dem puristischen „Dogma 95“-Manifest gehorchen würde wie zuvor Madsens „Kira“ – für den Regisseur liegen in „Flame & Citron“ doch die großen Fragen des Daseins. „Die ganze Welt ist in Unordnung, es ist so schwer herauszufinden, was richtig ist und was falsch“, sagt er. Weiß, schwarz – oder ist alles nur eine Grauzone?
Das ist eine Antwort, die „Flame & Citron“ geben könnte. Der Thriller spielt im Jahr 1944 in Kopenhagen, Flame (Thure Lindhardt) und Citron (Mads Mikkelsen) sind dänische Widerstandskämpfer – die Dänen, die mit den deutschen Nazis kollaborieren, umbringen. Das sei Jahrzehnte ein Tabuthema gewesen in Dänemark, einem Land, das sich 1940 nahezu kampflos den Nazis ergab, sagt Produzent Rahbeck. Die Widerständler, insbesondere Flame und Citron, seien ausschließlich als Helden dargestellt worden. Dass Dänen Dänen umbrachten, dass der Widerstand brutalst verteidigt wurde – das sei erst bekannt geworden, als die Zeitzeugen vor etwa fünf Jahren begonnen hätten, über ihr Erlebtes zu sprechen. Er habe mit Drehbuchautor Lars Andersen sieben Jahre lang dazu recherchiert, sagt Rahbeck.
In Babelsberg gedreht werden nun „sehr deprimierende Szenen“, beschreibt Mads Mikkelsen. In den Studios im fx.center sind drei Sets aufgebaut, die Kulisse Berliner Straße wurde in eine Kopenhagener Straße verwandelt. Dort marschiert die Gestapo auf. Seit Anfang vergangener und noch bis Ende kommender Woche wird in Babelsberg gearbeitet – auch, weil das Studio mit „echtem Geld“ als Koproduzent eingestiegen ist, wie Chef Carl Woebcken sagt. Produzenten sind außerdem Nimbus Film, Wüste Film Ost aus Potsdam und die Wüste Filmproduktion aus Hamburg. Zum Budget von „Flame & Citron“ trug neben dem Medienboard Berlin-Brandenburg auch der neue Filmförderfonds bei: Der Thriller bekam die erste Zusage überhaupt. Im März soll er in die dänischen Kinos kommen, für die deutschen gibt es auch schon einen Verleih.
Was übrigens ein großes Glück ist. Denn könnte er keine dänischen Dogma-Filme mehr machen, sagt Mads Mikkelsen, dann „würde ich einfach zu Hause bleiben“. Und das wäre einfach jammerschade.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: