
© Andreas Klaer
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Nachdenken über eine 20-jährige Beziehung zum Land Brandenburg / Von Dieter Wiedemann
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Im November ist die HFF, ehemals Deutsche Hochschule für Filmkunst, mit Sitz von Anfang an in Potsdam-Babelsberg, 56 Jahre alt geworden. Zwanzig Jahre davon hat sie, gewissermaßen in zweiter Ehe, im und mit dem Land Brandenburg verbracht. Am 6. Dezember 1990 verkündete der Ministerpräsident des Landes Brandenburg, Manfred Stolpe, in seiner Regierungserklärung, dass die HFF Konrad Wolf als Hochschule des Landes übernommen wird. In seiner Rede sagte er: „In Potsdam-Babelsberg soll ein europäisches Filmzentrum entstehen. Wir setzen dabei auf das Engagement öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, privater Medienunternehmen und der Filmindustrie.“ Zusammen mit ihnen werde man so schnell wie möglich ein Konzept für ein europäisches Filmzentrum vorlegen. Die Filmhochschule sollte in dieses Konzept integriert werden. „Die Landesregierung hält es für sinnvoll, dass die zukünftige Landesrundfunkanstalt Brandenburg ihren Sitz auf dem DEFA-Gelände nimmt“. Das war schon visionär!
Etwa zwei Wochen später erhielten wir dann auch die entsprechende Mitteilung des nun für uns zuständigen Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur. Damit waren Monate der Unsicherheit und des Suchens, des Entwickelns und Verwerfens, des Kennenlernens und auch des Abschiedes – gleichermaßen bezogen auf Personen und Konzepte – beendet. Seit Januar 1990 an der HFF beschäftigt, hatte ich diese Zeit hautnah erlebt. Häufig war ich auch in die Mitgestaltung involviert. Nach den Wahlen im März gab es beispielsweise Überlegungen, die HFF in die Berliner Universität der Künste einzugliedern oder sie mit der dffb Berlin zu fusionieren. Es gab aber meines Wissens nach niemals Überlegungen, sie zu schließen.
Das Engagement des damaligen Rektors Lothar Bisky und die Erfolge unserer Studierenden mit der filmischen Begleitung des stürmischen und ereignisreichen Herbstes 1989 in Berlin, Dresden und Leipzig hatten gezeigt, dass die HFF auf die gesellschaftlichen Entwicklungen im Nach-Herbst gut vorbereitet reagierte. Da die Qualität der künstlerischen Ausbildung an der HFF auch über die Landesgrenzen hinaus bekannt und anerkannt war, gab es keine Gründe diese Hochschule zu schließen oder komplett neu zu gründen.
Wir sind allerdings auch sehr neugierig und aktiv auf unsere neuen Partner in der Ausbildung, in der künstlerischen Produktion und der wissenschaftlichen Forschung zugegangen. Wir haben zwei deutsch-deutsche Filmtage organisiert, eine medienwissenschaftliche Gesellschaft gegründet, mit dem Hans-Bredow-Institut und dem Prognos-Institut gemeinsame Projekte realisiert, unter anderem das Forschungsprojekt: „Der 3. Oktober im Fernsehen und im Erleben der Deutschen“. Besuche an der Münchner HFF und bei vielen bundesdeutschen Filmfestivals waren in den ersten Monaten des Jahres 1990 Bestandteile unseres „Schnellkurses“ in Sachen Filmausbildung unter neuen Bedingungen.
Trotz der finanziellen und politischen Unsicherheiten hatte die HFF im Herbst 1990 bereits 52 neue Studentinnen und Studenten aufgenommen. Zum ersten Mal konnten sich auch offiziell Studierende aus dem Westen bewerben. Die ersten Zulassungen der BRD-Bürgern im Jahr 1989 waren Sonderentscheidungen des damaligen Rektors.
Die Monate zwischen Oktober 1990 und dem Ende des Jahres 1991 waren für die HFF aber auch Zeiten der Evaluierung von Personen und Konzepten. Der Wissenschaftsrat attestierte uns eine gute künstlerische Ausbildung und empfahl die HFF als Kunst-Hochschule zu führen. Ein vom Wissenschaftsministerium eingesetzter Struktur- und Entwicklungsausschuss schloss sich dieser Einschätzung weitgehend an und befürwortete außerdem die Einführung eines wissenschaftlichen Studiengangs.
Mit der Sicherheit der HFF, wieder einen Partner zu haben und in der neuen BRD angenommen und angekommen zu sein, wurden dann auch gleich neue Studiengänge entwickelt. Unter den 83 neuen Studierenden des Wintersemesters 1991/92 waren bereits elf des neuen Studiengangs Animation und vier des Studiengangs Szenografie. Im neuen Studiengang AV-Medienwissenschaften wurde zum Wintersemester 1993/1994 das erste Mal immatrikuliert.
So vergrößert boten die schönen Villen am Griebnitzsee nicht mehr ausreichend Platz und wir zogen im Jahr 2000 in das neue und moderne Gebäude in die Marlene-Dietrich-Allee. Seit zehn Jahren bilden wir nun dort aus, wo erfolgreich Film und Fernsehen produziert wird und wo es seit einigen Jahren eine Art „Mediencampus“ gibt. Vielleicht ist es dem Gründungselan von vor zwanzig Jahren geschuldet, dass wir uns mit dem Ist-Zustand der HFF nicht zufrieden geben, sondern wieder Visionen haben, beispielsweise die einer Filmuniversität, die der künstlerischen Forschung oder auch die einer künstlerischen Promotion. Das alles umzusetzen, darauf freuen wir uns.
Dieter Wiedemann ist seit 1995 Präsident der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“, seine dritte Amtszeit endet 2012.
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