
© Andreas Klaer
Inklusion in Potsdam: Assistenzhunde dürfen mit ins Klinikum
Potsdam wird „assistenzhundfreundliche Kommune“: Die tierischen Begleiter von Behinderten werden häufig in öffentlichen Gebäuden abgewiesen, obwohl sie für ihre Besitzer lebenswichtig sind.
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Mascha ist eine echte Lebensretterin: Die Labrador-Hündin kann dank ihrer feinen Nase sofort erschnüffeln, wenn die Kalium- und Magnesiumwerte im Blut ihrer Besitzerin zu sinken drohen und eine Herzrhythmusstörung droht – in diesem Fall beginnt Mascha energisch gegen das Bein ihres Frauchens zu stupsen.
„Wenn ich mich zu sehr anstrenge, dann würde ich erst merken, dass meine Werte richtig schlecht sind, wenn ich schon ein Fall für die Intensivstation bin“, sagt Manja Maserati vom Verein Pfotenpiloten, der sich für Assistenzhunde starkmacht. „Nur Mascha merkt das sofort. Auch wenn ich manchmal denke: ‚Die hundert Meter nach Hause schaffe ich noch‘, versperrt sie mir den Weg, damit ich eine Pause mache.“
Die erste Reaktion der Security war: Der Hund muss hier raus.
Manja Maserati erlebt immer wieder Abweisungen wegen ihres Assistenzhundes.
Maserati hat eine seltene Herzkreislauferkrankung und ist auf ihre Assistenzhündin Mascha angewiesen – dennoch wird ihr immer wieder der Zutritt zu öffentlichen Gebäuden untersagt, in denen Hunde nicht erlaubt sind. Auch am Eingang des Potsdamer Sozialamts prangt deutlich sichtbar ein „Hunde verboten“-Schild – seit Freitag klebt daneben jedoch ein blauer „Assistenzhund willkommen“-Sticker.
Potsdams Behindertenbeauftragte Tina Denninger hat ihn persönlich dort angebracht: „Wir wollen mit dieser Aktion deutlich machen, dass Assistenzhunde in unseren öffentlichen Gebäuden willkommen sind.“ Entsprechende Sticker wurden auch im Bergmann-Klinikum (EvB) sowie in der Stadt- und Landesbibliothek angebracht.

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Die Regelung gilt für alle kommunalen Einrichtungen, allerdings auch ohne Sticker: Bereits seit 2021 ist gesetzlich geregelt, dass Assistenzhunde dort Zutritt haben. „Leider ist das Gesetz noch nicht überall bekannt“, sagt Maserati. So auch in Potsdam: Kurz vor dem Pressetermin versuchte Maserati zusammen mit Mascha ins Sozialamt zu gehen. „Die erste Reaktion der Security war: Der Hund muss hier raus“, sagt Maserati. „Das passiert leider total häufig.“
Grund ist auch das mangelnde Wissen über Assistenzhunde: Blindenhunde kennen zwar viele, doch es gibt auch Assistenzhunde für Menschen, deren Erkrankung nicht auf den ersten Blick zu sehen ist. „Es gibt Hunde, die die Unterzuckerung von Diabetikern erkennen, die vor epileptischen Anfällen warnen oder die Gehörlosen im Alltag helfen“, sagt Maserati. Wie viele Menschen in Potsdam einen Assistenzhund besitzen, ist unklar, die Stadt hatte am Freitag keine Zahlen dazu.
Keine Reha wegen Assistenzhund
Die Betroffenen verbringen praktisch 24 Stunden mit ihren Assistenzhunden. „Mascha kann mir auch meine Medikamente holen“, sagt Maserati. „Einmal bei einem Pressetermin brauchte ich sie, aber alle Rucksäcke lagen übereinander. Da hat mir Mascha meine Notfalltasche rausgeholt.“
Ein großes Problem seien medizinische Einrichtungen wie Arztpraxen oder Notaufnahmen, sagt Maserati: „Immer wieder hat man vorher Bauchgrummeln, ob man reingelassen wird.“ Sie kenne viele Menschen, denen der Zutritt zu Reha-Einrichtungen verweigert wurde, weil sie einen Assistenzhund hatten.
Auch im Bergmann-Klinikum gab es in der Vergangenheit Unsicherheiten, wie mit Assistenzhunden umzugehen ist: „Es gab immer wieder Situationen, wo der Empfang gefragt hat: Hier ist jemand mit einem Assistenzhund, darf der rein?“, sagt Stephanie Herrschuh vom therapeutischen Team des EvB. „Die Antwort ist natürlich ja!“
Wie Maseratis Erlebnis im Sozialamt zeigt, muss sich die Regelung auch in der Stadtverwaltung noch herumsprechen. Doch die Pfotenpiloten loben Potsdams Engagement: „Wir begrüßen den wichtigen Schritt der Stadt Potsdam zu mehr Inklusion und Barrierefreiheit für Assistenzhundteams und hoffen, dass sich auch andere Einrichtungen wie der Einzelhandel, Kulturbetriebe oder der medizinische Sektor diesem Vorbild anschließen“, sagt Hannah Reuter von Pfotenpiloten.
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