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Insolvenzantrag angekündigt: SC Potsdam muss Volleyball-Bundesliga verlassen
Schock für Potsdamer Volleyballfans: Der Lizenzantrag für die Mannschaft ist zurückgezogen. Laut Ligabetrieb fehlt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
- David Langenbein
- Henri Kramer
Stand:
Der SC Potsdam, in den vergangenen Jahren eine feste Größe im deutschen Frauenvolleyball, steht vor einem tiefen Einschnitt: In der anstehenden Saison 2025/26 darf das Team nicht mehr in der 1. Volleyball-Bundesliga antreten. Das teilte der Verein am Donnerstag auf seiner Internetseite mit.
Die SC Potsdam Sport & Marketing GmbH habe ihren Lizenzantrag zurückgezogen, hieß es – und kam damit „einem drohenden Lizenzentzug zuvor, der für den Hauptverein empfindliche Folgen gehabt hätte“, hieß es weiter.
Die Volleyball Bundesliga (VBL) GmbH, die den Spielbetrieb managt, begründet den Schritt so: Trotz mehrfacher Nachfristen habe die SC-Potsdam-Gesellschaft die erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht nachweisen können. Damit sei die Mannschaft automatisch aus dem Spielbetrieb ausgeschieden. Seit einem ersten Bescheid am 18. Juni sei absehbar gewesen, „dass mit der vorgelegten Planung keine Lizenz erteilt werden kann“, teilte die VBL mit.
Die SC-Potsdam-Gesellschaft habe „nicht ihr negatives Eigenkapital absichern und eine durchgängige Zahlungsfähigkeit nachweisen“ können. Und weiter: Infolge von Verstößen gegen Auflagen der Saison 2024/25 habe man zudem „umfangreiche Sanktionen“ gegen den SC Potsdam ausgesprochen. Details nannte die VBL nicht.
SC-Potsdam-Manager widerspricht
Die Entscheidung hat schwerwiegende Konsequenzen. Wie Geschäftsführer Eugen Benzel mitteilte, wird die GmbH aufgrund der wegbrechenden Einnahmen beim Potsdamer Amtsgericht einen Insolvenzantrag stellen müssen. „Ich bin zutiefst enttäuscht. Das haben unsere Spielerinnen, Trainer, Partner, Fans und alle, die es gut mit uns gemeint haben, nicht verdient“, sagte Benzel. Er könne das Vorgehen der Liga nicht verstehen und verwies darauf, dass sogar ein Testat eines Wirtschaftsprüfers vorgelegt worden sei, das die wirtschaftliche Tragfähigkeit für die kommende Saison bestätigt habe. Dennoch sei der Lizenzentzug nicht abzuwenden gewesen. „Der Schaden ist immens.“ Genauere Hintergründe zur Finanzlücke nannte Benzel nicht.
Mit keinem Wort ging der Verein auf die Aussage des Liga-Betriebs ein, dass schon seit dem 18. Juni die Probleme absehbar gewesen seien. Auch nach diesem Tag hatte der Verein noch einige neue Verpflichtungen von Spielerinnen bekannt gegeben – die nun nicht spielen werden.
Volleyball-Ligachefin widerspricht
Die VBL jedenfalls reagierte mit Unverständnis auf die SC-Vorwürfe. „Wir haben einen sehr langen Lizenzierungsprozess mit zahlreichen Fristen, in dem bestimmte Anforderungen erfüllt werden müssen“, sagte Geschäftsführerin Kim Oszvald-Renkema der Deutschen Presse-Agentur. „Der Lizenzierungsausschuss der VBL hat alle Möglichkeiten, die es gegeben hätte, ernsthaft geprüft. Ich kann die Enttäuschung darüber, dass es an diesem Standort nicht weitergeht, gut nachvollziehen. Für die erhobenen Vorwürfe habe ich jedoch kein Verständnis.“
Seit zwei Jahren schwelt die Krise
Für den Hauptverein SC Potsdam e.V. selbst besteht nach eigenen Angaben aber keine Gefahr. Der gesamte Breiten- und Nachwuchsbereich bleibt unangetastet, ebenso das Frauen-Team in der 2. Volleyball-Bundesliga. Nachfragen der Redaktion an den Verein blieben zunächst ohne Antwort.
Der SC Potsdam steckt seit 2023 in der Krise. Damals waren Vorwürfe der Steuerhinterziehung und des Sozialbetrugs beim Verein publik geworden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seitdem und immer noch, wie eine Sprecherin der Behörde bestätigte. Auch hier drohen noch Straf- oder Rückzahlungen.
Im Januar 2024 hatte der Verein im Rahmen eines Rettungsplans vor allem über städtische Unternehmen 225.000 Euro erhalten, um den Spielbetrieb für die Volleyballerinnen aufrechtzuerhalten. Wenige Monate später hatten dann Vereinspräsident Andreas Klemund und Verwaltungsratschef Stephan Goericke ihren Rücktritt erklärt und die dringende Prüfung einer geordneten Insolvenz empfohlen. Anlass sei ein 400.000-Euro-Loch bei der für die Profi-Volleyballerinnen des Vereins zuständigen Spielbetriebs-GmbH – die nun Insolvenz anmelden muss. Der SC-Potsdam-Vorstand hatte damals diese Vorwürfe zurückgewiesen, auch mit rechtlichen Schritten gegen Klemund und Goericke gedroht.
In der Folge präsentierte der Verein einige neue Investoren, die Rede war auch von hochverzinsten Darlehen, die man aufnehmen musste. Diese Rettungsversuche sind nun, zumindest mit Blick auf die Profi-Handballerinnen, offenbar verpufft.
Im Rathaus hatte man schon im Januar 2024 gewarnt, dass mit einem Aus des Vereins auch das Leistungssport-Verbundsystem im Sportpark Luftschiffhafen und der dortigen MBS-Arena „empfindlich gestört“ würde, was auch für das Rathaus mögliche weitere Einnahmeausfälle, Fördermittelrückzahlungen sowie Sonderausgaben zur Folge haben könnte.
Mit dem Rückzug verliert die MBS-Arena einen wichtigen Nutzer. Für den Sportstandort sei das „ein riesiger Verlust“, hieß es von der Luftschiffhafen Potsdam GmbH, die die Halle betreibt. Wirtschaftlich bleiben die Folgen laut einem Sprecher aber offenbar überschaubar: Über 95 Prozent der Nutzungszeit ist die Arena ohnehin belegt durch die Eliteschule des Sports, den Olympiastützpunkt, die Uni und Vereine. Wegfallende Einnahmen aus Vermietungen bewegen sich laut Betreiber „nur im unteren fünfstelligen Bereich“ und sollen durch andere Veranstaltungen kompensiert werden.
In der vergangenen Saison hatten den Angaben nach im Schnitt knapp 1100 Zuschauer die Heimspiele des SC besucht. Auch der Kiosk-Pächter, die Redo-Unternehmensgruppe, dürfte zunächst Einbußen spüren – da der Betrieb laut der Luftschiffhafen GmbH ausschließlich an Veranstaltungstagen geöffnet war.
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