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Homepage: Interkulturelle Kompetenz gefragt FHP-Honorarprofessur

für Karin Weiss

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Ihre Themen sind unbequem. Sie denkt global und bleibt doch auf dem Boden. Brandenburgs Integrationsbeauftragte Karin Weiss ist in Politik wie Wissenschaft gleichermaßen zu Hause. Das macht sie gefragt in beiden Welten. Jetzt wurde sie zur Honorarprofessorin an der Fachhochschule Potsdam bestellt.

Mit diesem Haus ist Karin Weiss, die jahrelang in Israel lebte, aber auch an der Freien Universität Berlin und der University of Wolverhampton tätig war, bestens bekannt. Von 1993 bis 2006 hatte sie einen Lehrstuhl für Sozialpädagogik an der Potsdamer FH inne, lehrte und forschte unter anderem zu Familienentwicklung, Identitätsproblemen und politischer Sozialisierung von Jugendlichen, aber auch zur Situation von Migrantenkindern, ehemaligen vietnamesischen Vertragsarbeitern, Spätaussiedlern und jüdischen Zuwanderern. Die Schnittmengen zur aktuellen Integrationspolitik waren erheblich, und so schien es nur konsequent, dass Karin Weiss im Januar 2007 von Almuth Berger das Amt der Brandenburgischen Integrationsbeauftragten übernahm. Die Kontakte zur FH Potsdam schliefen indes nicht ein, und so zeigte sich deren Rektor Johannes Vielhaber am Freitag hocherfreut, die „alt-neue“ Kollegin in vertrautes Terrain einzuführen. Fachbereichs-Dekan Peter Knösel brachte es seinerseits auf den Punkt: „Es ist eine Konstante in Karin Weiss'' Schaffen, sich mit ausgegrenzten und benachteiligten Gruppen wie auch der Verbesserung ihrer Teilhabechancen auseinander zu setzen.“

Die frisch berufene Honorarprofessorin hielt sich dann nicht lange mit Vorreden auf, präsentierte vielmehr einen Fachvortrag zur aktuellen Situation der Zuwanderer in Ostdeutschland und ging im Besonderen auf die Lage in Brandenburg ein. Mit Verweis auf Daten aus dem bundesdeutschen Mikrozensus beschrieb Karin Weiss weithin unbekannte Disparitäten. „Wir haben in den neuen Bundesländern praktisch keine Arbeitsmigration, doch ist die Arbeitslosigkeit unter Zuwanderern nach wie vor sehr hoch. Kulturelle Ressourcen, berufliche Erfahrungen und Mehrsprachkompetenzen werden kaum genutzt“, so die Professorin. In der deutschen Mehrheitsgesellschaft fehle noch immer ein öffentlicher Diskurs zu diesen Themen. Teile der Bevölkerung verharrten in einer „Konkurrenz- und Defizitorientierung“ und hätten nur ungenaue Wahrnehmungen. „Von so genannter Bildungsferne kann bei den Migranten in Brandenburg beispielsweise keine Rede sein“, betonte Karin Weiss. Mehr als 30 Prozent der Kinder aus Migrantenfamilien besuchten Gymnasialschulen. Gerade aus Osteuropa seien viele Lehrer, Techniker und Mathematiker gekommen, auffällig sei auch der hohe Anteil an Selbständigen- und Gewerbeanmeldungen. „Das alles nutzen wir kaum“, so die Integrationsbeauftragte, „und selbst auf die hoch qualifizierten jungen Migranten warten überdurchschnittliche Schwierigkeiten beim Übergang ins Berufsleben.“

Doch als ebenso wichtig wie fundiertere Informationen und verbesserte Maßnahmen am Arbeitsmarkt und im Bildungswesen bezeichnete Karin Weiss die interkulturelle Öffnung der Gesellschaft. Trotz eines relativ geringen Migrantenanteils in Brandenburg – derzeit liegt er bei etwa sechs Prozent – wachse die ethnische, kulturelle und auch religiöse Pluralität im Land. So gab es in jüngster Zeit drei Neugründungen der russisch-orthodoxen Kirche in Brandenburg, daneben existieren Initiativen afrikanischer Kirchen, buddhistische Gruppen, jüdische Gemeinden und islamische Vereine. Für den Bau einer Synagoge in Potsdam gibt es politische Unterstützung, aber, so Karin Weiss, „auch die Frage eines Moscheebaus kommt auf die Stadt zu.“ An der Fachhochschule Potsdam, wo die Studentenschaft zusehends internationaler wird, dürften Seminare zur Entwicklung interkultureller Kompetenzen bald noch höher im Kurs stehen. Olaf Glöckner

Olaf Glöckner

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