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Alles auf Anfang. Das Studentenfilmfestival „Sehsüchte“ sortiert sich in der Filmstadt neu. Hier die Festivalleiter Katharina Schwarz, Robert Mietusch und Hauke Bartel mit dem Filmregisseur Andreas Dresen (v.l.n.r.), der in der Jury „Spielfilm kurz“ sitzt.

© Manfred Thomas

Homepage: Irgendwie anders

Die „Sehsüchte“ schlagen in der kommenden Woche am alten Standort ihren Festival-Campus auf

Stand:

Irgendwie ist diesmal alles anders. Als das Team des Studentenfilmfestivals „Sehsüchte“ am Donnerstag vor der Presse das diesjährige Programm präsentierte, saß man nicht in einem der Kinos der Filmhochschule. Nein, man thronte geradezu über dem Campus, hoch oben im fünften Stockwerk des Glas-Stahl-Beton-Palastes der Hochschule für Film und Fernsehen HFF. Flyer nennt sich der Beratungsraum, aus dem man halb Babelsberg überblicken kann. Hier saßen nun die studentischen Organisatoren mit den zahlreich erschienenen Pressevertretern rund um einen großen Konferenztisch – wie auf einem Meeting eines Dax-Konzerns.

Anders auch das Programmheft, das in den vergangenen Jahren im Hosentaschenformat größtmögliche Übersicht bot. Diesmal ein magazingroßes auf Zeitungspapier gedrucktes Heft, überwiegend in Schwarzweiß gehalten, fette Druckerschwärze wie zu den auflagenstärksten Zeiten der Zeitungsbranche. Das ist extrem Retro, das ist als Gegenstück zur allgegenwärtigen Onlineverfügbarkeit von Informationen etwas, das man in der Hand hat, ein haptisches Erlebnis. Leider bei Weitem nicht so übersichtlich wie das Vorgängermodell, immerhin aber ein klares Statement gegen virtuelle Beliebigkeit.

Es wird sich alles um den Nachwuchsfilm drehen, wenn in der kommenden Woche die „Sehsüchte“ in Babelsberg starten. Auch hier wird alles anders werden, schließlich hatte das Festival, das nun in seinem 42. Jahr läuft, in den vergangenen zehn Jahren ausschließlich das Thalia-Kino bespielt. Problem war für die Organisatoren dabei, dass Teile des Rahmenprogramms im HFF-Gebäude nahe des Studiogeländes stattfanden. Durch die große Distanz entwickelte sich kein lebendiges Festivaltreiben. Nun also der Umzug auf das Studiogelände, der auch eine Art Rückkehr ist. Denn vor der Zeit im Thalia-Kino fanden die „Sehsüchte“ bereits in dem großen Kino auf dem Studiogelände – dem ehemaligen „Defa 70“ – statt. Heute nun kommen zu dem Rotor-Kino noch die beiden Kinos im HFF-Neubau hinzu, die es damals noch gar nicht gab. So will man das Entdecken und Ausprobieren beim Publikum fördern, so sollen die Zuschauer spontaner zwischen den Kinos, Diskussionen, Partys, Ausstellungen und ähnlichen Veranstaltungen wechseln können. Und natürlich erhofft man sich auch, dass ein wenig vom Spirit der nahen Studios überspringt. „Wir wollen etwas von der Energie abbekommen, wenn George Clooney nebenan seine Filme dreht“, sagte Hauke Bartel, der sich mit zwei weiteren HFF-Studierenden die Leitung des diesjährigen Festivals teilt. Inhaltlich habe man eine Balance gesucht zwischen Unterhaltung und Filmen, die richtig ins Mark gehen.

Doch auch die Filme des Filmnachwuchses im Jahre 2013 sind irgendwie anders. Marc Rothermund von der Spielfilmjury war geradezu überrascht von den Filmen. Studentenfilme hatte er sich rebellisch vorgestellt. Doch dann sei es in den meisten Streifen mehr um Familienprobleme gegangen, um persönliche Dinge. „Sehr unpolitisch“, so sein Fazit. Das sieht auch der Potsdamer Filmregisseur Andreas Dresen so, der in diesem Jahr in der Jury für kurze Spielfilme sitzt. „Ich hatte mir das insgesamt sehr viel politischer und radikaler gedacht“, sagte der vielfach preisgekrönte Regisseur auf der Pressekonferenz. Als ehemaliger HFF-Student habe er sich besonders über die Einladung in die Jury gefreut. Er sei sehr neugierig auf das, was der Nachwuchs heute mache: „Welche Sicht auf die gesellschaftliche Realität gibt es, woran und wie reibt man sich, wie schafft man Innovation“, danach habe er auch die Filme begutachtet. Damit er einen Film für gut befinde, müsse er sein Herz und sein Hirn erreichen, so Dresen. Grundsätzlich gehe er gerne auf Studentenfilmfestivals: „Schnarchnasige Filme kann ich mir auch woanders ansehen.“

Von den Filmen bekam man vorab nur ein paar kurze Schnipsel auf einer windschiefen Beamer-Leinwand zu sehen. Man sah einen schwitzenden älteren Mann, wie er in einem britischen Arbeitsamt erniedrigt wird. In einem zweiten Film blickte man in ein Kaffeekränzchen, das von dem lautstarken Paarungsverhalten junger Katzen unterbrochen wird. In Gänze wurde nur der Animationsfilm „Ham“ gezeigt: Ein Hund möchte einen Schinken klauen, doch mit der Katze hat er nicht gerechnet. Ganze fünf Sekunden dauert das Spektakel. Wer gerade mal wegschaut, hat es schon verpasst. Immerhin habe man also doch einen Film in ganzer Länge gezeigt, so der lakonische Kommentar einer der Festivalmacherinnen.

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