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Landeshauptstadt: Italienischer Absatzmarkt

Im La Chic gibt’s Schuhe aus dem Stiefelland: Buntes für Damen, Känguru für Herren

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Die Dame irrt ein wenig ratlos an den Regalen vorbei, bestückt mit buntem Designer-Schuhwerk, das in den Wandspiegeln gleich ein zweites Mal blitzt. Inhaber Karl-Thomas Brie empfehlt ihr das eine oder andere Paar, aber sie beißt nicht an. Und sagt dann, fast entschuldigend: „Wissen Sie, ich habe einen Tick für Rauleder“. Sie seufzt. Denn leider stimmt die Farbe nicht von dem Paar, das ihr gefallen könnte.

Das sei doch alles normal, sagt der Schuhverkäufer Brie verständnisvoll. Wer zu ihm ins La Chic kommt, kauft nicht immer gleich beim ersten Mal. Schuhekaufen braucht Zeit. Und außerdem, sagt Brie, haben die meisten Frauen sehr genaue Vorstellungen von dem, was sie suchen. Manche bringen sogar das Kleid mit, zu welchem die Schuhe passen sollen – alles schon da gewesen und alles völlig in Ordnung. Denn manchmal könne er noch so feinfühlig beraten, „die Frauen wissen es am Ende doch besser.“

Brie lächelt, denn im Grunde versteht er das nur zu gut. Mindestens 30 Paar Schuhe besitze er selbst, sagt er – viel für einen Mann, wenig für eine Frau. Und seine Gattin habe gar 150 Paar im Schrank. Sie war auch der Grund, warum sich der 63-jährige Ingenieur-Ökonom aus Berlin, der zuvor in der Medizinproduktindustrie tätig war, noch einmal umorientiertet hat. „Wir wollten etwas gemeinsam machen“, sagt Brie. Es wurde ein Schuhgeschäft in Potsdams Innenstadt. Gleich neben der Tram-Haltestelle am Platz der Einheit eröffnete er im Oktober vergangenen Jahres seinen Laden.

„Bei mir gibt es ausschließlich Schuhe italienischer Herstellung“, sagt Brie. Er sei tatsächlich nach Italien in die Region Marche gefahren und habe sich die kleinen Manufakturen angeschaut. Dort verstehe man etwas von Schuhen, seit Jahrhunderten werden sie dort gefertigt. Und auch wenn sich über Stil und Geschmack streiten lasse – Qualität habe ihren Preis. Zweistellige Beträge sucht man im La Chic vergebens.

In klassischen Formen und allerlei Farbkombinationen, jeweils versehen mit einem auffälligen Accessoire, einem I-Tüpfelchen, Bling-Bling oder Swarowski. Ob mit Stickerei, Lederornament oder gleich komplett bunt durchgestylt kommen die Schmuckstücke bei Brie daher. Dabei jedoch nie billig aufgemotzt, sondern immer irgendwie mutig, selbstbewusst, anders eben. Für Frauen, die einen schönen Hingucker wollen, am besten gleich mit der passenden Handtasche kombiniert.

Die Wirkung guter, zur Gesamterscheinung passender Schuhe werde unterschätzt, findet Brie. Was das betrifft würde er die Brandenburger gern ein wenig wachrütteln. Brie hat was übrig für offensive Schönheit und findet, der neue Landtag kaum 300 Meter weiter ist zu schlicht geworden. „Wenig Gespür für Chic“, klagt er. An Abgeordnete hat er noch nichts verkauft. Zu seiner Kundschaft gehören vor allem Berliner und Touristen. Und wenn nach acht Stunden Stadtbesichtigung eine Dame geschwollene Füße hat, sie aber vom Schuhkauf nicht abzuhalten ist, darf sie diese notfalls zurückbringen, sollten sie am Morgen nicht passen. „Meist passen sie aber doch“, sagt Brie.

Im La Chic findet man nicht 08/15-Schuhe, sondern italienisches Lebensgefühl von „Marino Fabiani“. Es gibt elegante Businessschuhe und welche zum Tanzen, meist hohe Absätze, sieben oder auch neun Zentimeter, darunter noch eine Plateausohle. Zarte Slingback Peep-Toes sind angesagt zur Zeit. Flache Schuhe gibt es freilich auch, oft in demselben Design wie die große Schwester – praktisch für Frauen, die gern auf alles vorbereitet sind. Aber Brie findet, hohe Absätze haben durchaus ihre Daseinsberechtigung. Die Frau trete damit in jeder Hinsicht ganz anders auf, nehme eine andere Körperhaltung ein. „Mehr Attraktivität, mehr Sexappeal“, fasst er zusammen. Für Frauen mit kleinen Füßen bestellt er Sondergrößen, einige hat er immer vorrätig – schwarze Pumps ab Größe 34. Asiatinnen fragen häufig danach, und im Frühsommer Abiturientinnen. Aber nicht jede junge Frau könne in den hohen Schuhen elegant laufen. „Ich sage immer, sie sollten die Schuhe schon ein halbes Jahr vor dem Abschlussball kaufen und das Laufen üben.“

Da haben es Männer leichter. Auch Herrenschuhe gibt es, aus der Manufaktur „Ducanero“. „Männer fragen häufig nach rahmengenähten Schuhen – hier gibt es sie“, sagt Brie. Allerdings nicht so offensichtlich. Bei Modellen von „Ducanero“ ist die Naht meist nur von unten sichtbar. Was man auch nicht sieht, ist das Prinzip „Papstschuh“: Dabei bekommt – wie bei den roten Papstschuhen – der Fuß eine Hülle komplett aus Leder, gewissermaßen ein Leder-Innenfutter, auch von unten, bevor die Sohle drauf kommt. Das sorge für ein sehr gutes Schuhklima.

Und noch etwas ist außergewöhnlich. Es gibt Herrenschuhe aus Känguru- und und Alligatorenleder – alles Zuchttiere, versichert Brie. So ein Paar exklusiver Herrenschuhe ist dann allerdings etwas teurer: „Aus einem Alligator können Sie meist nur drei Schuhe herstellen, mehr kriegen Sie nicht raus“, erklärt er.

Damit diese möglichst lange halten und schön aussehen, gibt es Empfehlungen vom Fachmann. Sein Tipp: Das erste Tragen sollte im Sitzen stattfinden, damit sich der Schuh langsam erwärmt und an den Fuß anpasst – bevor die erste Lauffalte drin ist. „Ziehen Sie die neuen Schuhe an und legen Sie sich aufs Sofa“, sagt Brie verschmitzt.

Friedrich-Ebert-Straße 106, Tel.: (0331) 97936719

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