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Gläsernes Unternehmen? Die Stadtwerke-Zentrale in der Babelsberger Steinstraße besticht durch ihre Architektur aus Glas und Stahl. In Sachen Transparenz des Stadtkonzerns sehen viele Potsdamer Politiker allerdings großen Handlungsbedarf.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Jakobs will Transparenz-Regeln

Sponsoring-Kodex bis Oktober / Grüne: EWP-Aufsichtsräte abberufen / Abfindung soll offengelegt werden

Stand:

Bis Oktober soll es Transparenz-Regeln für das Sponsoring der städtischen Unternehmen in Potsdam geben. Das kündigte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Montag nach Beratungen mit den Chefs der städtischen Unternehmen und den Fraktionschefs im Stadtparlament an. Den Sponsoring-Kodex sollen die Unternehmenschefs, Verwaltung, Stadtverordnete, die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International sowie externe Experten erarbeiten. Abgesegnet werden sollen die Regeln vom Stadtparlament. Dass bisher geheim gehalten wird, wie viel Geld der kommunalen Unternehmen vor allem an Sportvereine fließt, wurde im Zuge der Affäre um den Ex-Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen als maßgeblich im System gegenseitiger Abhängigkeiten gesehen. Oberbürgermeister Jakobs war wegen seiner zögerlichen Haltung in die Kritik geraten. Vertreter mehrerer Parteien hatten ihm vorgeworfen, er habe die Affäre aussitzen wollen. Jakobs sagte am Montag, das Vertrauen „zwischen den Stadtverordneten und einem Teil der städtischen Beteiligungen ist gestört“. Es müsse wiederhergestellt werden.

Den Stadtverordneten sagte Jakobs zu, das Rechnungsprüfungsamt der Verwaltung mit einer Überprüfung der Stadtwerke und deren Tochterunternehmen Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP) zu beauftragen. Alle Fraktionen sollen ihre offenen Fragen beim Rechnungsprüfungsamt einreichen. Noch vor der Sommerpause soll nach PNN-Informationen Rechtsanwalt Joachim Erbe die Ergebnisse einer „Tiefenprüfung“ der EWP vorlegen. Die von Jakobs in Auftrag gegebene erste Überprüfung nach Bekanntwerden eines von Paffhausen 2001 beauftragten Spitzelberichts über die städtische Gewoba und ihren Chef Horst Müller-Zinsius hatte ebenfalls Erbe übernommen. Er ergab unter anderem, dass die Berliner Sicherheitsfirma eines ehemaligen Stasi-Offiziers von 2001 bis 2010 Aufträge in Höhe von rund einer Million Euro von der EWP erhalten hatte. Für rund die Hälfte der Summe, also für 500 000 Euro, ließen sich keine Leistungen nachweisen. Paffhausen hatte zuletzt noch Unterlagen nachgereicht.

Nachdem die Potsdamer SPD mit Partei und Fraktion in einem Antrag für das Stadtparlament umfangreiche Prüfungen der EWP gefordert hatten (PNN berichteten), verschärften am Montag die Grünen ihre Haltung: Sie wollen die Stadtverordneten, die Mitglieder des EWP-Aufsichtsrats sind, mit sofortiger Wirkung abberufen. Das sieht ein Dringlichkeitsantrag für die Sitzung des Stadtparlaments am 1. Juni vor. Zuvor hatten bereits die Potsdamer Liberalen von drei Aufsichtsratsmitgliedern gefordert, ihre Ämter wegen Befangenheit niederzulegen.

Nach Ansicht der Grünen hat der EWP-Aufsichtsrat, dessen Vorsitzender Oberbürgermeister Jakobs ist, in der Spitzel-Affäre „nicht konsequent“ gehandelt, um Schaden von dem Unternehmen abzuwenden. So hatte der Aufsichtsrat jüngst Paffhausen das Vertrauen ausgesprochen, obwohl der Erbe-Prüfbericht „Regelverstöße“ festgestellt habe. Im EWP-Aufsichtsrat sitzen die Stadtverordneten Mike Schubert und Hannelore Knoblich (beide SPD), Hans-Jürgen Scharfenberg und Rolf Kutzmutz (beide Linke) sowie Peter Lehmann (CDU).

CDU-Fraktionschef Michael Schröder reagierte auf den Antrag der Bündnisgrünen verwundert. Ziel sei es, für Transparenz zu sorgen, insbesondere beim Sponsoring. Daher sehe er keinen Grund, Lehmann abzuberufen. Die FDP dagegen hatte unter anderem Lehmann Befangenheit vorgeworfen, weil sein Sohn Betriebsleiter bei der EWP sei. Sie drängte am Montag darauf, den Gesellschaftervertrag von Stadtwerken und EWP sofort so zu verändern, dass er mehr Transparenz zulasse.

Mehr erfahren wollen Stadtpolitiker auch zu den Modalitäten des Abgangs von Paffhausen, zu dessen Details Jakobs und der Ex-Geschäftsführer Stillschweigen vereinbart haben. Der Vorsitzende des Stadtparlaments, Peter Schüler (Grüne), hat jetzt eine offizielle Anfrage an die Verwaltung gestellt. Er fragt, „zu welchen Konditionen“ der Vertrag zwischen der EWP und dem ehemaligen Geschäftsführer aufgehoben wurde. Dem Vernehmen nach soll Paffhausen bisher ein Jahresgehalt im mittleren sechsstelligen Bereich erhalten haben, sein Vertrag als EWP-Geschäftsführer lief bis Ende 2014. Sein Vertrag als Stadtwerke-Geschäftsführer war nach PNN-Informationen mit sechsmonatiger Frist zum Jahresende kündbar.

Die Geschäftsführung der EWP soll künftig, so teilte der Oberbürgermeister mit, doppelt besetzt sein – kaufmännisch und technisch. Die Posten sollen dem Vernehmen nach ausgeschrieben werden und bis Ende des Jahres besetzt sein.

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