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Von Jana Haase: „Jeden Tag ein 8. März“

Am 100. Internationalen Frauentag wurde in der Landeshauptstadt gefeiert, gefordert und demonstriert

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Innenstadt/Babelsberg - Er ist in die Jahre gekommen, aber das Alter hat man ihm gestern nicht angemerkt: Zum 100. Mal jährte sich der internationale Frauentag, auch in Potsdam wurde wieder gefeiert und gefordert. Kunst von und für Frauen auf der Brandenburger Straße, Gesprächsrunden, eine Demonstration für die Rechte von Frauen und Migrantinnen, eine Festveranstaltung im Nikolaisaal und einige unermüdliche Rosenkavaliere, die die Potsdamerinnen mit Blumen bedachten.

Also alles wie immer? Ja und nein. Zwar ging es zum Frauentagsjubiläum nicht mehr um die Einführung des Frauenwahlrechts – eine der Hauptforderungen der Initiatoren um Clara Zetkin vor 100 Jahren. Aber die Forderung nach mehr Gleichberechtigung ist nach wie vor aktuell.

„Die Arbeit der Frau wird viel zu wenig geschätzt“, sagte etwa Patricia Vester. Die Potsdamer Künstlerin stellte in der Brandenburger Straße 100 aus Aluminium-Blech geschnittene Frauenskulpturen zum Mitnehmen aus – die Serie mit dem Titel „I As A Woman“ wurde vom Autonomen Frauenzentrums gesponsert.

Die Entwicklung zu mehr gleichberechtigter Teilhabe von Frauen in den vergangenen 100 Jahren sei „alles andere als geradlinig“ verlaufen, erklärte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Abend bei der Eröffnung der Frauentagsfeier im Nikolaisaal. Auch wenn Frauen heute mehr Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung hätten, lebten die alten Rollenmuster oft fort. Jakobs verwies auf den Gleichstellungsplan, dessen Ziel es auch sei, in der Stadtverwaltung den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen. Dafür seien Kinderbetreuungsangebote wichtig.

Nur wenige Meter Luftlinie weiter, am Platz der Einheit, ging zeitgleich die erste Demonstration des „Bündnis 8. März“ von Potsdamer und Berliner Gruppen aus dem linken und feministischen Spektrum zu Ende. Die Veranstalter schätzten die Teilnehmerzahl auf gut 300, der Zug hatte sich von Babelsberg über Zentrum Ost und den Hauptbahnhof in die Innenstadt bewegt. „Der formalen Gleichstellung muss endlich die reale folgen“, erklärte die 22-jährige Psychologie-Studentin Friederike Lenz, die die Demo angemeldet hatte. „Jeden Tag ein 8. März, brecht dem Patriarchat das Herz“, war unter anderem auf den Transparenten zu lesen. Besonderes Anliegen war auch die Verbesserung der Lage von Migrantinnen: „Flüchtlingsfrauen müssen raus aus den Lagern und rein in die Gesellschaft“, sagte Lenz. Sie kritisiert die Unterbringung in Asylbewerberheimen, wo Frauen ohne Privatsphäre und Perspektive lebten.

An Mädchen mit Migrationshintergrund richtet sich auch das Projekt „Mädchenzukunft“ am Mädchentreff „Zimtzicken“, für dessen Erhalt Betroffene vor dem Nikolaisaal protestierten. Denn: Nach drei Jahren Finanzierung durch eine Stiftung ist die Zukunft derzeit unsicher, wie Koordinatorin Vera Spatz sagte. Sie forderte die Stadt auf, das Finanzierungsloch von rund 28 000 Euro für 2011 zu schließen. Bisher hätten sich 86 Mädchen aus neun Ländern an dem Projekt beteiligt. Sie bilden unter anderem bikulturelle „Partnerschaften“ und besuchen zur Berufsorientierung Migrantinnen, die beruflich erfolgreich sind. Das Projekt sei wichtig, „damit die Mädchen Wege finden, sich zwischen den Kulturen zu orientieren“, sagte Spatz.

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