Landeshauptstadt: Jeden Tag Weihnachten
„Meine schöne Bescherung“: Martina Gedeck und Heino Ferch drehen in Babelsberg
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Babelsberg oder Hollywood, Vanessa Jopp oder Robert De Niro – das macht eigentlich kaum einen Unterschied. Sagt zumindest Martina Gedeck. Und sie muss es wissen, seit ihrer Rolle in „Der gute Hirte“ unter der Regie von De Niro. Für ihn stand sie in einer Fabrikhalle in New York vor den Kameras, seit Ostern dreht sie nun im Studio Babelsberg. „Meine schöne Bescherung“ lautet der Arbeitstitel des Kinofilms, der gleich zweifach ungewöhnlich daher kommt: Es ist eine Komödie, und sie spielt an Weihnachten. Beides wagten deutsche Filmemacher nur ganz selten, meinen die Produzenten. Anders als bei Robert De Niro spielt Martina Gedeck aber diesmal die Hauptrolle.
Sara heißt ihre Figur, sie ist eine „ungewöhnliche Frau“, sagt Gedeck, „ein bisschen wie aus der Welt“. Am Heiligabend trägt sie ein rotes Festtagskleid – in dem Martina Gedeck an diesem Mittwochnachmittag auch den Pressetermin in Babelsberg absolviert. Ihre Sara hat drei Kinder von drei verschiedenen Männern und erwartet das vierte – vermeintlich von ihrem vierten Ehemann. Eine Nachricht, mit der sie ihn zu Weihnachten überraschen will, genauso wie mit dem gemeinsamen Fest mit all“ ihren Ex-Männern und deren neuen Frauen und Kindern. Der aktuelle Ehemann Jan – gespielt von Heino Ferch – findet aber nicht nur das Fest mit den Ex-Männern wenig angenehm. „Ich kann gar nicht der Vater sein“, verrät Ferch alias Jan. Warum, das bleibt geheim, klar jedoch ist, dass mit dieser Nachricht das Unglück am Heiligabend seinen Lauf nimmt.
Auf solch eine Geschichte hat Regisseurin Vanessa Jopp, bekannt geworden mit dem Drama „Vergiss Amerika“, schon länger gehofft. „Eine Komödie, das ist die höchste Form und schon eine Herausforderung“, sagt sie. „Deshalb wollte ich es wohl machen.“ Vermutungen allerdings, bei einer Komödie würde am Set viel gelacht, weist sie zurück: „Man lacht nicht mehr als bei einer Tragödie.“ Besonders, wenn man jeden Tag Weihnachten feiern muss. Für das gemeinsame Essen der Patchwork-Großfamilie mit fünf Kindern und zwei Babys beispielsweise werde zehn bis zwölf Stunden gedreht. „Irgendwann ist man so richtig durchgenudelt“, sagt Jopp. Immer dieselben Sätze, „man kommt sich vor wie am Fließband.“ Da müssten sich alle „am Riemen reißen“, um immer voller „emotionaler Offenheit und Aufmerksamkeit“ zu sein – neben Gedeck und Ferch spielen unter anderen auch Jasmin Tabatabai, Alexandra Neldel und Meret Becker mit.
Dass Vanessa Jopp mit 36 noch ziemlich jung für das Regiefach ist, hat Manuela Stehr besonders gefallen. Die Babelsberger Produzentin des Unternehmens X Filme Creative Pool hat ein Händchen für Komödien: Sie produzierte bereits Dani Levys „Alles auf Zucker!“ und auch „Der rote Kakadu“. Für die Weihnachtskomödie hat Stehr ein Budget von drei Millionen Euro aufgetrieben – Geld geben unter anderem das Medienboard Berlin-Brandenburg (500 000 Euro), die Koproduzenten WDR und Arte und die deutsche Filmförderung. Die Zusammenarbeit der Babelsbergerin Stehr mit dem Studio Babelsberg ist eine Premiere – obwohl „wir schon seit Jahren darüber reden“, wie der Vize-Vorstand des Studios, Christoph Fisser, sagt. Geld in die Produktion hat das Studio allerdings nicht gesteckt, alle Dienstleistungen seien bezahlt und „hart verhandelt“.
Dazu gehört vor allem das Set in der Halle Neue Ost: In drei Wochen haben die Babelsberger Kulissenbauer hier für den vierwöchigen Dreh das Innere von Saras Villa erschaffen. Im Wohnzimmer, in dem ein großer Weihnachtsbaum steht, liegt ein Flokati auf dem Parkett, die Wände sind in edlem Cremeweiß gestrichen und sehen einer kinderreichen Familie angemessen durchaus abgenutzt aus. Die Flügelfenster geben den Blick frei auf den täuschend echt verschneiten Garten. Ein zwanzig Meter langer so genannter „Fotorücksetzer“ lässt sogar riesige Tannen im Hintergrund wachsen.
Solch ein aufwändiges Set war bisher durchaus ungewöhnlich für einen deutschen Kinofilm – das weiß auch Studio-Vizechef Fisser. Deutsche Produktionen kamen kaum ins Studio, „sie hatten wohl Angst vor den Kosten“, sagt er. Das soll sich mit der Einführung des Deutschen Filmförderfonds (DFFF) Anfang des Jahres geändert haben: Mit ihm bekommen Produzenten bis zu zwanzig Prozent der in Deutschland ausgegebenen Filmkosten rückerstattet. Das ebne den Weg nach Babelsberg für deutsche Produktionen, sagt Kirsten Niehuus, Chefin des Medienboards Berlin-Brandenburg. „Meine schöne Beschwerung“ sei der Start für eine Reihe deutscher Filme – in diesem Jahr werden noch der Kinderfilm „Hexe Lilly“ und die Komödie „Ausbilder Schmidt“ im Studio Babelsberg gedreht.
Was ja genauso gut sein soll wie Hollywood. Oder sogar noch besser. Könnte zumindest Martina Gedeck insgeheim meinen: „Ich wollte schon immer in Babelsberg drehen“, sagt sie, „wenn man in Berlin zuhause ist, ist das ein Traum.“
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