
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Jeder nur ein Kreuz
Stadtwahlleiter Matthias Förster hofft zur Oberbürgermeisterwahl am 19. September auf eine hohe Wahlbeteiligung und rechnet mit einer Stichwahl
Stand:
Herr Förster, auf dem Wahlzettel stehen die Namen der sieben Oberbürgermeisterkandidaten. Hans-Jürgen Scharfenberg steht an erster Position, wie kam das?
Die Reihenfolge auf dem Stimmzettel ergibt sich aus der Stimmenverteilung der letzten Kommunalwahl 2008. Da hat die Linke die meisten Stimmen. Marek Thutewohl steht an letzter Stelle, weil ja die Piratenpartei noch nicht vertreten war.
Wird Kandidat Scharfenberg daraus Vorteile ziehen, was meinen Sie?
Schwer zu sagen ... sicher ist es günstig, an erster Stelle zu stehen. Aber der Wähler hat genügend Zeit, sich den Wahlzettel genau anzusehen und der ist bei sieben Kandidaten auch gut überschaubar.
Jeder Wähler hat eine Stimme?
Ja. Sind keine oder mehr als eine Stimme abgegeben worden, ist der Wahlzettel ungültig. Jeder hat nur ein Kreuz.
Wie viele Wahlberechtigte leben momentan in Potsdam?
127 450 Wahlberechtigte waren es, als wir das Wählerverzeichnis erstellt haben. Das kann sich durch Zu- und Wegzüge dieser Tage noch leicht verändern.
Alles Potsdamer über 18 Jahre?
Alles Leute über 18 Jahre, die in Potsdam wohnen und Deutsche oder EU-Bürger sind.
Was müssen die Wähler am Wahltag mitbringen?
Die Wahlbenachrichtigungskarte und den Personalausweis oder Reisepass.
Wie viele Wahlberechtigte waren es bei der Oberbürgermeisterwahl vor acht Jahren?
106 331 oder 106 700 fünf Wochen später bei der Stichwahl.
Grob über den Daumen gepeilt hat Potsdam jetzt 21 000 Wahlberechtigte mehr. Wo kommen die her?
Wir hatten 2003 die Eingemeindung und dann ist Potsdam ja auch gewachsen.
Haben sich durch den Wählerzuwachs auch die Wählerschichten verändert?
Das lässt sich schwer sagen. Der Wählerzuwachs wird ja vor allem durch junge Leute getragen, die weniger konservativ sind. Allerdings sind natürlich auch konservative Wähler zugezogen.
122 Stimmen Unterschied gab es 2002 bei der Stichwahl zwischen Jakobs und Scharfenberg. Rechnen Sie auch dieses Mal mit einer Stichwahl?
Mit einer Stichwahl auf jeden Fall, weil wir ja sieben Bewerber haben, auch renommierte Bewerber, so dass ja jedes Lager einen Vertreter hat und jedes Lager zunächst wohl auch seinen Vertreter wählen wird. So wird es für einen Bewerber ganz schwer, die absolute Mehrheit von mehr als 50 Prozent der abgegeben Stimmen zu erreichen, weil sich die Stimmen ganz einfach splitten.
Wahlkreise gibt es bei der OB-Wahl nicht?
Richtig, die ganze Stadt ist ein Wahlgebiet. Bei der Kommunalwahl hatten wir dagegen fünf Wahlkreise.
Wie viele Wahllokale gibt es?
Wir haben 114 Wahllokale und wollen auch 15 Briefwahllokale einrichten.
Bis wann ist die Briefwahl möglich?
Beantragt werden kann die Briefwahl theoretisch bis Freitag vor der Wahl, 18 Uhr. Die Wahlbriefe müssen am Wahlsonntag, 18 Uhr, bei uns eintreffen. Alle, die später da sind, werden nicht mehr gewertet. Wir haben in der Stadtverwaltung in der Hegelallee auch Briefkästen, in die können bis zum Wahlsonntag, 18 Uhr, die Wahlbriefe eingeworfen werden. Sie können natürlich auch per Post an uns geschickt werden. Das bedeutet, der Brief muss spätestens am Donnerstag vor der Wahl im Postbriefkasten liegen. Wir haben auch im Stadthaus ein Briefwahllokal eingerichtet. Dort kann jeder Wähler bereits jetzt die Briefwahl ausüben. Das ist möglich bis Freitag vor der Wahl, 18 Uhr.
Wie sieht es mit den Wahlhelfern aus?
Es sieht gut aus. Es sind ja auch noch knappe drei Wochen bis zur Wahl. Wir brauchen vor allem noch Wahlhelfer für die Briefwahl. Wir haben die Zahl der Briefwahllokale erhöht, weil die Briefwahl sehr gut angenommen wird. Wir verzeichnen heute schon 8100 Wahlscheinanträge.
Von Ihnen kommt also der Aufruf: Bürger, meldet euch freiwillig als Wahlhelfer für die Briefwahllokale?
Ja genau. Briefwahlhelfer ist übrigens eine interessante Sache; sie müssen am Wahlsonntag erst um 15 Uhr erscheinen, dann gibt es eine Schulung, die etwa eine Stunde dauert. Ab 16 Uhr werden die äußeren, roten Briefumschläge geöffnet. Dann werden die Wahlscheine angeschaut, ob sie auch gültig sind. Jeder muss an Eides statt versichern, dass er selbst und nicht etwa jemand anderes den Stimmzettel ausgefüllt hat. Wenn das gültig ist, kommt der blaue Umschlag mit dem Stimmzettel in die Wahlurne. Dadurch werden Wahlschein und Stimmzettel getrennt und so ist sichergestellt, dass die Wahl geheim ist.
So erfährt niemand, wem Horst Mustermann seine Stimme gegeben hat?
Ganz genau.
Wie hoch, schätzen Sie, wird die Wahlbeteiligung sein?
Aus Erfahrung ist zur Bundestagswahl die höchste Wahlbeteiligung, in Potsdam sind es über 75 Prozent. Dann kommt die Landtagswahl, dann die Kommunalwahl und dann die Europawahl. Oberbürgermeisterwahlen hatten wir 1993 als alleinige Wahl zum letzten Mal. Da hatten wir eine relativ hohe Wahlbeteiligung. Danach wurde immer mit einer Bundestagswahl zusammen der OB gewählt. Das kann man also schlecht vergleichen.
Aber den meisten Potsdamern wird es doch die kleine Mühe wert sein, ihren Oberbürgermeister für die kommenden acht Jahre zu wählen?
Ich denke schon. Bei der letzten Kommunalwahl hatten wir eine Wahlbeteiligung von 51 Prozent; für die OB-Wahl 2010 tippe ich auf 55 Prozent.
Es zählt ja jede Stimme, wenn man sieht, dass in Nuthethal vier Stimmen den Ausschlag geben, wer in die Stichwahl kommt.
Ja eben. Die CDU stellt ja mit Barbara Richstein auch eine starke Kandidatin auf
Sie meinen, es wird spannend, wer in die Stichwahl kommt?
Ich bin natürlich zur Neutralität verpflichtet; aber auch ein politisch denkender Mensch und tippe, am Ende wird es in der Stichwahl ein Duell Jakobs gegen Scharfenberg geben. Die Mehrheitsverhältnisse zwischen den beiden großen Lagern werden sich nicht so stark verändert haben.
Wer hat eigentlich den Stichwahltermin 3. Oktober festgelegt, den 20. Jahrestag der deutschen Einheit?
Entscheidend ist nur, dass der Oberbürgermeister bis zum 25. November gewählt ist. Im Oktober haben wir Schulferien. Im November gibt es kirchliche Feiertage. Näher an die Ferien heranzugehen, wäre auch ungünstig, das sieht man jetzt schon an den vielen Briefwählern, weil die Leute verreisen wollen.
Wer hat den Termin vorgeschlagen?
Ich habe den Vorschlag eingebracht, er wurde vom Hauptausschuss bestätigt und von der Kommunalaufsicht festgelegt. Laut Wahlgesetz muss der Wahltag ein Sonntag oder ein Feiertag sein – und welcher Feiertag ist besser für eine Wahl geeignet als der Tag der Einheit, der ja auch ein sehr politischer Tag ist? Die Parteien sind dem jedenfalls gefolgt.
Wann können Sie am Wahlsonntag ein erstes belastbares Wahlergebnis vorlegen?
Die Auszählung ist dieses Mal ganz einfach: Wir haben sieben Kandidaten, so dass wir jeweils in den Wahllokalen sieben Stapel machen müssen – vielleicht noch einen achten für ungültige Stimmen. Die sieben Stapel werden durchgezählt; das geht schnell. Die Briefwahl auszuzählen wird länger dauern, da sind die meisten Stimmzettel in den Wahllokalen. Bei etwa 14 000 Briefwählern und 15 Briefwahllokalen sind pro Lokal im Durchschnitt 900 Stimmen auszuzählen. Sacrow mit vielleicht 128 Wahlberechtigten ist dagegen natürlich schneller ausgezählt.
Die Ergebnisse werden dann in die Wahlzentrale in die Hegelallee gemeldet?
Genau. Wir haben hier zehn Mitarbeiter, die die Daten gleich in den Computer eingeben und auf Plausibilität prüfen. Im Internet gibt es eine Präsentation, da kann jeder zeitnah sehen, wie jedes Wahllokal abgeschlossen hat. Weiterhin gibt es eine öffentliche Präsentation im Plenarsaal des Stadthauses mit großen Leinwänden, so dass die Bürger hingehen und live sehen können, wie die Wahlergebnisse sind.
Und wann stehen die Ergebnisse fest?
So gegen 20.30 Uhr.
Was kostet eigentlich so eine Wahl?
So etwa 120 000 Euro mit Stichwahl.
Aber das ist es wert, oder?
Natürlich, die Demokratie ist unser höchstes Gut.
Sagen Sie, Sie wirken so gelassen, obwohl Sie als Wahlleiter eine große Verantwortung haben.
Also, ich habe ein großartiges, erfahrenes Team. Wenn ich das nicht hätte Jeder weiß genau, was er zu tun hat. Darauf kann ich mich verlassen.
Aber nicht immer läuft alles wie geschmiert. Gab es bei früheren Wahlen einmal Sorgen?
Einmal war ein Schlüssel nicht da. Die Wahllokale öffnen um acht Uhr. Wenn dann ein Anruf kommt, das Wahllokal ist nicht auf, das kostet schon Nerven. Aber wir finden immer eine Lösung.
Das Interview führte Guido Berg
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