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Leere statt Synagoge. Der Bauplatz an der Schlossstraße bleibt Brache.

© A. Klaer

Streit der jüdischen Gemeinden in Potsdam: Joffe will Neustart für Synagoge

Die jüdischen Gemeinden weisen die Verantwortung für das vorläufiges Scheitern zurück – das Land habe es nicht vermocht, alle Interessen ernst zu nehmen.

Stand:

Potsdam - Nachdem die Landesregierung den Synagogen-Neubau in Potsdam vorerst auf Eis gelegt hat, will die jüdische Synagogengemeinde jetzt einen Neustart der Planungen erzwingen. Das kündigte der Vorsitzende Ud Joffe am Sonntag an. Joffe sagte, der Landesregierung müsse klar sein, dass „mit ihrer Absage der erste Planungsversuch gescheitert“ sei. Sie dürfe die jüdischen Gemeinden „nicht mehr mit einem überalterten Planungsergebnis quälen“.

Den Stopp für den Synagogenbau nach jahrelangem Tauziehen um Erscheinungsbild und Nutzung nannte Joffe „die einzig vernünftige Entscheidung in der momentanen Situation“. Die Synagogengemeinde erkläre das Scheitern des Synagogenbaus nach dem Entwurf des Architekten Jost Haberland, „nicht aber das Scheitern eines Synagogenbaus in Potsdam“, so Joffe.

Brandenburg hat als einziges Bundesland noch kein jüdisches Gotteshaus; in Cottbus soll allerdings die ehemalige Schlosskirche zur Synagoge werden. Das Kulturministerium hatte am Freitag mitgeteilt, in Potsdam fehle eine Einigung unter den jüdischen Gemeinden, daher werde vor der Landtagswahl im September das Projekt gestoppt (PNN berichteten). Jedoch stehe das Land zu seinem Vorhaben und wolle im Herbst einen neuen Anlauf unternehmen. Es will für den Neubau der Synagoge rund fünf Millionen Euro und mindestens 300 000 Euro jährlich Betriebskosten zahlen. Die Gemeinden erhalten eine halbe Million Euro im Jahr als Zuschuss vom Land.

Die Gesetzestreue Jüdische Landesgemeinde wertete den Stopp des Vorhabens als Misserfolg der rot-roten Landesregierung. Staatssekretär Martin Gorholt (SPD) habe versucht, die Juden für das Scheitern der Synagogen-Pläne verantwortlich zu machen, hieß es in der Mitteilung: „Das ist eine Chuzpe! Schuld daran trägt ausschließlich und allein die Landesregierung Brandenburg.“ Sie sei nicht berechtigt, einer Religionsgemeinschaft Bedingungen zu stellen.

Das sieht Ud Joffe von der Synagogengemeinde ähnlich. Es sei falsch, den jüdischen Gemeinden die Schuld für das Scheitern zuzuweisen. Dies mache Staatssekretär Gorholt absichtlich, um „das Scheitern seiner eigenen Strategie zu verheimlichen“. Es sei ihm nicht gelungen, die drei Gemeinden – neben den Gesetzestreuen und der Synagogengemeinde geht es um die Jüdische Gemeinde Potsdam – gegeneinander auszuspielen. Es herrsche kein Streit zwischen den Gemeinden; dass alle drei spezifische Interessen und Anforderungen an einen Synagogenbau hätten, sei ganz normal, so Joffe. „Wir haben alle drei ganz unterschiedliche Profile.“ Am liebsten würde jede Gemeinde ihre eigene Synagoge bauen, doch das lehne das Land ab – „es will, auch aus politischen Gründen, ein einziges großes Zentrum“. Die Gemeinden seien es leid, sich „wegen eines angeblich andauernden Streits rechtfertigen zu müssen“.

Joffe kündigte an, die Synagogengemeinde werde nun „die Initiative ergreifen“ und neue Planungen vorlegen, „bevor wir weiter am Kadaver picken“. Dabei wolle er die beiden anderen Gemeinden einbinden und beteiligen: „Es ist möglich, die Kerninteressen unter einem Dach zusammenzubringen.“ Dabei solle ein beschränkter Wettbewerb Ausgangspunkt sein. Trotz der Uneinigkeiten seien die vergangenen fünf Jahre „sehr fruchtbar“ gewesen: Alle hätten sich viele Gedanken um den Synagogenneubau und ihre Bedürfnisse gemacht.

Die Gesetzestreue Jüdische Landesgemeinde setzt für den Synagogenbau auf die Landtagswahlen. Sie hofft, dass eine neue Landesregierung davon absehe, konkurrierende jüdische Religionsgemeinden unter ein Dach zu zwängen, und Geld für den Wiederaufbau der Gemeindezentren bereitstellt. Die Jüdische Gemeinde Potsdam, die den Architekturentwurf von Haberland und damit die bisherigen Synagogenpläne nicht ablehnt, war am Sonntag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Um den Bau der Synagoge wird seit Jahren gerungen. Die jüdischen Gemeinden hatten sich anfangs vor allem wegen der Fassadengestaltung des Haberland-Entwurfs zerstritten, später ging es auch um die Raumaufteilung im Inneren. Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hatte das Land am Freitag heftig für seine Entscheidung kritisiert: Durch den weiteren Stillstand an der Schloßstraße werde die Entwicklung der Potsdamer Mitte weiter verzögert, so Jakobs.

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